Behandelter Abschnitt Jak 1,13-15
Es gibt noch eine andere Art von Prüfungen, mit denen die Menschen überall in der Christenheit vertraut sind, obwohl sie nur wenig von den Glückseligen wissen, die uns unser Brief zuvor vor Augen gestellt hat. Es ist lächerlich, die offensichtliche Unterscheidung zu leugnen. Wie könnte man sagen: „Haltet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Prüfungen fallt“ (V. 2), oder: „Glückselig der Mann, der die Prüfung erduldet!“ (V. 12).
Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht; denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, er selbst aber versucht niemand. Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod (1,13–15).
Hier geht es um einen Mann, der die Verlockungen zum Bösen aus seiner
verderbten Natur erträgt. Wir haben bereits gesehen, dass die
Anfechtungen insofern von außen kommen. Unser Herr wusste also nicht nur
wie andere, seine Heiligen, sondern über alle hinaus, wie wir nicht nur
in den drei früheren Evangelien hören, sondern auch in
Aber der Gläubige, obwohl er aus Gott geboren ist, hat ein anderes Prinzip – das, was der Apostel „das Fleisch“ nennt, das dem Gesetz Gottes nicht unterworfen ist, denn das kann es auch nicht sein. Seine Gesinnung ist Feindschaft gegen Gott. Nicht, dass der Christ entschuldbar wäre, wenn er es wirken lässt, jetzt, wo er ein neues Leben hat und auch der Heilige Geist gegeben ist, um ausdrücklich in ihm zu wohnen, damit er keineswegs die Begierde des Fleisches erfülle, sondern sich ihr widersetze und nicht das tue, was er von Natur aus begehrt. Denn „die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit; gegen solche Dinge gibt es kein Gesetz. Die aber des Christus sind, haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und den Begierden“ (Gal 5,22-24).
Von diesem, unserem natürlicherweise beklagenswerten Zustand, war die Person unseres Herrn Jesus völlig ausgenommen. Er war der Heilige Gottes. Sogar die Dämonen anerkannten Ihn so, obwohl es nicht an Menschen mangelt, die es gewagt haben, seine moralische Herrlichkeit zu lästern, indem sie Ihm die gleiche gefallene Natur mit ihren Neigungen zuschrieben, die wir haben. Und solche, die seine Person auf diese Weise herabsetzen, sind nur zu konsequent mit diesem grundlegenden Irrtum, indem sie den wahren Sinn und die Kraft seines Sühnopfers verdunkeln oder sogar aufheben und so in ihrer Unwissenheit und ihrem Unglauben sowohl seine Person als auch sein Werk vermenschlichen. Es ist das Werk des Antichrists, von dem wir gehört haben, dass er kommt, und jetzt ist es schon in der Welt; noch ist irgendein Irrtum entehrender für Gott oder tödlicher für den Menschen. Er ist umso gefährlicher, weil sich mit ihm oft eine Menge Wahrheit vermischt, die scheinbar fortschreitet, was allgemein bekannt ist, und die manche, die sie wahrnehmen, dazu verleitet, den Irrtum anzunehmen. Aber keine Lüge ist aus der Wahrheit (1Joh 2,21); und keine Lüge ist sicherer und böser als die, die Christus, den Sohn Gottes, leugnet.
Es ist ein glückseliges Wissen, dass Christus der Sünde ein für alle Mal gestorben ist (Röm 6,10); aber das war nicht für Ihn selbst, sondern für uns, die wir die Sünde im Fleisch hatten. Zu lehren, dass Christus bis zur Auferstehung sagen konnte: „Nicht ich, sondern die Sünde, die in mir wohnt“, ist Abtrünnigkeit von der Wahrheit und ist Satans Feindschaft gegen sie, um seine Person herabzusetzen und die unsere zu erhöhen; auch zu unterstellen, dass die Sünde im Fleisch in Ihm besiegt wurde, wie sie in uns sein kann, anstatt in Ihm, der zur Sünde gemacht wurde, um gerichtet zu werden. Niemals wird also gesagt, noch könnte es gesagt werden, dass der Herr seine Glieder, die auf der Erde waren, getötet hat, niemals, dass Er sich selbst der Sünde für tot und Gott für lebendig gehalten hat. So kostbar das alles oder mehr für den Christen ist, so wäre es doch bis zum letzten Grad falsch und herabsetzend für den, der keine Sünde kannte, sondern für uns zur Sünde gemacht wurde.
Der Brief wendet sich dann von unseren heiligen Prüfungen zu unseren unheiligen und zeigt, dass ihre Quelle nicht in Gott, sondern im sündigen Menschen liegt: „Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht; denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, er selbst aber versucht niemand“ (V. 13).
Die Verschiedenheit ist offensichtlich, wenn wir einerseits lesen, dass Gott Abraham erprobt oder versucht hat (1Mo 22,1 und Heb 11,17), und andererseits, dass Israel Gott erprobt hat (Ps 78,18.41.56, verglichen mit 1Mo 17,7). Niemals versucht Gott irgendjemanden zum Bösen, aber Er kann und tut es, um ihren Glauben und ihre Treue auf die Probe zu stellen; aber es ist leider zu häufig, dass sein Volk Ihn durch Zweifel an seiner Barmherzigkeit und aktiven Fürsorge versucht. Daher das Wort in 5. Mose 6,16: „Ihr sollt den Herrn, euren Gott, nicht versuchen“, die Antwort des Herrn an den Teufel, der vorschlägt, dass Er sich aufgrund von Psalm 91,11 von der Zinne des Tempels herabstürzen soll. Aber der Herr lehnt es strikt ab, Gott zu versuchen, als ob sein Schutz auf dem Weg des Gehorsams zweifelhaft wäre. Gott wird nicht durch Böses versucht, ebenso wenig wie Er so Menschen versucht.
