Behandelter Abschnitt Heb 10,15-17
Als Nächstes wird das Zeugnis des Geistes als das Mittel genannt, durch das der Gläubige weiß, dass er durch das vollbrachte Werk Christi gesegnet wurde. Der Schreiber sagt:
Heb 10,15a: Das bezeugt uns aber auch der Heilige Geist; …
Das Zeugnis des Geistes ist nicht irgendein warmes Gefühl, das Er im Herzen des Gläubigen hervorruft – wie einige sagen: „Ich habe ein Brennen in meiner Brust“ –, sondern das, was Er in der Heiligen Schrift gesagt hat. Indem wir im Glauben annehmen, was der Geist in der Heiligen Schrift über die Gläubigen gesagt hat, wissen wir, dass wir durch den Tod Christi „geheiligt“ (d.h. für Gott zum Segen beiseitegesetzt) und „vollkommen gemacht“ sind.
Der Schreiber bezieht sich hier nicht auf den Aspekt des Wirkens des
Heiligen Geistes bei seiner Innewohnung – obwohl das sicherlich auf
jeden Gläubigen in dieser Haushaltung zutrifft (1Thes 4,8;
Heb 10,15b-17: 15b … denn nachdem er gesagt hat: 16 „Dies ist der Bund, den ich ihnen errichten werde nach jenen Tagen, spricht der Herr: Indem ich meine Gesetze in ihre Herzen gebe, werde ich sie auch auf ihren Sinn schreiben“; 17 und: „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken.“
Mit dem Wort „nachdem“ bezieht sich der Schreiber auf das, was der Heilige Geist früher in Jeremia 31 über die geistlichen Segnungen des neuen Bundes gesagt hat. Da es sich um einen jüdisch-christlichen Brief handelt, sind die Segnungen, um die es hier geht, vor allem die Segnungen des neuen Bundes und nicht die charakteristisch christlichen Segnungen „in Christus“, die in den Briefen des Apostels Paulus erwähnt werden (Eph 1,3). Diese Segnungen des neuen Bundes sind nicht ausschließlich für Christen, sondern sie sind der gemeinsame Besitz aller Kinder Gottes, die an Christus glauben – einschließlich des erlösten Überrestes Israels und der Gläubigen aus den Nationen im kommenden Tausendjährigen Reich (Off 7). Da die Bestimmungen zu dem neuen Bund in Hebräer 8 ausführlich erklärt worden sind, hält es der Schreiber nicht für nötig, sie hier noch einmal zu nennen. Daher kürzt er sie ab und hebt eine besondere Segnung hervor: „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken.“ „Sünden“ sind die Taten, die wir begangen haben, und „Gesetzlosigkeiten“9 bedeutet die böse Gesinnung unseres Herzens (Ps 41,7; 66,18; 78,38; Jes 32,6; 59,7; Mt 23,28; Apg 8,22.23). Das zeigt, dass Gott sich unseres ganzen Falles angenommen hat – von der Entstehung unserer bösen Taten in unserem Herzen bis hin zu den tatsächlichen Handlungen – und sich mit unseren Sünden im Sühnungswerk Christi vollständig befasst hat. So entfernt Er nicht nur unsere Sünden aus unserem Gewissen, sondern Er verbannt auch jede Erinnerung an sie aus seinem Gedächtnis!
Lasst uns beachten, dass Er die Art der Sünden nicht einschränkt, die hier vergeben werden, wie es unter dem Bund des Gesetzes der Fall war. Unter diesem System konnten nur „Sünden aus Unwissenheit“10 vergeben werden (Heb 9,7), und das auch nur in den Regierungswegen. Im Gegensatz dazu sind die Sünden, die durch das eine Opfer Christi vergeben werden können – und zwar für immer –, nicht nur Sünden aus Unwissenheit, sondern auch Sünden aus Vermessenheit! „Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde“ (1Joh 1,7). Wie wunderbar ist das, denn niemand kann behaupten, nur unwissentlich gesündigt zu haben!
Viele Menschen denken, dass die Aussage „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nicht mehr gedenken“ bedeutet, dass Gott die Sünden der Gläubigen vergisst. Doch „nicht mehr gedenken“ ist nicht dasselbe wie vergessen. Wir könnten griffige Floskeln verwenden wie „Unsere Sünden sind vergeben [forgiven], vergessen [forgotten], für immer [forever]“, aber damit wird ungewollt eine menschliche Schwäche mit Gottes Umgang mit unseren Sünden verbunden. Die Wahrheit ist, dass Gott auf einer gerechten Grundlage gehandelt hat, um unsere Sünden wegzutun: das vollbrachte Werk Christi. Auf dieser Grundlage kann Er sie bewusst aus seinen Gedanken entfernen, was das ewige Gericht anbelangt, weil der Preis für sie im Tod Christi bezahlt worden ist. Dies ist ein göttlicher Akt der Gerechtigkeit, nicht eine menschliche Schwäche des Vergessens. Wenn man Gott in dieser Frage menschliche Schwäche unterstellt, bedeutet das, dass Er mit unseren Sünden schludrig umgegangen ist. Wörtlich genommen, gibt dies dem Gläubigen kein wirkliches Vertrauen, dass Gott sich mit unseren Sünden richtig beschäftigt hat. Wenn Gott sie vergessen hat, wird Er sich vielleicht eines Tages wieder an sie erinnern! Und was dann? Jemand schrieb an J.N. Darby und fragte ihn danach im Zusammenhang mit Hebräer 10,17. Darby antwortete:
Es ist nicht so, als ob Gott die Dinge vergessen hätte, aber Er erinnert sich nicht an sie – hält sie nicht in seinem Gedächtnis fest – in keiner Weise.11
Der Richterstuhl des Christus zeigt uns, dass Gott unser gesamtes Leben aufgezeichnet hat, einschließlich unserer Sünden. Zu diesem Zeitpunkt werden sowohl die „guten“ als auch die „bösen“ Dinge in unserem Leben besprochen werden. Dazu gehören auch die Dinge, die wir vor unserer Errettung getan haben, denn die Rückschau wird sich auf die Dinge beziehen, die wir in unserem Leib getan haben. Und wir waren sicherlich in unserem Leib, bevor wir gerettet wurden (2Kor 5,10). Diese Rückschau könnte nicht stattfinden, wenn Gott Teile unseres Lebens aus seinem Gedächtnis löschen würde. Die einfache Antwort ist, dass Er immer noch weiß, wer wir sind und was wir getan haben, aber aufgrund der Wirksamkeit des vollbrachten Werkes Christi wird Er sich nicht mehr an unsere Sünden erinnern, um uns zu richten.