Behandelter Abschnitt Jes 57
Jesaja 57
Dieses Kapitel enthüllt uns den wachsenden Abfall Judas nach der Verwerfung seines Messias. Für die Gerechten ist es nur Gewinn, wenn sie sterben, denn sie werden vor dem Gericht hinweggenommen. Dieses Gericht muss über das Volk kommen, weil es die Gnade, die ihm nach dem Werk am Kreuz angeboten wurde, verworfen hat. An dieser Stelle ist nicht mehr die Rede von einem langen Leben auf der Erde, wie es unter dem Gesetz versprochen war, sondern von Ruhe und Frieden. Die Welt achtet nicht auf diese Dinge. Das himmlische Teil des Gläubigen, das uns im Neuen Testament offenbart wird, wird hier nicht weiter erwähnt. Aber es ist schon ein kostbares Vorrecht, vor dem angekündigten schrecklichen Gericht in Sicherheit gebracht zu sein. Wie wohltuend ist die Gewissheit, dieses Gericht nicht durchmachen zu müssen, wenn es sich über die Erde ergießt.
In den folgenden Versen haben wir, wie wir glauben, den Götzendienst vor uns. Am Ende der Zeit wird er in seiner schrecklichsten Form wieder erscheinen, denn dann wird der Mensch der angebetete Götze sein. Es ist der Same des Götzendienstes und der Hurerei, der von neuem aufschießt und giftigere Früchte hervorbringt als zur Zeit der Könige von Israel und Juda. Der Mann, der in seinem eigenen Namen kommen wird, wird angebetet werden, und man wird ihm mit Öl und wohlriechenden Salben Ehrbezeugungen darbringen, die nur Gott gebühren. Dieses unglückliche Volk, das durch die Verführungen des Antichristen den schlimmsten Verirrungen preisgegeben ist, wird es wie eine Erneuerung seiner Lebenskraft empfinden, wenn es den Götzen nachjagt. Indem es an der Lüge Gefallen findet, wird es den Herrn vergessen. Diese Götzen werden ihm am Tag der Bedrängnis, wenn das Gericht es wie der Wind wegbläst, überhaupt keine Hilfe sein.
Inmitten dieses Zustands finden sich fromme, gerechte und treue Seelen: Sie sind es, die befreit werden. Sie werden auf den Herrn vertrauen, das Land erben und den heiligen Berg besitzen. Diese Treuen werden „mein Volk“ genannt. Der Weg, um in den Besitz des Erbes des Herrn zu gelangen, wird ihnen bereitet. Er wird sie heilen und sie alle zurückführen, auch die, die weit entfernt sind, und Er wird ihnen den Frieden geben.
Aber die Gesetzlosen sind wie das aufgewühlte Meer, das nicht ruhig sein kann und dessen Wasser Schlamm und Kot aufwühlen. „Kein Friede den Gesetzlosen! spricht mein Gott.“ Es heißt nicht mehr wie am Ende von Kapitel 48: „spricht Jehova“, sondern: „mein Gott“, denn Juda hat „seinen Gott“, in der Person seines Messias, verworfen.
Trotz alledem trägt die Stadt hier einen herrlichen Namen: „Ariel“ (= Gotteslöwe). Ein verwundeter, geschlagener, zu Boden geworfener Löwe, aber trotzdem ein Löwe Gottes. Seine Verfehlungen und seine Züchtigungen haben seinen Namen nicht geändert. Seine Feinde werden dies bitter erfahren. In dem Augenblick, da sie ihre Ziele erreicht zu haben glauben, fallen sie vernichtet vor den Mauern der Stadt zu Boden. Sie sind verwirrt und verschwinden wie ein Traum, wenn man erwacht. Als sie kamen, um Jerusalem zu belagern, dachten sie kaum daran, dass sie jene Stadt angriffen, von der gesagt ist: Der Herr ist da. Sie erwarteten wohl nicht, dass diese für sie ein Ariel, ein Gotteslöwe, werden würde.
Ihre Verwirrung wird größer sein als die von Sanherib, der erleben musste, dass vor derselben Stadt in einer einzigen Nacht 185.000 seiner Männer von einem Engel getötet wurden. Man kann sich nicht ungestraft an den „Gotteslöwen“ heranwagen, auch wenn sein Gott ihn züchtigt. Wir finden hier die endgültige Befreiung des Volkes. Jerusalem ist, wie wir gesehen haben, bis in den Staub erniedrigt, der Verstand seiner Verständigen verborgen und die Weisheit seiner Weisen zunichtegemacht. Diese lange und schmerzliche Züchtigung ist nötig gewesen, damit ihr ganzer Unglaube, ihr Hochmut und ihre Torheit völlig gerichtet würden. Nach der Vernichtung all seiner Feinde wird der wahre David sein Heerlager im wiederhergestellten Jerusalem aufrichten, und dieses wird der Sitz seiner herrlichen Regierung sein. An jenem Tag wird der Libanon in ein fruchtbares Land verwandelt werden. Taube werden die Worte des Buches hören, das ihnen für lange Zeit verschlossen war. Ihre blinden Augen werden sich dem Licht öffnen. Die Sanftmütigen werden ihre Freude im Herrn vermehren, und die Armen unter den Menschen werden in dem Heiligen Israels frohlocken. Die Schriften werden für sie nicht mehr wie ein versiegeltes Buch sein, das niemand lesen kann, oder wie ein offenes Buch, das niemand zu lesen versteht. Der Heilige Geist wird es ihnen verständlich machen. Jene, die einen verirrten Geist hatten, werden Verständnis erlangen, und die Murrenden werden die gute Lehre annehmen.