Behandelter Abschnitt Eph 3,6-7
Und hier möchte ich davor warnen, die Schrift so zu nehmen, als ob alles, was Gott dort sagt, von dir und mir und der Versammlung handelt. Die Versammlung ist vergleichsweise neu auf der Erde; sie ist ausschließlich ein neutestamentliches Thema. Wenn ich sagen würde, dass die Heiligen in dieser Weise neu sind, wäre das falsch. Wenn man jedoch sagt, dass die Versammlung alttestamentliche Heilige umfasst, nimmst du das Wort Gottes nicht genau und widersprichst ihm. Die Versammlung Gottes ist auf das beschränkt, was mit Christus begann, der zur Rechten Gottes gesetzt wurde, und dem Heiligen Geist, der vom Himmel herabgesandt wurde, um alle, die jetzt glauben, in diesen einen Leib zu taufen. Was ist mit „der Versammlung“ gemeint? Es ist die Versammlung derer, die durch das Kennen des gestorbenen und auferstandenen Christus und durch den Heiligen Geist mit Christus als dem verherrlichten Menschen zur Rechten Gottes vereint sind. Einen solchen Zustand gab es vor Pfingsten nicht. Es gab keine Erlösung, die vor dem Kreuz vollbracht wurde. Christus steht als Sohn Gottes von Ewigkeit her allein – eine göttliche Person, die dem Vater gleich ist. Aber Er wurde Mensch, um für Menschen am Kreuz zu sterben; und auferstanden aus den Toten, beginnt Er seine neue Stellung als Haupt der Versammlung, seines Leibes. Er ist der Bräutigam der Braut. Die Sühnung wurde vollbracht und die Sünde durch sein eigenes Opfer weggetan; und es konnte nicht so etwas wie ein Glied des Leibes Christi geben, bis dies vollendet war. Die Versammlung gründet sich auf die Vergebung der Sünden durch das bereits vergossene Blut Christi und besteht aus denen, die mit Christus vereint sind, um an seiner ganzen Herrlichkeit teilzuhaben, außer dem, was wesentlich und ewig sein Eigen als eingeborener Sohn des Vaters ist.
Dann kommt dieser besondere Teil des Geheimnisses: dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium (3,6).
Die Verheißungen Gottes an Abraham und diese Verheißung Gottes in Christus sind zwei Dinge, die nicht nur verschieden sind, sondern im Gegensatz zueinander stehen. Denn wenn ich die Verheißung an Abraham in 1. Mose 12,2 betrachte: „Und ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen, und ich will deinen Namen groß machen; und du sollst ein Segen sein!“, ist das die Erwartung der Versammlung? Wenn Christen auf der Erde groß werden, bedeutet das, dass sie aus ihrem eigentlichen Segen in der Gemeinschaft mit Christus herausgeglitten sind; aber wenn Israel zu einer großen Nation im wahren Sinn des Wortes gemacht wird, werden sie gesegnet und ein Segen sein, wie sie es nie zuvor waren. Die Verheißung wurde Abraham gegeben und wird sich in seiner Nachkommenschaft auf der Erde nach und nach erfüllen: Ich will aus dir ein großes Volk machen „und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde“ (1Mo 12,3). Darin ist der Segen für die Nationen enthalten; doch beachte: Sie sollen in Abraham gesegnet werden und danach durch seine Nachkommen. In 1. Mose 22 wird die Verheißung an Isaak erneuert; und darauf wird im Hebräerbrief Bezug genommen. „Ich schwöre bei mir selbst, spricht der Herr, dass ... ich dich reichlich segnen und deine Nachkommen sehr mehren werde, wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist; und deine Nachkommen werden das Tor ihrer Feinde besitzen“ (1Mo 22,16.17).
Ist es das, worauf wir warten? Ich glaube nicht. Wir wollen mit Christus im Himmel sein, und wir werden dort durch seine Liebe und die Gunst unseres Gottes sein. Aber Israel wird das Tor seiner Feinde besitzen und über alle Völker der Erde erhaben sein. In den Psalmen haben wir eine Art Kommentar zu diesen Erwartungen der Gottesfürchtigen in Israel. So haben wir in Psalm 67,2.3 das Gebet: „Gott sei uns gnädig und segne uns, er lasse sein Angesicht über uns leuchten – Sela –, damit man auf der Erde deinen Weg erkenne, unter allen Nationen deine Rettung!“ Die Vorstufe des Segens für andere Völker ist die Antwort auf den Ruf: „Gott sei uns gnädig und segne uns“. Alle Hoffnung für die Welt als solche hängt von dem Segen der Juden ab.
