Behandelter Abschnitt Jak 2,12-13
Unser Brief dringt nicht in solche Tiefen ein und erhebt sich auch nicht zu solchen Höhen, wie sie dem großen Apostel der Unbeschnittenheit, dem Diener der Versammlung, nicht weniger als des Evangeliums, wie er sich in Kolosser 1 bezeichnet, gegeben wurden. Aber es ist nicht weniger von Gott inspiriert, nicht weniger notwendig für den Menschen, um das bloße Bekenntnis dort zu prüfen, wo es am üppigsten und gefährlichsten war, den wahren Charakter jenes Gesetzes zu behaupten, das ein Dienst des Todes und der Verurteilung für die Schuldigen sein muss, und auf „einem Gesetz der Freiheit“ zu bestehen, das genau der neuen Natur derer entspricht, die Gott in seinem Vorsatz oder Willen durch das Wort der Wahrheit gezeugt hat. Das Gesetz wurde nicht vom Regenbogen begleitet, dem schönen Zeichen der göttlichen Barmherzigkeit im Bund mit der Schöpfung (1Mo 9), nachdem Noah die nachsinnflutliche Welt mit dem Brandopfer, dem Zeichen des Opfers Christi, begonnen hatte. Blitz und Donner, überirdische Posaunen und Gottes Stimme, schrecklicher als alles andere für den sündigen Menschen, weihten das Gesetz ein. Es ist Christus, der uns hier auf der Erde zuerst das Gesetz der Freiheit in seiner ganzen Fülle und Vollkommenheit zeigt. Dieser Teil schließt mit den nächsten beiden Versen:
So redet und so tut als solche, die durch das Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen. Denn das Gericht wird ohne Barmherzigkeit sein gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat. Die Barmherzigkeit rühmt sich gegen das Gericht (2,12.13).
Jakobus wurde wie immer vom Geist geleitet, um die Offenbarung des Willens Gottes in der Praxis denen vorzustellen, die den Glauben unseres Herrn Jesus Christus haben oder zu haben behaupteten; und er verübelt, wie wir es tun sollten, die Schande, die ein lasches und unechtes Bekenntnis auf den Herrn der Herrlichkeit wirft. Kann irgendein Appell heute wie damals heilsamer sein? Diejenigen sind in der Tat sowohl zu bedauern als auch zu tadeln, die meinen, es sei der Schrift entgegen; und es ist zu befürchten, dass sie, sogar wenn sie im Grunde wahre Gläubige sind, die Schneide des Schwertes, wie Jakobus es führt, zu scharf für ihre Wege finden. Sonst scheint es unverständlich, dass sie seine Worte nicht als von großem und bleibendem Wert für sich selbst wie für andere begrüßen.
Es ist auch nicht wahr, dass der Brief sich nur mit dem äußeren Verhalten beschäftigt. Reden und Tun sind seine Ermahnung, da sie einen sehr großen Teil unseres Lebens ausmachen; aber es ist sorgfältig festgelegt, dass beides von solcher Art sein sollte, wie es zu denen passt, die durch das Gesetz der Freiheit bestimmt werden sollen: ein Prinzip des inneren Menschen und unergründlich für solche, die keinen Glauben, kein neues Leben von Gott und keine Kenntnis seiner Gnade haben. Da die Barmherzigkeit die Quelle all dessen ist, was wir als Kinder Gottes bekennen, ist Gott entrüstet, wenn diese Dinge bei denen fehlen, die durch die Gnade die Verwandtschaft mit Ihm beanspruchen. Sie sind sicherlich von allen Menschen dafür verantwortlich, sich an der Barmherzigkeit zu erfreuen und sie in Wort und Tat zu üben, da sie nicht nach einem Gesetz der Knechtschaft, sondern nach dem Gesetz der Freiheit handeln und gerichtet werden müssen. Denn Gott wird nicht verspottet, sondern in denen geheiligt, die Ihm nahen, wie alle, die von Ihm gezeugt sind; und Er wird verherrlicht werden in dem ernsten Gericht an denen, die Ihn beiseiteschieben. Wie wir hier lesen: „Denn das Gericht wird ohne Barmherzigkeit sein gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat“ (V. 13). Ist das nicht so, wie es sein sollte?
Sage nicht in abwertender Weise, es sei ein Gefühl, das zu Jakobus dem Gerechten passt. Lies weiter und erfahre, dass Gott uns durch Ihn noch viel mehr schenkt: „Die Barmherzigkeit rühmt sich gegen das Gericht.“ Können wir, die wir glauben, das nicht bezeugen? War nicht unser Herr Jesus der Beweis dafür, so ausreichend, dass es keinen Bedarf, keinen Raum für mehr gibt? Denn alle Gefäße der Barmherzigkeit leiten sich von Ihm ab. Die Barmherzigkeit ist Gottes übliches und liebenswürdiges Werk; das Gericht ist sein seltsames, aber höchst gerechtes Werk an denen, die in der größten Not seine Barmherzigkeit verachten, und am meisten am Herrn der Herrlichkeit. Und doch hat Er es in seinen reichsten Mitteln und in seiner ergreifendsten Form gezeigt und bewiesen, indem Er sich entäußerte, ja, der wahre Gott sich selbst erniedrigte, um seine gottlosen Feinde zu retten. Aber wie gesegnet für die, die glauben! Zweifellos ist Barmherzigkeit herrlicher als Gericht in Jesus Christus und dem Gekreuzigten. Aber sind wir, die wir seinen Namen bekennen, nicht dafür verantwortlich, dass sie in uns leuchtet, dass unser Reden in der Praxis von ihr erfüllt und von ihr geleitet wird?
So ist die Gesinnung der Gnade hochgehalten worden und ein Gesetz der Freiheit, das sie begleitet, im Gegensatz zu einer gerichtlichen Gesinnung, der sich des Gesetzes der Knechtschaft bedient und einem Gegenstand der Barmherzigkeit so fremd sein sollte, wie er Gott missfällt. Wie ernst ist die Warnung vor dem unbarmherzigen Gericht über den, der keine Barmherzigkeit zeigte! Wie lieblich die Gewissheit, dass die Barmherzigkeit über das Gericht siegt! Leben, Freiheit und Gnade gehen zusammen zum Segen.