Einleitung
In einem Klagelied drückt Gott seine Trauer aus, weil sein Volk unverbesserlich ist und Er es aus dem Land entfernen muss. Wenn die Verbindung zu Ihm zerbrochen ist, hat der Tod stattgefunden. Trotzdem gibt es noch einige wenige Aufrufe, Ihn zu suchen und zu leben. Amos hält dem Volk seine Ungerechtigkeiten vor und stellt sie in das Licht der Majestät des HERRN.
Die völlige Blindheit des Volkes zeigt sich in der Tatsache, dass sie den Tag des HERRN herbeiwünschen (Vers 18). Wegen ihrer falschen Denkweise meinen sie, dass dieser Tag das Gericht über ihre Feinde und Segen für sie bedeuten wird. In Bildersprache macht Amos ihnen diesen fatalen Fehler deutlich.
Amos widerspricht auch der Illusion, dass der HERR ihre Gottesdienste schätzen wird. In krassen Worten drückt der HERR seinen Abscheu darüber aus. Die Ursache ihrer Götzenverehrung liegt ganz am Anfang ihrer Geschichte. Er nimmt sie bis dorthin zurück. Dann zeigt Er, dass sie sich seitdem nicht verändert haben. Ihr unverbesserliches Verhalten führt schließlich dazu, dass sie alle in die Gefangenschaft weggeführt werden.
Verse 1 | Ein Klagelied
Hört dieses Wort, das ich über euch anhebe, ein Klagelied, Haus Israel!
Zum dritten Mal ertönt der Aufruf: „Hört dieses Wort.“ Zunächst richtete sich dieser Aufruf an das ganze Volk, als Gott seine Propheten zu ihnen gesandt hat (Amos 3,1). Es wurde nicht darauf gehört. Danach rief er Philistäa und Ägypten auf, gegen das Volk zu zeugen. Dann wird der Ruf an Samaria gerichtet, wo ein unersättlicher Hunger nach materiellem Wohlergehen besteht (Amos 4,1). Er richtet sich auch gegen die schreckliche Vermischung des Dienstes für den HERRN mit dem Götzendienst.
Nach diesen erfolglosen Versuchen, das Herz der Menschen durch sein Wort zu erreichen, lässt Gott seine Stimme wieder hören. Obwohl es immer noch als reine Warnung gedacht ist, enthält das Wort nun eine Klage über den unvermeidlichen Sturz. Gott singt ein Klagelied durch Amos. Jeremia lässt auch ein Klagelied hören, aber er steht auf den Ruinen von Jerusalem. Amos steht inmitten eines Volks, das im Luxus badet und überhaupt kein Problem sieht.
Das Wort „Klagelied“ kann auch mit „Totenlied“ übersetzt werden. Es ist ein Lied über jemanden, der gestorben ist (vgl. 2Sam 1,17; 2Chr 35,25). Das Lied wird gesungen, weil das Auge des Propheten das Unheil als bereits geschehen sieht und die Existenz des Volkes Israel zu Ende ist. Amos ist hier in den Augen des gesättigten Volks ein echter Schwarzseher.
Das „Haus Israel“ ist das gleiche wie das Haus Josephs (Vers 6) und bezieht sich auf die zehn Stämme.