PFINGSTEN
Wir betrachten nun das nächste große Ereignis, das auf die wunderbaren Ereignisse folgt, von denen uns in den Evangelien berichtet wird.
1. Zuerst war da die Menschwerdung unseres Herrn Jesus: Gott der Sohn kam auf diese Erde, um Menschheit und Gottheit zu vereinen.
2. Dann war da Golgatha, als Christus sich selbst als Lösegeld für uns gab, um unsere Sünden zu tilgen.
3. Darauf folgte die leibliche Auferstehung des Erlösers.
4. In Apostelgeschichte 2 lesen wir von Pfingsten, dem Kommen einer weiteren Person der Gottheit. Der Heilige Geist kam, um in der Gemeinde auf der Erde zu wohnen und die Gläubigen zu befähigen, die Botschaft der Gnade überallhin zu tragen.
Die Bedeutung von Pfingsten (V. 1-21)
Vers 1
Man beachte die einleitenden Worte:
Apg 2,1: Und als der Tag der Pfingsten erfüllt wurde, waren sie alle an einem Ort beisammen.
Damals zählten die Gläubigen in Jerusalem etwa hundertzwanzig Personen, und sie konnten alle zusammen sein, und – was noch wichtiger war – sie waren alle einmütig beisammen.1 Doch täuschen wir uns nicht. Pfingsten kam nicht, weil sie alle einmütig und an einem Ort waren; sie waren in Erwartung von Pfingsten dort und im Gehorsam gegenüber dem Wort des Herrn Jesus Christus. Pfingsten war eine vorherbestimmte Epoche in den Gedanken Gottes und im Wort Gottes. In vergangenen Zeiten war festgelegt worden, wann der Heilige Geist herabkommen und seinen Wohnsitz beim Volk Gottes auf der Erde nehmen sollte. Der Herr Jesus hatte gesagt, dass der Vater den Tröster senden würde, und dass „er von dem Meinen empfängt und euch verkündigen wird“ (Joh 16,15). Er sagte auch: „Bleibt in der Stadt, bis ihr angetan werdet mit Kraft aus der Höhe“ (Lk 24,49).
Der Heilige Geist sollte eine neue Haushaltung einleiten, und Gott hatte den Zeitpunkt für den Beginn dieser Haushaltung festgelegt: den Tag von Pfingsten. In 3. Mose 23 lesen wir von Israels „Festjahr“ oder heiligem Jahr mit den dazugehörigen großen Festen. Dazu gehörte das Passahfest im Frühjahr (am vierzehnten Tag des Monats Nisan), das den Tod unseres Herrn Jesus Christus vorausbildet. Als das Passahfest kam, starb Er (an dem dafür vorherbestimmten Passahfest). Er hielt das Passahfest am Abend vor seinem Tod. Nach unserer Zählweise begann der jüdische Tag am Abend eines Tages und ging weiter bis zum Abend des nächsten Tages; so aß Jesus am ersten Abend das Passahfest mit seinen Jüngern, und vor dem nächsten Abend starb Er, das makellose Lamm, auf Golgatha. „Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seiet, wie ihr ungesäuert seid. Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet worden. Darum lasst uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit“ (1Kor 5,7.8).
Wenn wir in 3. Mose 23 weiterlesen, sehen wir, dass sie am nächsten Tag nach dem Sabbat eine Garbe von den Erstlingsfrüchten bringen sollten. Uns wird gesagt, dass Christus von den Toten auferweckt wurde als „der Erstling der Entschlafenen“ (1Kor 15,20). So wie das Passahfest ein Sinnbild für den Tod Christi war, so war die Erstlingsfrucht ein Sinnbild für die glorreiche Auferstehung des Erstgeborenen von den Toten.
Wir kehren zu 3. Mose 23 zurück und lesen in den Versen 15 und 16:
3Mo 23,15.16: Und ihr sollt euch zählen vom nächsten Tag nach dem Sabbat, von dem Tag an, da ihr die Webe-Garbe [die Erstlingsfrucht] gebracht habt: Es sollen sieben volle Wochen sein. Bis zum nächsten Tag nach dem siebten Sabbat sollt ihr fünfzig Tage zählen; und ihr sollt dem HERRN ein neues Speisopfer darbringen.
Von der Darbringung der Erstlingsfrüchte bis zum Pfingstfest mussten fünfzig Tage vergehen. Pfingsten bedeutet eigentlich „der fünfzigste Tag“. Gott hatte also bestimmt, dass dieses Fest in Israel als Vorausbild für den Beginn einer neuen Haushaltung begangen werden sollte, in dem dem HERRN ein neues Speiseopfer dargebracht werden sollte: „Aus euren Wohnungen sollt ihr Webe-Brote bringen …, gesäuert sollen sie gebacken werden“ (3Mo 23,17). Diese Brote konnten nicht für unseren Herrn stehen, weil sie Sauerteig enthielten: Sauerteig ist ein Zeichen der Sünde, und Er war der Sündlose. Die Brote versinnbildlichen jedoch diejenigen, die durch den Tod des Herrn Jesus Christus Gott als neue Schöpfung vorgestellt werden: Juden und Heiden, die an sich Sünder sind, deren Sünden aber im Licht des Kreuzes Christi gerichtet werden. Deshalb war Pfingsten der Beginn einer neuen Haushaltung, der Haushaltung der Gemeinde, des Leibes Christi.
Als der Pfingsttag kam, waren die Apostel auf Geheiß des Herrn Jesus an einem Ort versammelt. Nur, wo war dieser eine Ort? Das lässt sich nicht so einfach sagen, wie es vielleicht scheint. Viele gehen davon aus, dass es der Obersaal war, in dem sich die hundertzwanzig zum Gebet versammelt hatten. Aber wenn wir bei Lukas nachschlagen, lesen wir: „Sie warfen sich vor ihm nieder und kehrten nach Jerusalem zurück mit großer Freude; und sie waren allezeit im Tempel und lobten und priesen Gott“ (Lk 24,52.53). Sie verweilten in einem Obersaal, aber Tag für Tag gingen sie in den Tempel. In den Tempelhöfen herrschte eine große Freiheit. Dort versammelten sie sich, um den Herrn zu loben und zu preisen. Verschiedene Gruppen trafen sich; hier eine Gruppe von Sadduzäern mit ihrem Lehrer und dort eine Gruppe von Pharisäern mit ihrem Lehrmeister. Die Jünger kamen dorthin, um Gott zu loben, und es kann sehr gut sein, dass der Heilige Geist dort herabkam. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass andere anwesend waren und alles hörten, was vor sich ging. Andererseits könnte sich der Obersaal an einem öffentlichen Ort befunden haben, und das Geräusch eines rauschenden, mächtigen Windes könnte die Aufmerksamkeit der Menschen erregt und sie dazu veranlasst haben, sich zu diesem Obersaal zu begeben. Ich persönlich halte es für wahrscheinlich, dass sie in den Vorhöfen des Tempels versammelt waren, als der Heilige Geist herabkam.
1 Anm. d. Red.: In Apostelgeschichte 2,1 heißt es in der Schlachter 2000: „Als der Tag der Pfingsten sich erfüllte, waren sie alle einmütig beisammen.“↩︎