Behandelter Abschnitt 1Sam 6-10
Hanna bezeichnet sich als die Unfruchtbare und hat ihre eigenen Umstände vor Augen; aber die Sprache geht auch hier über ihre Erfahrung hinaus. Buchstäblich hat sie zwar nicht sieben geboren; aber wir sehen, wie weit der Geist Gottes sich mit ihr beschäftigt, deren Geburt alle anderen zum Glauben erweckt. Die „Sieben“ bedeutet eindeutig göttliche Vollkommenheit, die wir diesseits von Christus nie haben können.
Der Herr tötet und macht lebendig; er führt in den Scheol hinab und führt herauf. Der Herr macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht auch. Er hebt aus dem Staub empor den Geringen, aus dem Kot erhöht er den Armen, um sie sitzen zu lassen bei den Edlen; und den Thron der Ehre gibt er ihnen als Erbteil. Denn des Herrn sind die Säulen der Erde, und auf sie hat er den Erdkreis gestellt. Die Füße seiner Frommen bewahrt er, aber die Gottlosen verstummen in Finsternis; denn nicht durch Stärke hat der Mensch die Oberhand. Der Herr – es werden zerschmettert werden, die mit ihm hadern; über ihnen im Himmel wird er donnern. Der Herr wird richten die Enden der Erde und Macht verleihen seinem König und erhöhen das Horn seines Gesalbten (V. 6–10).
Für die geistliche Einsicht ist es klar, dass der Geist Gottes hier weit über das Kind Hannas hinausgeht. Samuel sollte unter den Priestern sein; er war nicht für den Thron bestimmt. Aber wenn er es gewesen wäre, dann gibt es hier eine Kraft und eine Höhe der Bestimmung, die weit über einen gewöhnlichen Herrscher hinausgeht. In der Tat kann nichts außer Christus dem entsprechen, was der Geist Gottes hier im Sinn hat. „Die Füße seiner Frommen bewahrt Er, aber die Gottlosen verstummen in Finsternis; denn nicht durch Stärke hat der Mensch die Oberhand“ (V. 9). Hanna hatte ihre Lektion von Gott gelernt; aber die Lektion sollte noch auf eine noch eindrucksvollere und umfassendere Weise gelehrt werden, die niemals vergessen werden sollte. „Der Herr – es werden zerschmettert werden, die mit ihm hadern; über ihnen im Himmel wird er donnern“ (V. 10a). Es ist klar, dass dies auf einen größeren Tag vorausblickt, sogar auf den Tag des Herrn selbst. „Der Herr wird richten die Enden der Erde und Macht verleihen seinem König und erhöhen das Horn seines Gesalbten“ (V. 10b). Nur Christus kann das erfüllen, was alle Worte erfordern.
Außerdem haben wir hier den Schlüssel zu den Büchern, auf die wir eingehen: Sie sind die Einführung des Königs. Es ist jetzt nicht der Priester, sondern der König nach dem Ratschluss Gottes. So wie bisher der Hohepriester das große Zentrum des ganzen levitischen Systems war, so muss es von nun an der König sein. Aber wir werden sehen, warum der Heilige Geist hier moralisch den König einführt. Wir haben nur eine kleine Vorbereitung darauf; aber es gibt noch viel mehr vorzustellen. Es ist verhältnismäßig spät im Buch, dass wir den wahren König sogar im Vorbild finden; aber hier zeigt uns der Geist Gottes, dass der Geist Gottes eine solche Persönlichkeit vor Augen hatte, was auch immer die Schuld des Volkes an einem König ihren eigenen Augen und in ihrem Eigenwillen sein mag.
Danach eröffnet sich uns ein weiter Blick. Es ist jetzt nicht Eli in seiner Schwachheit, sondern seine Söhne in ihrem gottlosen Wandel und ihrer unzüchtigen Entweihung des Namens des Herrn. Eli fürchtete den Herrn; aber er kannte gewiss nicht jenen ruhigen Sinn für die Gegenwart Gottes, der jemand befähigt, entsprechend zu urteilen. Das wurde uns im ersten Kapitel deutlich vor Augen geführt. Was ist mit seinen Söhnen? Sie waren Söhne Belials; sie kannten den Herrn nicht. So war es nun auch in Israel, dem auserwählten Volk Gottes. Diejenigen, die dazu ausersehen waren, Gott dem Volk und das Volk Gott vorzustellen, waren nun Söhne Belials.
