Behandelter Abschnitt Ps 81
Psalm 81 preist zwar im Bilde die Wiederherstellung Israels, kommt aber dann auf geschichtlichen Boden zurück, indem er besonders Joseph einführt, der die zehn Stämme darstellt (siehe Hes 37,16); sonst hätte Juda (die Juden) alles beanspruchen können. Aber obwohl es Ereignisse gibt, die besonders mit den Juden in Verbindung stehen, und obwohl Jesus in ihrer Mitte wandelte und besonders in ihre Umstände in den letzten Tagen eintreten wird, indem Er die Verbindung herstellt, die so außerordentlich anziehend ist, und die wir in den beiden ersten Büchern der Psalmen betrachtet haben, ist es doch augenscheinlich, dass in der völligen Erfüllung der Vorsätze Gottes das Holz Josephs seinen Platz haben und mit dem Holze Judas in der Hand des Sohnes des Menschen zu einem werden muss, und zwar als das ganze Israel. Nun war der Neumond das Symbol des Wiedereintretens Israels in das Licht der Sonne; er wurde von dem Volke mit Freuden begrüßt und in den Gedanken des Glaubens mit der Erlösung verbunden (siehe V. 5). Damals rief Israel in seiner Bedrängnis zu Gott, und Gott hatte es gerettet. Doch dann tritt ein anderer wichtiger Grundsatz hinzu. Gott antwortete ihnen zwar in ihrer Bedrängnis, aber Er prüfte sie auch. Sie versuchten Gott, indem sie an Seiner Fürsorge und Macht zweifelten. Er stellte sie durch Schwierigkeiten auf die Probe, die scheinbar bewiesen, dass Gott es an Sorgfalt und Macht fehlen ließ; und sie sagten: Ist Jehova in unserer Mitte? doch Jehova antwortete in Gnade. Vergleiche 2Mo 17, auf welches Kapitel hier, wie mir scheint, Bezug genommen wird. Aber selbst bei dem zweiten Meriba - so genannt, weil Israel wiederum mit Jehova haderte (4Mo 20), als Mose unbedacht mit seinen Lippen redete und von Kanaan ausgeschlossen wurde (denn vom Sinai an standen sie unter einer gesetzlichen, wenn auch gnädigen Regierung) -, wurde Jehova geheiligt, indem Er ihnen Wasser gab und Sich so in Gnade sogar über den Fehltritt Moses erhob. Doch obwohl Gnade und Treue bezüglich der Seinem Volke gegebenen Verheißungen in der Regierung Gottes ans Licht traten (2Mo 34,6.7), wurde Israel doch gerade auf dem Boden dieser Gnade in gesetzlicher Weise auf die Probe gestellt. Es war eine Regierung, die den Menschen auf die Probe stellte, obwohl sie zugleich gnädig war; und tatsächlich ist die Regierung Gottes in gewissem Sinne immer so. Gott unterwarf Sein Volk folgender Probe: waren sie treu gegen Gott, gab es keinen fremden Gott in ihrer Mitte (Er war Jehova, ihr Gott, der sie aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hatte), so lag die Segnung für sie bereit. Sie hatten dann nur ihren Mund weit aufzutun, und Er wollte ihn füllen. Doch Israel wollte nicht hören, und sie wurden den Begierden ihrer Herzen dahingegeben. Dennoch sehen wir hier die Liebe, mit der Gott nach ihnen verlangte, und welch eine Freude es für Ihn gewesen sein würde, sie zu segnen und alle ihre Feinde zu vernichten. Seine gerechte Regierung würde sich dann unter ihnen offenbart haben (vgl. Mt 23,37; Lk 19,42). O dass sie gehört hätten! Hier haben wir den Grund zu Israels Fall. Sie waren als aus Ägypten Erlöste auf die Probe des Gehorsams und der Treue gegen Gott gestellt worden. Sie hatten sie nicht bestanden. Dennoch sollte das Licht des Antlitzes Jehovas aufs neue von ihnen zurückstrahlen. Diese Liebe Jehovas zu Seinem Volke bricht selbst dann hervor, wenn es fehlt und fällt.
Ein für jede Seele sehr wichtiger Grundsatz wird uns hier vor Augen gestellt. Erlösung mit darauf folgender bedingter Segnung endigt nur in dem Verlust der Segnung, wie es auch bei der Schöpfung der Fall war. Es ist heute dasselbe wie damals, oder gar noch schlimmer. Es hängt von uns ab, uns die Segnung zu sichern; und da wir heute gefallene Wesen sind (nicht wie damals unschuldige und freie), kann die Gnade allein uns bewahren, und so wird es auch mit Israel sein. Dieser Psalm lässt uns in besonders schöner Weise die Gedanken Gottes betreffs Seines Volkes sowie Seinen gnadenreichen und zärtlichen Charakter erkennen. Die Stellen aus den Evangelien, auf die ich hingewiesen habe, zeigen uns dieselbe Zärtlichkeit, aber zugleich auch, dass Jesus gerade dieser Jehova ist.