Behandelter Abschnitt 1Sam 16
Nachdem wir nun das Urteil des Propheten über König Saul gehört haben, folgt als nächstes die Wahl des Herrn. Das Kapitel gibt uns auf sehr eindrucksvolle Weise das offensichtliche Urteil des Todes über alle Gedanken des Menschen. Können denn Lektionen ernster und lehrreicher sein als der Gegensatz zwischen Saul, der wegen seiner äußeren Erscheinung allgemein bewundert und erwählt wurde, und David, der sogar von seinem eigenen Vater völlig vergessen wurde, und das, als der Prophet nach ihm fragte? Für keinen einzigen der Familie war er von Bedeutung; und doch war dies der Mann, der für den Thron bestimmt war. Und in der Tat müssen wir nicht unsere eigene Vorstellung auf den Vorfall anwenden; denn Gott selbst hat uns seine gegeben. Es heißt ausdrücklich und in diesem Zusammenhang: „Denn der Mensch sieht auf das Äußere, aber der Herr sieht auf das Herz“ (V. 7).
So wurde nun der wahre König gesalbt; aber es gefiel Gott, dass die Art und Weise, wie er den Thron bestieg, so eigenartig sein sollte wie die Wahl. Es hat nie einen anderen gegeben, seit die Welt begonnen hat – immer mit Ausnahme dessen, der in allen Dingen den Vorrang hat. Wer hat jemals einen solchen Weg zum Thron beschritten? Einige sind zweifellos durch schwere Prüfungen gegangen; andere wussten, was es heißt, in ihrem Maß vonseiten innerer Feinde zu leiden, bis sie regierten, und danach vonseiten äußerer Feinde. Ich spreche jetzt nicht nur von denen, die Gott zu verschiedenen Zeiten zu dem besonderen Zweck auserwählt hat, über Israel zu herrschen. Doch sogar unter den Menschen ist das bekanntlich kein so ungewöhnlicher Vorgang. Ähnliches ist zu verschiedenen Zeiten und in fast allen Ländern geschehen; aber bei David war mehr als das. Es ist nicht nur so, dass derjenige, der dem König und dem Volk die größten Dienste erwiesen hatte, beiseitegesetzt und ohne jede gerechte Ursache unerbittlich verfolgt wurde. Die Wahrheit ist vielmehr, dass Gott es so fügte, dass er, der durch den Propheten auf sein eigenes Geheiß hin erwählt worden war und bereits die Salbung des Herrn hatte, für eine beträchtliche Zeitspanne zu dem ausdrücklichen Zweck erhalten werden sollte, die wertvollsten Qualitäten, die die Frucht seiner Gnade waren, hervorzubringen, so wie er nach feuriger Art geprüft und vor ganz Israel unter Beweis gestellt wurde, nicht so sehr in großen Taten als vielmehr in Abhängigkeit im Blick auf das offenbare Eingreifen der Fürsorge und Weisheit und Güte des Herrn.
Es gab noch eine andere Art und Weise, die wir beachten sollten, durch die David erprobt wurde, und ich glaube, dass sie noch schwieriger für das geistliche Urteil und von größerem Wert für Gott war – jene Feinheit der Rücksichtnahme, in der sein Herz in der Gegenwart seines schlimmsten Feindes geformt wurde, durch jemanden, der immer noch der König von Israel war, den er von allen Männern am meisten respektierte, nicht einmal mit Ausnahme Jonathans. Denn so wie in Davids Herz mehr Liebe war als in Jonathans, so hatte er, wie ich nicht bezweifle, sogar ein schärferes Bewusstsein für Treue und eine tiefere Rücksichtnahme auf das, was dem König gebührte. Und doch war Saul die ganze Zeit über ein dem Untergang geweihter Mann, und wie wir gesehen haben, war er, bevor David berufen wurde, erprobt und für untauglich befunden worden. Es wird deutlich werden, und die Schrift liefert dafür reichlich Beweise, dass Saul nach der Berufung Davids und seiner Bestimmung zum Thron von Seiten Gottes nicht mehr derselbe Mann war wie zuvor. Wir werden feststellen, dass er von dem Moment an, in dem Gott David für sich selbst bestimmt hatte, unter die Macht Satans geriet. Wir dürfen nicht als Regel oder Prinzip die Tatsache der verdorbenen Natur des Menschen auf der einen Seite mit der Macht Satans auf der anderen Seite verwechseln. Sie sind verschieden. Gleichzeitig ebnet das, was vom Menschen verdorben ist, immer den Weg für Satan, um einzudringen. Hier können wir jedoch das Wirken des Prinzips deutlich genug sehen. Wir werden auch feststellen, dass der Satan nicht nur von diesem Punkt aus eindringt, sondern dass er immer mehr Macht über Saul gewinnt. So wie Gott auf der einen Seite seinen Knecht David hervorhebt und seine Eignung für die große und ehrenvolle Aufgabe, zu der er berufen war, zeigt, indem er ihn ganz besonders vor sich selbst und in den Augen derer, die ihn lieben, zum Zeugen Christi als Leidenden wie auch als König macht, so gerät Saul auf der anderen Seite immer tiefer unter die Macht des Widersachers. Darauf wollen wir im jetzigen Vortrag ein wenig eingehen.
