Behandelter Abschnitt 1Pet 2,9-10
Es ist auch nicht nur so, dass die Christen jetzt ein geistliches Haus, eine heilige Priesterschaft sind; und das nicht als bloße Bezeichnung, sondern sie bringen geistliche Opfer dar, die Gott wohlangenehm sind durch Jesus Christus. Sie stehen im krassen Gegensatz zu denen, die über das Wort stolpern, den Ungehorsamen. Die Rolle des gesegneten Vorrechts ist hier so weit entfaltet.
Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Tugenden dessen verkündigt, der euch berufen hat aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; die ihr einst „nicht ein Volk“ wart, jetzt aber ein Volk Gottes seid; die ihr „nicht Barmherzigkeit empfangen hattet“, jetzt aber Barmherzigkeit empfangen habt (2,9.10).
Als heilige Priesterschaft richtet sich die Übung des Herzens durch den Glauben auf den Gott, der uns durch seine Gnade in Christus zu sich gebracht hat und uns durch sein Blut in gerechter Weise nahe bringen konnte. Wir nähern uns also nach innen und bringen Gott durch Jesus Christus geistliche Opfer dar, die annehmbar sind. Was die Söhne Aarons im Heiligtum auf eine materiellen Art taten, die ihren ganzen Wert daraus bezog, dass sie ein Schatten Christi und seiner Annahme bei Gott als ein lieblicher und beständiger Geruch der Ruhe war, dazu werden die Gläubigen jetzt ermahnt. Der Hebräerbrief drückt es so aus: „Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen“ (Heb 13,15). Kann es ein höheres oder innigeres Vorrecht geben, als in seiner Gegenwart zu sein, im Licht zu wandeln, wie Er ist, befreit von dem Egoismus, der in die Abweichung des eigenen Willens ausbricht, und gereinigt durch das Blut, das jede Sünde auslöscht? Den Vater, den einzig wahren Gott, anzubeten? Unseren Dank auszuschütten für all die Gnade, die bis zu uns gelangt ist? Ihn im Geist mit allen Gläubigen zu preisen für alles, was Er ist und getan hat und uns gegeben hat, um es zu empfangen und zu erkennen?
Christus ist der Grund und der Inhalt von allem, und daher ohne Trübung oder Veränderung, und der Heilige Geist wurde gegeben, damit eine göttliche Kraft und ein göttlicher Charakter in den Gefäßen sei, obwohl sie noch irdisch sind. Dies ist eine wunderbare Annäherung an die ewige Anbetung, die im Himmel und während der ganzen Ewigkeit sein wird; aber wir besitzen sie jetzt schon und sind bereits dazu eingeladen, nicht nur als Bezeichnung, sondern als freudige Beschäftigung, besonders als zu seinem Namen versammelt. Sie wird am Tag der Herrlichkeit, dem wir entgegensehen, vollkommen unbeschmutzt sein; aber es steht uns gut an, uns hier daran zu erfreuen, da das Licht und die Liebe und die bekannte Vollendung jenes Werkes, das die Glückseligkeit aller zur Herrlichkeit Gottes garantiert, bereits unser ist, und Christus uns in jener Herrlichkeit als der vollste Zeuge und das Unterpfand dafür offenbart wird, dass es unser Teil ist.
Niemals sollten wir die Anbetung mit dem Dienst des Wortes verwechseln. So kostbar dieser auch ist, so ist er doch nur das Mittel, uns die Wahrheit zu mitzuteilen, die, vom Geist empfangen wird und uns zum Lob und zur Anbetung unseres Gottes befähigt. Es ist eher der Dienst des Leviten als das Hinzutreten und die Opfergabe des Priesters. Aber keine Mitteilung des Segens Gottes an unseren Glauben, so wesentlich sie auch als Grundlage sein mag, hat dasselbe Wesen, denselben Charakter und dieselbe Wirkung wie der Gottesdienst; denn dieser ist die Rückkehr des Herzens, wenn es von sich selbst befreit und durch seinen Geist gestärkt ist, um unseren Dank und unser Lob in der Gemeinschaft mit allen Gläubigen darzubringen, Gott wohlgefällig durch den Heiland.
