Behandelter Abschnitt Jak 5,19-20
Es ist der praktische Glaube, der hier angemahnt wurde, der Glaube, der im kräftigen Gebet ausgeübt wird. Der Brief schließt nicht ohne die aktive Liebe zu betonen, und zwar in offenkundigem Zusammenhang.
Meine Brüder, wenn jemand unter euch von der Wahrheit abirrt, und es führt ihn jemand zurück, so wisse er, dass der, der einen Sünder von der Verirrung seines Weges zurückführt, eine Seele vom Tod erretten und eine Menge von Sünden bedecken wird (5,19.20).
Eins der traurigsten Ergebnisse der geistlichen Schwäche unter Christen ist die Seltenheit der Wiederherstellung. Zucht, sogar in extremem Maß, ist unserem Herrn, der sich geopfert hat (1Kor 5,7.8), nicht weniger schuldig als im besten Interesse der Gläubigen erforderlich. Denn wahre Liebe zu unseren Brüdern ist untrennbar mit der Liebe zu Gott und dem Halten seiner Gebote verbunden (1Joh 5,1.2). Aber unser Gott bezeugt oft und deutlich und nachdrücklich seine tiefe Sorge in Bezug auf die Wiederherstellung der Verirrten und Gefallenen, wo die Selbstgerechtigkeit ihre Bitterkeit und Gleichgültigkeit zeigt. Eifer für die Glaubwürdigkeit einer Sekte oder Partei und die Sorge, moralisch gut dazustehen, sind so weit wie möglich von der Liebe entfernt, die wir dem Leib Christi und jedem seiner Glieder schulden.
Denn wir werden ermahnt, einander zu vergeben (oder: Gnade zu erweisen), wie auch Gott in Christus uns vergeben hat (Eph 4,32); ja, Nachahmer Gottes zu sein als geliebte Kinder, und in der Liebe zu wandeln, wie auch Christus uns geliebt und sich für uns hingegeben hat. Diese göttliche Liebe aber soll uns wappnen gegen die Gemeinschaft mit den Wegen der Finsternis; denn wir sind Licht in dem Herrn und sollen als Kinder des Lichts wandeln, denn die Frucht des Lichts besteht in aller Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit (Eph 5,7-9). Daher sollen die Geistlichen in einem Geist der Sanftmut den wiederherzustellen suchen, der in irgendeinen Fehler verwickelt ist, „wobei du auf dich selbst siehst, dass nicht auch du versucht werdest“ (Gal 6,1). Härte ist eines Christen unwürdig. „Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht, und wenn er es bereut, so vergib ihm. Und wenn er siebenmal am Tag gegen dich sündigt und siebenmal zu dir umkehrt und spricht: Ich bereue es, so sollst du ihm vergeben“ (Lk 17,3.4).
Wenn also hier jemand den, der sich geirrt hat oder von der Wahrheit abgeirrt ist, zurückbringt, soll er wissen, dass bei einer solchen Genesung der, der ihn von seinem Irrweg zurückgebracht hat, eine Seele vom Tod errettet. Hier ist es nicht eine besondere Antwort auf das Gebet des Glaubens, sondern ein reicher Jubel für die Liebe, die den Irrenden suchte und gewann. Die Heilung und Zurechtbringung eines Kranken als Frucht des Gebetes mag mehr ins Auge fallen; aber wie gesegnet ist es, eine Seele vom Tod zu erretten! So würde unser Gott uns zu einer Gesinnung der Gnade ermutigen in dem dankbaren Wissen, dass die Liebe ihre Siege hat in einer Welt des Egoismus und des Hasses und des Bösen; und dies nicht nur in Bezug auf den, der von der Wahrheit und ihrem Weg abgewichen ist, sondern indem er Gelegenheit gibt, für das, was Gott in seiner Regierung so wohlgefällig ist – eine Menge von Sünden zu bedecken. Wenn die Liebe nicht betätigt wird, vermehrt sich das Unrecht, und Gott züchtigt, mag es auch streng sein; denn wo ist Christus in einem solchen Fall? Wenn aber die Liebe durch seine Gnade vorherrscht, wird Gott verherrlicht, und die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden, die sonst seine Zurechtweisung nach sich ziehen müssen.