In diesem ersten Kapitel 16, in dem uns der Punkt der Veränderung vor Augen geführt wird, lesen wir: „Da nahm Samuel das Ölhorn und salbte ihn inmitten seiner Brüder. Und der Geist des Herrn geriet über David von diesem Tag an und weiterhin. Und Samuel machte sich auf und ging nach Rama. Aber der Geist des Herrn wich von Saul, und ein böser Geist von dem Herrn ängstigte ihn“ (V. 13.14). Es ist also klar, dass uns hier das schreckliche Gegenstück gezeigt wird, wenn der Geist des Herrn weicht und ein böser Geist den einen bedrängt, während auf dem anderen göttlicher Segen und Gunst ruhen. Dasselbe mag im Prinzip immer wahr sein; aber es wird sich in der Christenheit in einem gigantischen Ausmaß bestätigen, und die Zeit für diese Katastrophe kommt schnell heran. Denn nachdem das Fleisch lange Zeit das Zeugnis Gottes und die Gnade des Heiligen Geistes verachtet hat, wird es eine deutliche Veränderung geben, wenn die Macht des Satans von solcher Zurückhaltung befreit sein wird, die sie jetzt noch behindert (2Thes 2). Und in der Tat muss es immer so sein. Denn es ist unmöglich, dass der Satan in seiner vollen Kraft wirken kann, bevor nicht die volle Macht des Guten gekommen und, wie wir hinzufügen können, auch wieder verschwunden ist.
Daher war die Gegenwart unseres Herrn Jesus Christus, wie wir wissen, das Signal für einen gewaltigen Schritt in der Offenbarung der Macht des Teufels. Er wird nie „der Fürst der Welt“ oder „der Gott dieser Welt“ genannt, sondern erst nach dem Kommen unseres Herrn. Und so habe ich überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Wahrheit des Evangeliums und die Berufung der Versammlung Gottes dem Satan eine Gelegenheit geboten haben, nicht zu solchen Darstellungen dämonischer Aktivität, wie sie ihm, der die Kraft Gottes ist, gegenübersteht, sondern um das hervorzubringen, was für die Gegenwart sein Meisterstück an geistlicher Täuschung und giftigem Irrtum ist. Die Herrschaft der Verordnungen und Traditionen, die Anti-Kirche, verdankt ihre Idee der Kirche Gottes, aber natürlich verdorben, um Gott zu entehren und den Menschen zu zerstören; wie auch, wenn der Herr im Begriff ist, den Erstgeborenen in die Welt einzuführen, Satan, der genau weiß, was kommt, versuchen wird, im Antichristen vorzugreifen und so die Welt in seine endgültigen Täuschungen zu führen.
Es gibt eine Begebenheit am Ende des Kapitels, die sehr bedenkenswert ist und die ich für sehr lehrreich halte. Obwohl David noch kein einziges Zeichen vor den Menschen von dem gezeigt hatte, wozu er von Gott aus der Mitte seiner Brüder ausgesondert worden war, wird er dennoch für einen bemerkenswerten Dienst eingesetzt. Saul wurde, wie uns nun berichtet wird, von einem bösen Geist geplagt. „Und Saul sprach zu seinen Knechten: Erseht mir doch einen Mann, der gut spielen kann, und bringt ihn zu mir. Und einer von den Knaben antwortete und sprach: Siehe, ich habe einen Sohn Isais, des Bethlehemiters, gesehen, der zu spielen versteht, und er ist ein tapferer Held und ein Kriegsmann und der Rede verständig und ein schöner Mann, und der Herr ist mit ihm. Da sandte Saul Boten zu Isai und ließ ihm sagen: Sende deinen Sohn David zu mir, der beim Kleinvieh ist“ (V. 17–19). Dies ist der erste Gelegenheit, die den Gesalbten des Herrn in die Nähe Sauls bringt. Es scheint nur eine flüchtige Bekanntschaft gewesen zu sein, die mit dem König geschlossen wurde.