Ich will mich nicht bei dem melancholischen Bild aufhalten, das der Geist Gottes hier als Beweis dafür anfügt; mit der intensiven Selbstsucht dieser Menschen, die das Opfer des Herrn verächtlich machten; mit ihrer noch schlimmeren Ungerechtigkeit vor dem Herrn, die das Volk dazu brachte, sein Opfer nicht nur zu verachten, sondern zu verabscheuen. Aber der Heilige Geist zeigt uns neben diesem erschreckenden Bild der Bosheit der Priesterschaft in Israel nun Samuel, der vor dem Herrn dient, ein Knabe, der mit einem leinenen Ephod umgürtet ist, und auch die Eltern werden gesegnet. So hat Hanna, wenn sie auch nicht das hatte, wovon sie prophetisch sprach – sieben Söhne –, so hat sie doch auf jeden Fall drei Söhne und außerdem zwei Töchter. Die Fülle, die Vollkommenheit, wird Christus nie fehlen. „Und Eli war sehr alt; und er hörte alles, was seine Söhne ganz Israel taten“ (V. 22) in ihrer Ungerechtigkeit mit nur schwacher, vergeblicher Gegenrede. „Und der Knabe Samuel wurde immer größer und angenehmer, sowohl bei dem Herrn als auch bei den Menschen“ (V. 26). Und nun kommt ein Zeugnis; denn Gott richtet nie ohne eine Warnung. „Und es kam ein Mann Gottes zu Eli und sprach zu ihm: So spricht der Herr: Habe ich mich dem Haus deines Vaters nicht deutlich offenbart, als sie in Ägypten waren im Haus des Pharaos? Und ich habe ihn aus allen Stämmen Israels mir zum Priester erwählt, um auf meinem Altar zu opfern, um Räucherwerk zu räuchern, um das Ephod vor mir zu tragen; und ich gab dem Haus deines Vaters alle Feueropfer der Kinder Israel?“ (V. 27.28). So war es. Eli war der Vertreter als Hohepriester in Israel. „Warum tretet ihr mit Füßen mein Schlachtopfer und mein Speisopfer, die ich in der Wohnung geboten habe?“ (V. 29a). Kann es Eli gewesen sein? Es war wirklich so. Denn Gott richtet nicht nach dem Äußeren. Warum war sein Bemühen so schwach, die Ehre Gottes in seinen Kindern zu erhalten? Warum schlug seine Ermahnung so entschieden fehl? Der Anlass war ernst, die Sünde schreiend, und Eli wusste es genau. Leider hat er seinen Söhnen nachgegeben.
Es ist eine ernste Sache, dies von einem Gläubigen, wie Eli es war, zu sagen: „Und du ehrst deine Söhne mehr als mich, dass ihr euch mästet von den Erstlingen aller Opfergaben Israels, meines Volkes. Darum spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe allerdings gesagt: Dein Haus und das Haus deines Vaters sollen vor mir wandeln in Ewigkeit; aber nun spricht der Herr: Fern sei es von mir! Denn die, die mich ehren, werde ich ehren, und die, die mich verachten, werden geringgeachtet werden. Siehe, Tage kommen, da werde ich deinen Arm und den Arm des Hauses deines Vaters abhauen, dass es keinen Greis mehr in deinem Haus geben wird. Und du wirst einen Bedränger in der Wohnung sehen, in allem, was er Gutes tun wird an Israel; und es wird keinen Greis mehr in deinem Haus geben alle Tage. Und der Mann, den ich dir nicht ausrotten werde von meinem Altar, wird zum Erlöschen deiner Augen und zum Verschmachten deiner Seele sein; und aller Nachwuchs deines Hauses, sie sollen als Männer sterben. Und dies soll dir das Zeichen sein, das über deine beiden Söhne kommen wird, über Hophni und Pinehas: An einem Tag sollen sie beide sterben“ (V. 29b–34).
Nun beachte die Worte, die uns in den Plan Gottes einweihen. „Und ich werde mir einen treuen Priester erwecken, der wird tun, wie es in meinem Herzen und in meiner Seele ist“ (V. 35); denn Eli gehörte nicht zu dem Zweig des Priestertums, mit dem der Herr einen ewigen Bund geschlossen hatte. Es sei daran erinnert, dass von den beiden überlebenden Söhnen Aarons einer von ihnen für das ewige Priestertum auserwählt war; aber, wie üblich in den Wegen Gottes, schien das Fleisch über den Geist zu siegen, und der, der die Verheißung des ewigen Bundes nicht hatte, nutzte den anderen aus, der sie hatte. Die Linie des Pinehas sank für eine Weile in einen Schwebezustand. Sein Bruder trat mit verschiedenen Nachfolgern hervor. Jetzt, da Eli und seine Söhne das Opfer des Herrn als anstößig empfanden, tritt das Gericht des Herrn in Kraft: Der Zweig des Pinehas kehrt an den Platz zurück, den Gott ihm Hunderte von Jahren zuvor bestimmt und gegeben hatte.