Doch das ist nicht alles. Die Gläubigen werden auch von einer anderen Seite her betrachtet. Sie, und nur sie, sind „ein auserwähltes Geschlecht“, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als sich das auserwählte Volk mehr denn je als schuldig an seinem eigenen Verderben erwiesen hatte. An einen Überrest der Juden ist dieses Wort in erster Linie gerichtet; nicht als ob es nicht für alle, die glauben, gelten würde, sondern damit die getröstet werden, die vor jenem verkehrten Geschlecht gerettet wurden, über dem ein neues Gericht schwebte, das sie erneut und mehr denn je zerstreuen sollte. Wenn Israels Platz für eine Zeit verwirkt war, erhält der gläubige Überrest den Segen und wird zum „auserwählten Geschlecht“ erklärt. Die Unterscheidung hat im Christentum einen höheren und persönlicheren Charakter bekommen.
Sie waren „eine königliche Priesterschaft“ (was das aaronitische nicht war), sondern eher nach dem Muster Melchisedeks in seiner Entfaltung des Segens. An dem Tag, der kommen wird, wird Er dieses Priestertum ausüben, indem Er als Priester auf seinem Thron sitzt, anstatt uns zu tragen, wie Er es jetzt innerhalb des Vorhangs tut. In der Zwischenzeit sollen die Seinen schon jetzt eine königliche Priesterschaft sein, um sein Lob zu verkünden vor dem Tag seiner Macht. Es geht natürlich nicht darum, den Verlorenen das Evangelium zu predigen, damit sie gerettet werden, sondern seine Tugenden oder Vorzüge zu verkünden, als unser Zeugnis für Ihn, der allein würdig ist und von Gott in die Höhe erhoben wird.
Dann wieder sind sie „eine heilige Nation“, obwohl das Volk Israel, das es hätte sein sollen, bis zum Äußersten vom Bösen geprägt war, nicht nur vom Götzendienst, sondern von der Verachtung des Heiligen Gottes, des Messias. Hatten sie nicht in ihrem blinden und wahnsinnigen Hass geschrien: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“? Der Überrest hingegen, der Ihn besaß und in seinem Blut von seinen Sünden reingewaschen wurde, war nun „eine heilige Nation“, die in seinem Namen angenommen wurde.
Schließlich waren sie „ein Volk zum Besitztum“. Wenn Gott moralisch verpflichtet war, das Volk, das sich dem Heiligen Geist immer wieder widersetzte, wie es seine Väter getan hatten, auf Dauer zu verwerfen, so wurden diejenigen von ihnen, die an Christus glaubten, „ein Volk zum Besitztum“. Sie waren umso wertvoller, als ihr Glaube die vielfältigen Hindernisse durchbrach, mit denen Unglaube, Stolz und Finsternis das jüdische Volk durch Gericht umgaben. So wenige sie auch waren, verglichen mit der ins Verderben eilenden Masse, so waren sie doch „ein Volk zum Besitztum“ für Gott: „damit ihr die Tugenden dessen verkündigt, der euch berufen hat aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht“.
