Behandelter Abschnitt Jes 48
Jesaja 48
Der Herr spricht in diesem Kapitel nicht von den Götzen Babels und seiner Bosheit, sondern von den Götzen der Juden, den Nachkommen Judas. Dieser Stamm vertritt die ganze Nation, denn die zehn andern Stämme waren schon seit langem in der Gefangenschaft, als die Bewohner von Juda nach Babel verschleppt wurden. Sie schworen beim Namen des Herrn, erwähnten den Gott Israels und nannten sich nach der heiligen Stadt. Da sie die Aussprüche Gottes besaßen, kannten sie Dinge, die andern niemals offenbart worden waren. Dadurch wussten sie, dass der Herr, der sich ihrer annahm, Gott war.
Doch ihre Verantwortlichkeit wurde durch ihre Vorrechte vergrößert, denn sie handelten nicht besser als die sie umgebenden Völker. Wie jene dienten sie den Götzen und verstockten ihre Herzen. In einer solch törichten Haltung wären sie imstande gewesen, das, was sie von Gott empfangen hatten, den Götzen zuzuschreiben. Seit dem Beginn ihres Weges wurden sie Übertreter genannt. Warum hatte der Herr sie dann nicht ausgerottet? Es war wegen seines Namens und wegen seines Ruhms, weil Er nicht durch ein anderes Volk verherrlicht werden wollte. Er schiebt seinen Zorn auf und läutert das Volk im Schmelzofen des Elends. In seiner zärtlichen Fürsorge ruft er es, wie eine Mutter ihr Kind ruft: „Höre auf mich, Jakob. Versammelt euch, ihr alle, und hört! Naht euch zu mir und hört dieses!“
Aber Israel schenkte seinen Geboten kein Gehör. Hätte es dies getan, was wäre dann sein Teil gewesen? Sein Friede wäre wie ein Strom gewesen und seine Gerechtigkeit wie des Meeres Wogen. Sein Same wäre wie der Sand und die Sprösslinge seines Leibes wie seine Körner gewesen. Sein Name wäre vor dem Angesicht des Herrn weder ausgerottet noch vertilgt worden.
Aber Israel hat nicht gehört, und die Folge davon ist, dass es sich jetzt in Babel befindet. Ist dies nun das Ende der Wege Gottes mit seinem Volk? Nein! „Zieht aus Babel, flieht aus Chaldäa mit Jubelschall; verkündigt, lasst dieses hören, bringt es aus bis an das Ende der Erde! Sprecht: Der Herr hat seinen Knecht Jakob erlöst.“ Er ist Derselbe und verherrlicht sich angesichts der ganzen Torheit seines Volkes. Die Befreiung aus Babel, die Er wirkt, ist für Ihn größer als jene aus Ägypten; und sie ist nur ein vereinfachtes Bild einer andern, noch größeren Befreiung, die erst am Ende der Zeiten stattfinden wird. Also wird sich das Wort des Psalmisten erfüllen: „Als der Herr die Gefangenen Zions zurückführte, waren wir wie Träumende. Da wurde unser Mund voll Lachens, und unsere Zunge voll Jubels; da sagte man unter den Nationen: Der Herr hat Großes an ihnen getan! Der Herr hat Großes an uns getan: Wir waren fröhlich!“ (Ps 126,1-3). Aber „kein Friede den Gesetzlosen! spricht der Herr“.