Das gilt nicht für die Versammlung, die Gott jetzt herausruft. Ihr Segen hängt nicht von den Verheißungen oder dem Segen irgendeines Volkes ab. Daher sind diese Psalmen nicht auf die Versammlung anwendbar, und doch versuchen Menschen immer wieder, sie auf die gegenwärtigen Umstände zu übertragen. Kein Wunder, dass sie verwirrt werden. Der Fehler liegt in ihrer Verdrehung des Wortes Gottes. „Die Völker werden dich preisen, o Gott; alle Völker werden dich preisen“ (Ps 67,4.6) Jetzt dehnt es sich auf andere aus. „Die Völkerschaften werden sich freuen und jubeln; denn du wirst die Völker richten in Geradheit, und die Völkerschaften auf der Erde, du wirst sie leiten“ (Ps 67,5). Wenn dieser Tag anbricht, anstelle des Seufzens und der Mühsal, die jetzt noch vorherrschen, geschieht: „Die Erde gibt ihren Ertrag; Gott, unser Gott, wird uns segnen“ (Ps 67,7). So etwas ist jetzt noch lange nicht der Fall. Es ist der Zustand im Tausendjährigen Reich, der hier erwartet wird, wenn die Macht Gottes triumphierend hervortreten wird und Gott sein Volk Israel annehmen wird, und andere Nationen werden dadurch gesegnet werden. Nun sind die Nationen Miterben und Miteinverleibte. Miterben mit wem? Mit Christus, und mit allen, die in Christus sind. Ob Juden oder Heiden, sie sind Miterben. Die Gnade hat sie auf eine gemeinsame Grundlage gestellt. Es sind nicht mehr die Juden, die an der Spitze des Segens der Erde stehen. Im Gegenteil, als Volk sind sie zerstreut, und Gott richtet sie, statt Gnade zu zeigen: Es gibt eine vollständige Auslöschung der alten Grenzen. Und aus diesem Grund: Das jüdische Volk war der wahre Führer in der Feindschaft der Welt gegen Christus und in der Kreuzigung ihres eigenen Messias. Das Kreuz Christi beendete die Unterschiede zwischen Juden und Heiden; und, gegründet auf dieses Kreuz, baut Gott die Versammlung. Die übelsten Sünder auf der Erde, ob Jude oder Heide, nimmt Gott auf; und aus ihrem Zustand der Sünde und der Entfernung von Gott stellt Er sie alle auf eine gemeinsame himmlische Ebene als Glieder des Leibes Christi. Das ist es, was Gott jetzt tut, und es ist überaus wichtig, dies zu verstehen, um die Gemeinschaft mit seinen Wegen zu genießen. Außerdem wird die ganze Bibel praktisch zu einem neuen und noch wertvolleren Buch, wenn man das versteht. Die Wahrheit kann keine Kompromisse zulassen, wie sehr wir uns auch bemühen mögen, geduldig zu sein; der offenbarte Geist Gottes schließt notwendigerweise die Vorstellung aus, dass Menschen ihr eigenes persönliches Urteil haben. Weder du noch ich haben ein Recht auf eine Meinung in Glaubensfragen. Gott ist der Einzige, der berechtigt ist, über diese Dinge zu sprechen; und Er hat so deutlich gesprochen, dass wir sündigen, wenn wir Ihn nicht hören. Aber man kann die Wahrheit nicht von den geistlichen Neigungen trennen. Wenn die Menschen also die Wahrheit der Versammlung nicht praktisch umsetzen, verlieren sie sie und werden bitter gegen sie. Gottes Gedanken über die Versammlung bringen den, der sie kennt, immer in die Feindschaft der Welt und die besondere Feindschaft der Christen, die sie nicht verstehen. So war es besonders bei dem Apostel Paulus, und so ist es seither gewesen, wenn Menschen dem Zeugnis geglaubt haben; und so muss es sein. Die Lehre, die Paulus vertrat, kann, wenn sie vom Geist Gottes gelehrt wird, niemals eine Partei zulassen, denn ihr Mittelpunkt ist Christus im Himmel.
Der Apostel fährt mit seiner Aussage fort; und dies ist die besondere Stufe des Geheimnisses, die er hier hervorhebt: dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium, dessen Diener ich geworden bin nach der Gabe der Gnade Gottes, die mir gegeben ist nach der Wirksamkeit seiner Kraft (3,6.7).