Der einzigartige Charakter des Segens, den das Evangelium der Gnade Gottes darstellt (3,6)
Eph 3,6: … dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium, …
Paulus fährt fort zu erklären, dass das, was Gott gegenwärtig durch die Berufung des Evangeliums tut, sich völlig von dem unterscheidet, was die alttestamentlichen Propheten über die Heiden verkündet haben. In Vers 6 erwähnt er drei einzigartige Dinge, die die gegenwärtige Berufung Gottes in der Gnade durch das Evangelium kennzeichnen:
Erstens heißt es in Vers 6, „dass die aus den Nationen Miterben seien“. Diese gegenwärtige Berufung Gottes durch das Evangelium ist nicht die massenhafte Heranführung der heidnischen Nationen an Jahwe, wie im Alten Testament angekündigt, wodurch sie einen Platz im Königreich des Messias unter Israel erhalten würden (
Sach 2,15; 8,22.23 ; Jes 11,10; 14,1; 56,3-7; 60,1-5;Ps 22,28; 47,9; 72,10.11 ).
Das ist eine äußere Bekehrung der heidnischen Nationen, wenn sie Christus in seiner Königsherrlichkeit sehen. Aus Furcht vor dem Gericht werden sie sich Israels Gott anschließen; es wird nicht unbedingt ein Werk des Glaubens in ihren Herzen sein (Ps 18,44-47; 66,1-3; 68,28-31; Jes 60,14), obwohl sehr viele davon echt sein werden (Off 7,9.10). Was Paulus jedoch ankündigte, war eine besondere Berufung bestimmter Gläubiger aus den Nationen, die Gott dazu vorherbestimmt hat, einen Platz mit Christus in seinem Leib zu teilen. Es war „die Bekehrung derer aus den Nationen“ (Apg 15,3); es war nicht die Bekehrung der Nationen als Ganzes, die in der Zukunft geschehen wird. Im gegenwärtigen Ruf des Evangeliums sucht Gott die Nationen auf, um „aus ihnen ein Volk für seinen Namen zu nehmen“ (Apg 15,14). Zu demselben Zweck nimmt er auch bestimmte gläubige Juden aus ihrem früheren Platz in der Nation Israel heraus. Paulus war ein Beispiel dafür. Der Herr sagte zu ihm: „indem ich dich herausnehme aus dem Volk {Israel}“ (Apg 26,17).
Juden und Heiden sind als unterschiedliche Einheiten auch heute noch auf der Erde, wenn der Ruf des Evangeliums ergeht, und sie werden auch am kommenden Tag noch existieren. Aber jetzt gibt es noch eine dritte Einheit: „die Versammlung Gottes“ (1Kor 10,32). Diese ist von den beiden anderen getrennt und sollte nicht mit ihnen verwechselt werden. Daher ruft Gott in dieser gegenwärtigen Gnadenzeit gläubige Juden und Heiden aus ihren früheren Positionen heraus und formt sie zu etwas Neuem in der Gemeinde. Die eigentliche Bedeutung des Wortes Versammlung/Kirche (griech. ecclesia) ist: „die Herausgerufenen“. Es drückt sehr treffend diese besondere Berufung durch das heutige Evangelium aus. Die Gläubigen aus den Juden und den Heiden haben im Voraus geglaubt (Eph 1,12.13) auf den Tag, an dem ein Überrest Israels und die Heidenvölker zu Gott gebracht werden.
Zweitens weist Vers 6 darauf hin, dass die Gläubigen aus den Heiden
„Miteinverleibte“ sind mit denen, die aus den Juden kommen. Das Geheimnis offenbart, dass Juden und Heiden, die an das Evangelium glauben, zu einem einzigen lebendigen Organismus (einem gemeinsamen Leib) geformt werden, der zum Wohlgefallen Gottes funktioniert und in dem das Leben und die Eigenschaften von Gottes eigenem Sohn offenbart werden. Dieser „eine Leib“ ist das Ergebnis des Geistes Gottes, der in diesen Gläubigen wohnt und sie mit Christus, dem Haupt im Himmel, verbindet (1Kor 12,13). Der geheimnisvolle Leib Christi ist etwas völlig Neues, das Gott geschaffen hat und das nirgendwo im Alten Testament zu finden ist. Christus wird über Israel und die heidnischen Völker herrschen (Ps 93,1; Jes 32,1), aber nirgends wird gesagt, dass Er über die Gemeinde, die sein Leib ist, herrscht.