Es gibt wenige Dinge in der Schrift, die lehrreicher und ihr eigentümlicher sind, als die Art und Weise, in der einerseits dem moralischen Bösen erlaubt wird, sich seinen Weg zu bahnen, und andererseits eine Verheißung gegeben wird, wie hier, wegen des Eifers für seinen Namen, bevor die moralische Ungerechtigkeit eintrat, die Gottes Gericht über die Schuldigen bringt. Dann erfüllt Er seine Verheißung zur gleichen Zeit, in der Er die Ungerechtigkeit derer richtet, die den Platz eines Segens eingenommen hatten, der ihnen nicht zustand. Das wird man in den offenbarten Handlungen Gottes oft finden. Wenn sein eigenes Wort nicht anders kann, als durch seine Gnade verwirklicht zu werden, so ist gleichzeitig Satan nicht untätig, bis Christus regiert und seine Bemühungen und die jedes Werkzeugs, das sich gegen seinen Willen erheben mag, richtet. So werden die beiden Dinge vom Herrn in seiner eigenen vollkommenen Weisheit und Güte vollbracht.
Aber es gibt noch viel mehr als das, was wir hier wohl beachten sollten. „Und ich werde mir einen treuen Priester erwecken, der wird tun, wie es in meinem Herzen und in meiner Seele ist“ (V. 35a). Wir wissen, dass Gott ihn ganz unabhängig von dieser traurigen und demütigenden Geschichte schon lange vorher vorgesehen hatte: „und ich werde ihm ein beständiges Haus bauen, und er wird vor meinem Gesalbten wandeln alle Tage“ (V. 35b). Dies ist nun äußerst auffällig. Wir haben in Vers 10 gesehen, wie der Gesalbte zum ersten Mal erwähnt wurde, der eindeutig der König war. Nun haben wir die weitere Andeutung, dass der treue Priester vor dem Gesalbten Gottes wandeln würde. In den frühen Büchern des Gesetzes wäre eine solche Sprache wie diese völlig unverständlich gewesen. Der Grund dafür ist klar. Im Gesetz bezeichnet der Gesalbte immer den Hohenpriester. Jetzt, zum ersten Mal in Gottes Umgang mit Israel, ist sein Gesalbter oder der Gesalbte nicht der Hohepriester, sondern eine größere Persönlichkeit, vor der der Hohepriester zu wandeln hat.
Kurz gesagt, der Hohepriester ist nicht mehr das unmittelbare Bindeglied zu Gott, sondern erhält eine Nebenrolle, da es einen anderen Gesalbten gibt, der größer ist als er. Wer kann das sein? Es ist der König, in voller Absicht der Messias, der Herr Jesus im Verhältnis zu Israel. Dieser Gesalbte tritt daher immer mehr in den Vordergrund, während nicht nur das Volk, sondern auch die Priesterschaft in den traurigen, aber gerechten Platz der moralischen Zensur und des göttlichen Gerichts sinkt, das noch nicht vollzogen, aber ausgesprochen ist. Und so, geliebte Freunde, ist es immer, und wir dürfen uns nie damit zufriedengeben, in der Schrift einfach nur Urteile zu finden. Ich glaube, das ist der Grund, warum das Studium der Prophetie oft so unergiebig ist. Sicherlich würde kein Gläubiger sagen, dass die Prophetie an sich, wenn sie im Heiligen Geist studiert und nachverfolgt wird, etwas anderes als erbaulich sein sollte oder sein könnte. Warum ist dann das Studium der Prophetie so oft eine Sache, die die Quellen der christlichen Zuneigung eher austrocknet, während sie dem Verstand, dem Intellekt, der Phantasie und der Vorstellungskraft Raum gibt? Der Grund ist einfach. Erstens ist sie von ihren moralischen Wurzeln losgelöst, und die Heilige Schrift gibt im Gegenteil die Prophetie nie anders als Gottes Umgang mit den moralischen Wegen des Menschen. Aber der größte aller Gründe, warum sie aufhört, nützlich zu sein, ist der, dass sie nicht nur von dem, was moralisch ist, sondern auch von dem großen göttlichen Gegenstand, Christus selbst, abgetrennt ist.
