Behandelter Abschnitt Psalm 68
Psalm 68 besingt, gleichsam als Folge dieser Psalmen, die Einführung Israels in die Stellung, die diese geschildert haben. Er bildet jedoch für sich selbst ein Ganzes und trägt einen besonderen Charakter. Er hebt an mit den Worten, die Mose sprach, wenn das Lager in der Wüste unter der Führung Gottes aufbrach, indem die Wolkensäule sich erhob und vor ihnen herging. Ähnlich ist es jetzt. Gott nimmt Seinen Platz an der Spitze Seines Volkes. Wir begegnen daher sogleich einer majestätischen Sprache: „Möge Gott aufstehen mögen sich zerstreuen seine Feinde! . . . wie Wachs vor dem Feuer zerschmilzt, so werden die Gesetzlosen umkommen vor dem Angesicht Gottes.“ Die Gerechten mögen sich freuen und frohlocken vor Gott, ja, jubeln in Freude. Gott wird erscheinen zur Beschämung der mächtigen Gottlosen, und die Elenden, die in Geradheit wandeln, werden verherrlicht werden. Das erklärt den Sinn dieses Psalmes sehr deutlich. Weiterhin wird der Charakter Dessen, der also einschreitet, in herrlichster Weise geschildert. Er ist ein Vater der Waisen und ein Richter der Witwen; Er lässt Einsame in einem Hause wohnen, die Widerspenstigen in der Dürre. Gericht ist der Weg, auf dem die wahre und gnädige Rettung des hochgelobten Gottes zur Ausführung kommt. Und nun kann Sein Volk diese Seine Güte besingen.
Sodann wird in kurzen Worten die Geschichte des Volkes erzählt (V. 7). So hatte Sich Gott erwiesen, als Er Israel aus Ägypten führte. Am Sinai bebte die Erde bei Seiner Gegenwart. Aber das Erbteil Seines ermatteten Volkes erfrischte Er, als „Er in seiner Güte für den Elenden bereitete“. Doch jetzt redeten die gegenwärtigen Taten dieselbe Sprache noch lauter zu ihren Herzen. Adonai (der Herr) erlässt das Wort. Die frohen Botschaften werden von den Töchtern Israels in großer Schar besungen. Könige fliehen in Eile. Welch plötzliche und vollkommene Rettung ist das! Die ruhigste Hausbewohnerin verteilt die Beute, denn der Herr ist auf dem Plan. Dann kommt Israel in seiner ganzen Schönheit zum Vorschein, obwohl es zwischen den Hürden gelegen hat. Bei allen Anmaßungen und Anstrengungen der Nationen ist das der Wille Gottes. Gott zieht diese Anmaßungen der menschlichen Macht zur Rechenschaft: „Warum blicket ihr neidisch, ihr gipfelreichen Berge?“ - die Sitze menschlicher Macht. Zion ist der Berg Gottes; Er will ihn zu Seinem beständigen Wohnsitz machen. Um des Überrestes willen zerstreut Er die Könige. In seiner Mitte will Er wohnen. Doch woher kommt die große Rettung? Der Herr ist aufgefahren in die Höhe und hat Gaben empfangen als Mensch und für Menschen, ja, selbst für das widerspenstige Israel, um das es sich jetzt handelte, damit Jehova unter ihnen wohnen möchte.