Das ist die Stellung der Christen hier auf der Erde. Nach und nach wird Israel den Platz in Macht und Herrlichkeit vor allen Völkern einnehmen, wenn die Blinden sehen und die Tauben hören durch den verworfenen Messias, dem Herrn, Herrn, dem einzigen Retter. Dann wird deutlich werden: „Dieses Volk, das ich mir gebildet habe, sie sollen meinen Ruhm erzählen“ (Jes 43,21). Und die Menschen werden vom Aufgang der Sonne und vom Abend her wissen, dass es keinen anderen gibt als Ihn, der der Herr ist, und keinen anderen; und die Himmel von oben und die Lüfte werden Gerechtigkeit herabgießen, und die Erde wird sich öffnen und Heil hervorbringen, und Gerechtigkeit wird aus ihr hervorgehen. Aber auch jetzt, wo der verworfene Christus auf dem Thron des Vaters sitzt und der Geist ausgesandt wird, um Ihn in einer Welt der Finsternis und der Rebellion gegen Gott auf geistliche Weise zu verherrlichen, sollen die, die sich zu Christus bekennen, seine Tugenden verkünden. Und das dürfen sie auch; denn Er hat sie aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen. Wenn diese schweigen würden, wie Er sagte, würden die Steine schreien. Sie waren einst so dunkel wie alle anderen. So waren alle, die jetzt glauben, selbst Finsternis, wie der Apostel Paulus an die Epheser schrieb, aber jetzt Licht im Herrn sind. Und wahrlich, das Licht ist wunderbar, zu dem Er uns berufen hat, Er selbst ist das wahre Licht, das niemals trügt und niemals dunkel wird. Obwohl es noch nicht aufgegangen ist, um über Zion zu leuchten, wie es sicherlich kommen wird, ist es in unseren Herzen, die glauben, aufgegangen, das Licht der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi. Jetzt ist es nur vom Himmel und für den Himmel, während wir auf Ihn warten. Aber Er wird wiederkommen und in offenkundigem und unanfechtbarem Licht für Zion und das reuige Israel erscheinen; und die Erde, die noch von Finsternis bedeckt ist, wird voll der Erkenntnis des Herrn und seiner Herrlichkeit erfüllt sein, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken werden (Jes 11,9).
In der Zwischenzeit werden die, die er aus den Juden herausgerufen hat, durch die Gewissheit getröstet, dass in Christus alles, was ihnen zustehen kann, wenn sie jetzt im Glauben und nicht im Schauen wandeln, ihr sicheres Teil ist. Das Versagen der Grundlage (ihr eigener Gehorsam), das in 2. Mose 19,5.6; 24,3-7 beschrieben wird, gefährdet nicht die, die glauben. Christus, der für ihren Ungehorsam litt, befestigte, was nicht fallen konnte. Ihr Glaube ruht auf Ihm, nicht auf ihnen selbst; wer an Ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden; und sie haben an Ihn geglaubt, der alles für die Schwächsten garantiert, was sein ist. Daher nehmen sie Hosea 2,25 vorweg, bevor es für Israel Wirklichkeit werden kann, wie Vers 10 eindeutig beweist. Sie sind berechtigt, sich jetzt die Worte des Propheten anzueignen. Es gebührt Christus, den Gott mit Freuden ehrt.
Doch es ist interessant und lehrreich zu sehen, dass Paulus, der sowohl an die Juden als auch an die gläubigen Heiden schreibt, Hosea 2,1 nicht weniger als 2,25 zitiert, während Petrus, der an die gläubigen Juden in der Zerstreuung schreibt, nicht über Letzteres hinausgeht. Jeder inspirierte Schreiber wurde von Gott für das göttliche Ziel, das er im Auge hatte, vollkommen geleitet. Das ist Wiesinger völlig entgangen, und Alford, der seinen Irrtum unterstützt, verwechselt die beiden Wahrheiten und zerstört damit eine Unterscheidung, die für die geistliche Einsicht von großer Bedeutung ist. Das einstige „nicht ein Volk“ war nun Gottes Volk; die nicht Barmherzigkeit empfangen hatten, in ihrem erneuerten Zustand, der das Vollkommene in sich schließt, wurden nun bemitleidet. Wie wahrhaftig groß ist nun seine Barmherzigkeit! Und es ist gut und heilsam für uns, beständig zu empfinden, dass wir am Tag der Versuchung in der Wüste nichts weniger brauchen. So erinnert der Apostel Paulus die gläubigen Hebräer am Ende von 1. Petrus 4 daran. In der Tat ist es das, was das Priestertum Jesu beständig in sich schließt. Alle Gläubigen sollten sein Mitgefühl und Gottes Barmherzigkeit während ihres gesamten irdischen Weges in Ehren halten.