Auf der anderen Seite hat die Prophetie, wenn sie so verstanden wird, wie Gott sie gibt, einen gesegneten Platz, wenn auch nicht den höchsten in der Heiligen Schrift. Nehmen wir den Fall, der vor uns liegt. Das Neue Testament spricht, wie wir wissen, besonders von der Prophetie, die mit Samuel beginnt. Damit ist nicht gemeint, dass es vor Samuel keine Prophetie gegeben hätte, denn die gab es eindeutig; und auch nicht, dass die vollste Offenbarung des Geistes durch die Prophetie in Samuels Tagen stattfand, denn das war wesentlich später. Dennoch weist die Schrift besonders auf Samuel in dieser Hinsicht hin. Apostelgeschichte 3,24 ist ein Beweis dafür, wo der Apostel Petrus seinen Namen gerade in diesem Zusammenhang nennt. Er sagt dort, dass alle Propheten von Samuel an und die, die nach ihm kamen, ebenso von diesen Tagen geweissagt haben.
Warum „von Samuel an“? Was war die große Besonderheit, und worin lag, wie schon angedeutet, der moralische Grund, warum der Geist Gottes es mit dieser Stelle von Samuel in Verbindung bringt? Das Volk hatte schon lange vorher völlig versagt. Die Priester zeigten nun ebenso ein offensichtliches Versagen. Was war also zu tun, wenn das Volk Israel und die Priester gleichermaßen versagt hatten? Und welches Versagen könnte vollständiger sein als das, was dieses Kapitel soeben gezeigt und ausgesprochen hat? Was blieb zu tun? Es gibt keinen Heiligeren als den Herrn. Er ist jemand, der niemals versagt. Aber wie handelt Er? Samuel und die darauf folgenden Propheten sind genau die Zeit, in der die Ankündigung seines Gesalbten als König zum ersten Mal an Israel erfolgt. Hier wird von dem König gesprochen, nicht mehr undeutlich, nicht mehr nur unter dem Namen Schilo, nicht mehr unter der Gestalt eines Löwen und so weiter (1Mo 49). Jetzt kommt der Psalm mit dem gesalbten Königs zum Vorschein, mit einem treuen Priester, der für immer vor Ihm wandelt.
Im weiteren Verlauf des Buches wird die enorme Bedeutung dieser Wahrheit aufgezeigt werden; aber es genügt, zunächst die Verbindung mit Samuel festzustellen und den Grund, warum der Geist ihn zum Beginn der Epoche der Prophetie macht. Er war eigentlich ein Levit, der als solcher mit dem Dienst Gottes im Tempel zu tun hatte; doch dass er zu einer höheren Aufgabe berufen war, geht aus Samuel und den Propheten, die nach ihm kamen hervor (Apg 3,24). Hier war die große Krise, als das Priestertum offenkundig das Mittel war, die Ungerechtigkeit des Volkes zu vergrößern, anstatt den Niedergang Israels aufzuhalten. Daraufhin führt Gott etwas anderes und Besseres ein, indem Er auf den gesalbten König hinweist – den Gesalbten in einem anderen und höheren Sinn, vor dem der Priester einen untergeordneten Platz einnehmen muss. Dies ist die bemerkenswerte Einleitung des Buches.
1Sam 3,1
Behandelter Abschnitt 1Sam 3
Im diesem nächsten Kapitel, über das wir jetzt nicht viele Worte verlieren wollen, wird Samuel vorgestellt und gezeigt, dass er für eine höchst bedeutende Stellung als Herold des sich vollziehenden Wandels vorgesehen ist. Er sollte das Zwischenglied bei der Vorbereitung des Weges sein. Wenn der König kommen sollte, gab es einen Vorläufer. Vor der Ankunft des Messias bereitete Johannes der Täufer den Weg vor. So steht Samuel in diesem Buch in einer ähnlichen Beziehung zum König. In diesen Tagen war das Wort des Herrn selten (V. 3). Es gab keine offene Vision. Elis „Augen aber hatten begonnen, schwach zu werden, er konnte nicht sehen“ (V. 2) – wie wahr in mehrfacher Hinsicht! „und die Lampe Gottes war noch nicht erloschen, und Samuel lag im Tempel des Herrn, wo die Lade Gottes war, da rief der Herr Samuel“ (V. 3.4). Er rief ihn immer wieder, so dass Eli den Jungen belehrt, wessen Stimme es war, und er erkennt, dass es der Herr war. Und dann folgt das schreckliche Gericht, das das Kind hören musste und das mit Sicherheit zu einem nicht allzu fernen Zeitpunkt ausgeführt wurde.