Drittens ist diese Gruppe ausgewählter Juden und Heiden „Mitteilhaber seiner Verheißung in Christus Jesus“. Diese Verheißung hat nichts mit der Verheißung zu tun, die den Vätern in alttestamentlicher Zeit gegeben wurde. Diese Verheißung steht in keinem Zusammenhang mit den Verheißungen an die Patriarchen in alttestamentlicher Zeit. Die Verheißungen, die Abraham, Isaak und Jakob erhielten, wurden ihnen zu ihren Lebzeiten gegeben. Hingegen wurde die Verheißung des „ewigen Lebens“ „vor ewigen Zeiten“ gegeben (Tit 1,2). „Ewiges Leben“ ist eindeutig ein Segen des Neuen Testamentes1, der eine bewusste Beziehung zum Vater und zum Sohn (Joh 17,3) und die Innewohnung des Heiligen Geist beinhaltet (Joh 4,14). Die Gläubigen im Alten Testament wussten nichts von einer Beziehung zwischen Vater und Sohn innerhalb der Gottheit. Sie freuten sich nur darauf, für immer auf der Erde unter der Herrschaft des Messias zu leben (Ps 8,1-9 u.a.); auch hatten sie nicht die Innewohnung des Heiligen Geistes. Das ewige Leben wurde zum ersten Mal gesehen, als Christus in die Welt kam und dieses offenbarte; vorher war es „bei dem Vater“ im Himmel (1Joh 1,2).
Aus diesen drei Dingen ersehen wir, dass die Lehren des Paulus etwas ganz anderes waren als die Verheißungen, die den Vätern gegeben worden waren. Es handelte sich nicht um eine Art Erfüllung der alttestamentlichen Prophezeiungen – ein Irrtum der reformierten „Bundestheologie“. Wie bereits erwähnt, kamen diese himmlischen Dinge nicht in Konflikt mit Gottes Plan, Israel auf der Erde zu segnen und die Heiden während der Herrschaft ihres Messias unter sich zu haben. Die Bekehrung der Heiden in der Masse wird an einem kommenden Tag stattfinden, aber die Bekehrung derer, die aus den Heiden kommen [Apg 15,3.14], geschieht heute durch den Ruf des Evangeliums.
Wenn es in Vers 6 heißt, dass diese Dinge, die im Geheimnis über die Versammlung offenbart werden, uns „durch das Evangelium“ gehören, lernen wir, dass die Wahrheit des Evangeliums und die Wahrheit der Gemeinde miteinander verbunden sind. Alle Arbeit am Evangelium sollte mit Blick auf die Gemeinde durchgeführt werden. Im Evangelium stellen wir Christus, den Erlöser, dar; wenn wir die Wahrheit über die Gemeinde lehren, stellen wir Christus, den Mittelpunkt, vor. Beide sind eng miteinander verbunden. Gott will, dass ein Mensch, wenn er gerettet ist, danach in der Gemeinde so funktioniert, wie Gott ihn eingesetzt hat.
Die großen Steine, die für den Bau des Tempels herbeigeschafft wurden (1Kön 5), wurden nicht nur an dem Ort abgebaut, an dem sie gefunden worden waren, sondern sie wurden auch an den Ort des Tempels gebracht und in das Haus eingebaut (1Kön 6). Die Steine aus der Grube zu holen, war kein Selbstzweck. In ähnlicher Weise sind die lebendigen Steine, aus denen Gottes Haus heute besteht, zu dem Zweck gerettet worden, in seinem Haus zu seiner Ehre zu wirken. Später in diesem Brief spricht Paulus erneut von diesem Zusammenhang (Eph 4,11-16). Die „Evangelisten“ sollten mit den „Hirten und Lehrern“ zusammenarbeiten „für die Auferbauung des Leibes des Christus“ (Eph 4,12). Wenn wir wollen, dass Seelen gerettet werden, ohne zu sehen, dass sie an ihrem Platz im Leib funktionieren, verfehlen wir Gottes Ziel für sie. Der Zweck des Evangeliums besteht darin, das Material heranzubringen, aus dem die Gemeinde bestehen soll.