Behandelter Abschnitt Off 6,9-10
Das fünfte Siegel
Und als es das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die geschlachtet worden waren um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, das sie hatten. Und sie riefen mit lauter Stimme und sprachen: Bis wann, o Herrscher, der du heilig und wahrhaftig bist, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen? (6,9.10).
Die nächste Szene, unter dem fünften Siegel, ist sehr bemerkenswert. Die lebendigen Wesen rufen hier nicht „Komm!“38, dieser Ruf war nur mit äußeren Gerichten in der Vorsehung verbunden. Aber jetzt haben wir eine Reihe von Ereignissen, die etwas anders sind. Das fünfte Siegel zeigt, dass Gott wieder ein Volk auf der Erde hat. Wer sind diese, die jetzt leiden? Der Prophet sieht ihre Seelen unter dem Altar, wo sie als Ganzopfer (holocaustum) geopfert werden. Obwohl sie tot sind, reden sie doch. Sie wurden um des Wortes Gottes willen und um ihres Zeugnisses willen geschlachtet. Der Mensch kann ihnen danach nichts mehr antun. Sie rufen nach Vergeltung. Nachdem der Herr nämlich seine himmlischen Heiligen heimgeholt hat, wird Er anfangen, die irdischen zu rufen. Sie werden natürlich nicht durch einen anderen Geist wiedergeboren werden, aber sie werden auf einen anderen Weg gerufen werden und werden Gott nicht in der gleichen völligen Weise und Nähe kennen, in der Er sich uns jetzt offenbart, und wie wir Ihn kennen sollten. Diese Gläubigen werden „den Geist der Weissagung“ haben. Das war die Art und Weise, wie der Heilige Geist in den Gläubigen des Alten Testaments wirkte. Die Wirkung des Geistes der Weissagung war, dass sie auf Christus warteten, um die Verheißung und die Prophezeiung zu erfüllen. So werden auch diese Gläubigen auf Christus warten, der in Herrlichkeit erscheint. Alle ihre Hoffnungen gründen sich auf Ihn, der ihr Erlöser aus Umständen übergroßer Leiden sein wird.
Wir erwarten Christus nicht so für uns. Wir haben jetzt Ruhe in Ihm. Obwohl wir durchaus auf die Ankunft Christi warten, haben wir gegenwärtig Gemeinschaft mit Ihm in Frieden und das Vorrecht, uns immer an Ihm zu erfreuen, ob wir nun „geschlachtet“ sind oder nicht. Es passt nicht zu Christen, dass sie, wenn sie verfolgt werden, sagen: „Bis wann, o Herrscher, der du heilig und wahrhaftig bist, richtest und rächst du nicht unser Blut?“ Stephanus „rief mit lauter Stimme: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu“ (Apg 7,60). Dies ist auch das einzig richtige und angemessene Gebet für die Gläubigen der himmlischen Berufung.
38 Es mag gut sein, in dieser Anmerkung meine Meinung zu erwähnen, dass die Worte „und siehe“ (die nach dem gewöhnlichen Text und der Autorisierten Version dem „Komm“ im Ruf der vier lebenden Wesen folgen) eine Zufügung zu sein scheinen. Im Fall des zweiten (6,3) gibt es unter den Textkritikern nicht die geringste Meinungsverschiedenheit; aber merkwürdigerweise halten Griesbach und Scholz in den letzten beiden Fällen den gewöhnlichen Sinn aufrecht, und im ersten Fall von allen, Knapp zusammen mit ihnen. Buttmann, Hahn, Lachmann, Tischendorf und Tregelles lassen die Worte einheitlich weg, und, wie ich meine, zu Recht. Der Unterschied in der Auslegung wäre Folgender: So wie der Text steht, handelt es sich um einen Ruf der einzelnen lebendigen Wesen an Johannes; wenn sie aber nur „Komm!“ rufen, scheint es eine direkte Aufforderung an die Reiter auf den verschiedenen Pferden zu sein, die dementsprechend auf ihre Aufforderung hin hervorkommen. Die Verbindung der lebendigen Wesen mit dem Handeln der Reiter in der Vorsehung wird durch diese kleine Änderung klarer und stärker hervorgehoben. Außerdem schließt sie solche Bemerkungen wie die von Mr. A. Jenour in seinem Rationale Apocalypticum, Bd. i. S. 214–217, völlig aus. Dass ἔρχου sich auf Kapitel 22,17.22 bezieht und das Seufzen der Schöpfung oder ein Gebet für das Kommen Christi bedeutet, ist völlig falsch. Warum sollte irgendetwas davon „mit einer Donnerstimme“ geschehen? Dass der Ruf der göttlichen Vorsehung so zu hören sein soll, ist natürlich.↩︎