Das ruft das Lob zum Preise Gottes, ihres Retters, hervor; denn ihr Gott ist ein Gott der Rettungen. Wie konnte Christus das bezeugen! Doch sie sind noch sterbliche Menschen hier auf Erden. Die Rettung ist eine irdische und zeitliche, obgleich es die Rettung von Heiligen ist. Doch Er wird sie stets leiten, selbst bis zum Tode. Er wird die Gottlosen vertilgen. Die wahre Ursache dieses großen Freudenausbruchs (das Herz ist zu voll, um ruhig darüber reden zu können) wird jetzt näher mitgeteilt. Israel wird in Macht wieder aufgerichtet, seine Feinde werden vernichtet, und die Schönheit der Tempelordnung wird wiederhergestellt werden. Die Stämme werden zurückkehren, die Könige Geschenke bringen. Gott hatte Stärke geboten, und sie wenden sich zu Ihm, damit Er das stärken möge, was Er gewirkt hat. Dann folgt die Unterwerfung jedes Feindes und Mächtigen. Fürsten werden aus Ägypten kommen, und Äthiopien wird seine Hände zu Gott ausstrecken. Dann werden die Königreiche der Erde aufgefordert, Adonai zu lobsingen. Die Stärke soll Gott zugeschrieben werden; aber Seine Hoheit, das, worin Er erhöht ist, ist über Israel, und Seine Macht in den Wolken Seiner Wohnung, Seine Stärke wacht über Seinem Volke. Es ist die völlige Wiederherstellung der Segnung und Herrlichkeit Israels, ja, weit mehr als Wiederherstellung; und alles ist die Folge der Erhöhung des Herrn, um als Mensch Gaben zu empfangen.
Obwohl wir hier das Einschreiten Gottes in der Macht des Gerichts, um den Überrest zu segnen und die menschliche Macht und jede Erhebung des Willens des Menschen niederzuwerfen - das „Aufstehen Gottes“ für Sein irdisches Volk und das Fliehen Seiner Feinde - deutlich vor uns haben, gibt es doch noch einige Punkte in diesem Psalm, die wert sind, hervorgehoben zu werden. Zunächst der Gebrauch des Wortes „Adonai“ (Herr). Gottes Name „Jah“ wird in Vers 4 und 18 erwähnt, aber sonst wird meist von Adonai gesprochen. Wir haben hier nicht so sehr den die Beziehung zu Israel ausdrückenden Bundesnamen „Jehova“, obwohl der Name Jah daran erinnert, sondern es ist Macht, die hier in Ausübung kommt, Herrschermacht - göttliche Herrschermacht, aber auf der Erde ausgeübt. Es ist mehr das, was Thomas bekannte, als er den Herrn sah: „Mein Herr und mein Gott“, nicht das: „Sage meinen Brüdern: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater“ usw. Es ist Gott, aber offenbart als der in Macht handelnde Herr, wie in Ps 2,4; nur mit dem Unterschiede, dass dort nicht von Seinem Wiederherabsteigen gesprochen wird. Daher finden wir hier Sein Auffahren als eine vollzogene Tatsache. Es wird nicht gesagt, dass Gott Gaben gibt, vielmehr ist Der, welcher Adonai ist, hinaufgefahren und hat Gaben empfangen, als Mensch und in bezug auf den Menschen. In Seinem Charakter als Adam (der letzte Adam) hat Er sie empfangen, indem Er den Feind gefangen geführt hat (Apg 2,33-36). Hier ist es deutlich der aufgefahrene Mensch (obwohl Er weit mehr als das ist), Der, welcher als Haupt die Gaben empfangen hat (das menschliche Haupt der Herrlichkeit), der die Gaben austeilt (vgl. Apg 2; Eph 4). Doch obwohl Er die Gaben als Mensch, für den Menschen und im Menschen empfangen hat, wird hier doch noch von einem besonderen Zweck, weshalb dies stattfand, geredet: „Selbst für Widerspenstige“, lesen wir, damit Jah, Gott, unter ihnen wohne. Hier kommt der Überrest, das Israel unseres Psalmes, zum Vorschein. Daher führt der Apostel in Epheser 4 diesen Teil der Stelle nicht an, sondern hört auf bei den Worten: Du hast Gaben empfangen im Menschen.
In den folgenden Psalmen werden wir die Erniedrigung dieses Hochgelobten finden. Welch ein Gegensatz! Und doch wie weit entfernt liegt der Gedanke, dass dies weniger herrlich oder gar von geringerem Interesse für uns sein könnte, die wir erfahren haben und wissen, wer Er ist.