Behandelter Abschnitt Amos 5,1-5
Ein Klagegesang für Israel
Amos 5,1-5: 1 Hört dieses Wort, das ich über euch anhebe, ein Klagelied, Haus Israel!
2 Sie ist gefallen, die Jungfrau Israel, sie wird nicht wieder aufstehen; sie liegt hingeworfen auf ihrem Land, niemand richtet sie auf. 3 Denn so spricht der Herr, HERR: Die Stadt, die zu tausend auszieht, wird hundert übrig behalten, und die zu hundert auszieht, wird zehn für das Haus Israel übrig behalten. 4 Denn so spricht der HERR zum Haus Israel: Sucht mich und lebt. 5 Und sucht nicht Bethel auf und geht nicht nach Gilgal und geht nicht hinüber nach Beerseba; denn Gilgal wird gewiss weggeführt und Bethel zunichtewerden.
Traurig und ernst sind die Takte des einer Totenklage gleichenden Klageliedes, das der Prophet über die gefallene Nation anstimmt, die er so sehr liebt. Als Volk haben sie in ihrer Treue zu Gott völlig versagt, und auf der Grundlage ihrer Verantwortlichkeit konnten sie nicht einen einzigen Segen einfordern. Sollte Gott sie je wieder annehmen, dann wäre das nur aufgrund reiner Gnade möglich; andernfalls wäre nichts als Gericht ihr Teil.
Auf diese Weise ist auch alles fehlgeschlagen, was Gott den Menschen anvertraut hat, und das Zeugnis, das der Gemeinde anvertraut wurde, ist davon nicht ausgenommen. Aber Gott hat unendliche Quellen in sich selbst, die nur durch das Versagen des Gegenstandes seiner Gnade dargestellt werden können. Das mag den Geist all derer aufmuntern und erbauen, die stöhnen und weinen angesichts der unglücklichen Spaltungen und des Versagens dessen, was eigentlich zum Zeugnis für Christus und zur Ehre Gottes in diesen letzten Tagen sein sollte. Trotzdem braucht Mutlosigkeit und Dunkelheit die Seele nicht zu überwältigen. Vielleicht wird Gott von seinem Volk dennoch von seinem Volk gesucht werden. Wenn Zerbrochenheit und Buße sichtbar werden, ist Er in der Lage, über die Maßen mehr zu tun, als wir erbitten oder erdenken.
Die Jungfrau Israel war so tief gefallen, dass sie niemals mehr aufstehen konnte – jedenfalls nicht aus eigener Kraft heraus. Auch gab es unter ihren Führern niemand, der sie wieder aufrichten konnte. Und doch ruft und bittet Gott die, die es hören würden: „Sucht mich, und ihr werdet leben!“ Niemand konnte sie retten als nur der, von dem sie traurigerweise abgewichen waren. Bethel, Gilgal oder Beerseba aufzusuchen, wo die Höhen waren, die von götzendienerischem Eigenwillen zeugten, würde umsonst sein, wie Amos 4,5 ironischerweise beschreibt. Die Tatsache, dass es eine gewisse heilige Verbindung gab mit den eben genannten Orten, würde doch nicht verhindern, dass sie in die Gefangenschaft gehen müssten. Bethel war nicht länger das Haus Gottes, noch sprach Gilgal davon, dass ihre Schande weggetan war. Im Gegenteil, Bethel war ein Ort der Dämonen geworden und Gilgal selbst war eine Schande.
Nichts hat fortwährend Bestand, sei es der Traum der Apostolizität oder die moderne Idee, die bei manchen als der „ursprüngliche Grund des Zusammenkommens“ und „das Fortbestehen des Tisches des Herrn“ gelten. Was einmal eindeutig von Gott gegeben war, wird schnell verdorben, wo Stolz und Eigenwille am Werk sind. Manchmal muss man sich von solchen Dingen abwenden und sie ablehnen, weil man dem Herrn treu ist, trotz der Tatsache, dass sie in der Vergangenheit einmal in Verbindung mit Segen und der offensichtlichen Bestätigung Gottes standen.
Die Schrift muss uns leiten, nicht menschliche Regeln und Anmaßen von Macht. „Was von Anfang an war“ ist die ursprüngliche Grundlage – und nur das!