Die böse Versuchung kommt aus dem Inneren des Menschen, auch wenn der Satan auf ihn einwirkt, denn er verführt immer zum Bösen. So wurde der Mensch am Anfang versucht, als seine Natur noch nicht böse war; aber anstatt es abzuwehren, wie der Herr es tat, ließ er es zu und nahm es auf, so dass das Geschlecht fortan verunreinigt wurde wie sein gefallenes Haupt. Das genaue Gegenteil ist bei Christus zu sehen, zu dem der Fürst der Welt am Ende kam, und er hatte dann nichts mehr in sich als bei der ersten Versuchung. Aber es ist ganz anders mit uns, die wir in Ungerechtigkeit geboren und in Sünde empfangen sind (Ps 51,7), wie wir von Natur aus sind, obwohl wir jetzt durch Gnade von neuem geboren sind. Darum haben wir eine ganz andere Art und einen ganz anderen Charakter der Versuchung, die der Herr nicht hatte, die mit seiner Person wie mit seinem Werk unvereinbar ist. In Ihm war kein Begehren gegen den Geist, keine Widerspenstigkeit, denn Er war, wie niemand sonst sein konnte, der Heilige Gottes. Das Wort wurde Fleisch (Joh 1,14). Die Menschwerdung galt für Ihn, und nur für Ihn. Doch der Gläubige, obwohl er das Leben im Sohn hat, hat die gefallene Natur und ist daher der bösen Versuchung ausgesetzt. „Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird“ (V. 14). Obwohl der Herr in allem versucht worden ist, konnte Er nicht auf diese Weise versucht werden, denn das hätte seine moralische Herrlichkeit verleugnet und zerstört, und es hätte den Zweck Gottes vereitelt, uns für seine Herrlichkeit zu retten. Dass der Herr in gleicher Weise in allem versucht wurde, hat diese ungeheure Einschränkung, „ausgenommen die Sünde“, nicht das Sündigen nur in der Tat, was natürlich wahr ist, sondern Sünde in der Natur, von der Er absolut frei war. Er hatte nicht solche bösen Versuchungen von einer verdorbenen Natur und konnte sie nicht haben, weil seine Natur ausdrücklich heilig war. Es gab keine eigene Begierde, die Ihn wegziehen oder locken konnte. Böse Verlockungen von außen wies Er daher immer mit Entrüstung zurück, auch wenn ein verehrter Apostel, entsetzt über das Leiden vor Ihm als unvereinbar mit seinem Verstand und Empfinden mit seiner Herrlichkeit, seinen Tod und einen solchen Tod als eine Unmöglichkeit ablehnte und eine strenge Zurechtweisung erhielt, die über das Beispiel hinausging. Mit dem Gläubigen verhält es sich allzu oft ähnlich, wenn er wie Petrus nicht an die Dinge Gottes, sondern an die der Menschen denkt. Christus suchte die Ehre seines Vaters, und Ungerechtigkeit war nicht in Ihm, sondern Er tat immer das, was Gott gefiel. Es gab keinen Eigenwillen bei Ihm. Er war gekommen, um den Willen Gottes zu tun, und Er tat ihn vollkommen und um jeden Preis. Ganz anders ist der Gläubige, wenn er so aus der Deckung kommt und auch nur ein wenig von der Abhängigkeit von Gott abweicht. „Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod“ (V. 15). Wie anschaulich und wahr! Aber es ist die strenge Linie des Jakobus, der auf die „moralischen Wirkungen“ schaut und sich und den Leser nicht mit jenem tiefen Ausloten der „Ursachen“ beschäftigt, das wir in den Briefen des Paulus finden. Es ist kaum nötig zu sagen, dass beide Ansichten von unschätzbarem Wert und gleichermaßen durch Inspiration gegeben sind.
Es besteht eine nicht geringe Gefahr des Irrtums über die Natur des Menschen, wie sie ist, und die neue Natur, die der Gläubige durch die Gnade empfängt. Irrtümer gibt es bis zum heutigen Tag, so wie es sie schon seit den frühen Tagen gegeben hat. Wie viele sprechen von dem ursprünglichen adamitischen Zustand als heilig? Es war lediglich ein Zustand der Unschuld, der durch den Sündenfall unwiederbringlich verlorenging. Durch das Wort, das durch den Geist im Glauben an Christus angewendet wird, werden wir Teilhaber einer göttlichen Natur. Es ist nicht die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Geschöpfes, sondern ein unvergleichlich besseres Leben in Christus, dem Sohn Gottes, der Grund der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn und des heiligen Wandels mit Gott. Christus selbst war allein die Offenbarung dieses ewigen Lebens auf der Erde; und auserwählten Zeugen wurde gegeben, Ihn zu sehen und zu hören und in engsten Kontakt mit Ihm zu kommen. Sie wurden befähigt, durch Inspiration Zeugnis zu geben, damit auch wir Gemeinschaft mit ihnen haben können. Niemals gab es eine solche Vertrautheit, niemals eine solche Prüfung, niemals eine solche Erforschung, dass wir das ewige Leben in jeder Vielfalt von Umständen, sowohl in den einfachsten als auch in den tiefsten hier auf der Erde, sehen und erkennen konnten; und das ist das Leben, das wir in Ihm haben.