Der vor uns liegende Vers schließt diesen Teil des Briefes ab. Während der vorhergehende das Gewicht oder den Wert des praktischen äußeren Dienstes leugnete, wo eine ungezügelte Zunge ein Herz außerhalb der Gegenwart Gottes verriet, haben wir hier ein Beispiel, das positiv dargelegt wird. Es besteht die Gefahr, dass es übersehen wird; doch das kann nicht daran liegen, dass der Anblick in dieser Welt der Sünde und des Kummers, der Not und des Verlustes selten ist, wo gnädige Anteilnahme viel dazu beiträgt, verwundete Herzen zu verbinden und zusammenzuhalten. „Wer ist mein Nächster?“, sagte ein Gesetzgelehrter, der keine Lust hatte, für einen anderen zu sorgen.
Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist dieser: Waisen und Witwen in ihrer Drangsal zu besuchen, sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten (1,27).
Diesen heilsamen Worten wird oft eine Übertreibung verliehen, als ob solche Pflichten, wie sie hier auferlegt werden, oder gar der erste Teil ohne den zweiten, die Substanz des „Gottesdienstes“ ausmachten. Auch das Fehlen des Artikels hier ist nicht ohne Bedeutung, zumal er nur im Vers zuvor demselben Wort vorangestellt wurde. „Der Gottesdienst“ oder der religiöse Dienst des dort beschriebenen Mannes ist eitel. Hier zeigt sein Fehlen an, dass es nur ein Teil davon ist, wie wichtig und angemessen er auch sein mag. Denn wir haben es mit Gott zu tun, nicht nur, wie die Patriarchen Ihn kannten (ein allmächtiger Beschützer in ihrer Schwachheit), und auch nicht nur als mit dem Herrn, Herrn Israels (der moralische Beschützer eines Volkes, das berufen war, seine Gebote zu tun), sondern wie der Herr Jesus Ihn offenbarte und wie Er allein die Beziehung des Vaters vollkommen genoss. Hier finden wir die reichste Entfaltung der Liebe in der für das Geschöpf engstmöglichen Weise, Gott zu erkennen. Und das steht ganz im Einklang mit dem, was der Brief schon erklärt hatte, nämlich die Mitteilung eines Lebens an den Gläubigen, der fähig ist, in seine Gedanken und Zuneigungen einzutreten und seinem Willen zu gehorchen, weil er dadurch gezeugt wurde.
Es ist also ein reiner und unbefleckter Dienst vor Ihm, der der Gott und Vater ist, für die Waisen und Witwen zu sorgen. So kommt die barmherzige Liebe zum Vorschein. Sie ist in der Tat in ihrem Maß der Widerschein des eigenen Charakters Gottes.
So rief der Herr den auf, der ein Abendessen machen wollte, nicht die Verwandten, auch nicht die Reichen, sondern die Armen und Elenden einzuladen, umso mehr des Segens gewiss, als sie ihm nicht vergelten konnten; aber auch das wird in der Auferstehung der Gerechten zum Vorschein kommen. Unser Brief beschreibt diese vorgegebene Linie des Segens nun im Tun oder in der Praxis.
Den Schluss des letzten Vers aber kann das Wohlwollen nicht nachahmen; und man findet ihn allgemein weggelassen. Und doch ist es eine wichtige christliche und für das geistliche Wohlbefinden wesentliche Ermahnung, „sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten.“ Niemals hören wir im Alten Testament ein solch bedeutendes Wort, obwohl Gott zu allen Zeiten Liebe und Frömmigkeit und innere Heiligkeit suchte; und seine Kinder sind darin gewandelt, weil sie im Glauben wandelten. Es ist der Herr Jesus, der völlig offenbar gemacht hat, was die Welt ist. Sie haben sich auf undankbare Weise von Gott abgewandt, bereitwillig Ihn und seine mannigfaltige und beständige Güte zu vergessen, stattdessen verehrten sie materielle Dinge wie Sonne, Mond und Sterne, beteten verstorbene Helden an, erniedrigten sich durch die Anbetung erfundener eingebildeter Wesen, die so schlecht sind wie sie selbst, beugten sich vor den gewöhnlichen Geschöpfen der Erde, der Luft oder des Wassers, sogar vor Reptilien nieder. Doch das war noch nicht ihre schlimmste Schuld.
Plato sehnte sich nach einem übermenschlichen Wesen, das kommen und die gefallene Menschheit erleuchten und aufrichten würde. Aber als der Vater den Sohn sandte, und (wunderbare Herablassung!) in der Wirklichkeit eines Menschen, während Er im Tiefsten Sinn Gott selbst war, zeigte sich der Hass auf das Gute, wie er es nie zuvor getan hatte noch konnte. Sie verwarfen Ihn sowohl in seinen Worten als auch in seinen Werken. Es spielte keine Rolle, dass diese alle Licht und Liebe waren, wie Er es war. Göttliche Personen offenbarten sich in der Person Christi, in dem Heiligen und Wahren, doch die Menschen hatten nichts für Ihn übrig: weder religiöse Menschen, noch philosophische, noch politische; ob Juden, Griechen oder Römer, sie verachteten und verabscheuten Ihn. Und wie es zuvor aufgeschrieben wurde, hassten sie Ihn ohne Grund, auch die, die sein Gesetz hatten; sie hassten sowohl den Sohn als auch den Vater.
Dies ist die Welt; und der große beständige Beweis ist das Kreuz Christi. Daher erklärte unser Herr, indem Er auf die Seinen blickte, dass sie nicht von dieser Welt seien, wie Er auch nicht von dieser Welt ist; nicht nur, dass sie es nicht sein sollten, sondern dass sie es nicht sind. Und die Briefe folgen dem, als der Heilige Geist gegeben wurde, mit der größten Sorgfalt für die Wege, die sie gehen sollten. Es gibt auch nichts, worin die Christenheit falscher und schuldiger ist, indem sie es sucht und umwirbt und sich beglückwünscht, all die guten Dinge zu besitzen, wenn sie sie hat, oder sie zu begehren, wenn sie sie nicht hat. Das Papsttum ist darin schamlos, aber nicht allein.
Doch es gibt den einfachen und heiligen Aufruf Gottes an jedes seiner Kinder, „sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten.“ Das ist in der Tat eine sehr enge Grenze; und wir tun gut daran, das Wort der Ermahnung zu ertragen, wenn es uns helfen kann, uns davon fernzuhalten; denn sein Geist kann auf kaum wahrnehmbare Weise eindringen. Aber lasst uns auf Ihn schauen, der uns liebt und vollkommen erkennt, um durch sein alles durchdringendes Wort in uns zu wirken, damit wir gestärkt werden, alles schonungslos zu verurteilen und uns so unbefleckt von der Welt zu erhalten.