Es folgen Ermahnungen praktischer Art für heilige Brüder mit himmlischer Berufung auf der Erde. Das erste Wort lautet:
Die Bruderliebe bleibe (13,1).
Das ist auf die Dauer sehr notwendig; und der Brief gehört nicht zu den frühen, sondern zu den späten Briefen. Es war leicht genug im Glanz der ersten Liebe und wurde durch die häufigen Verfolgungen um des Glaubens willen eher gestärkt als gebremst. Aber wenn diese Prüfungen nicht so sehr drücken, setzt die Nähe der Gläubigen zueinander, als Gottes Familie hier auf der Erde, sie der Gefahr aus. Denn je weniger Gnade die Einzelnen persönlich für die täglichen Schwierigkeiten haben, desto mehr erwarten sie von anderen, und desto härter sind die Urteile, die sie vorschnell fällen. In der Welt wird durch gegenseitiges Einverständnis Distanz gewahrt und Zurückhaltung in Bezug auf die Angelegenheiten des anderen gepflegt, ohne die die Dinge kaum eine Zeit lang anständig verlaufen könnten; aber die Nähe der geistlichen Beziehung, wo sie treu empfunden und lebendig ausgeübt wird, wie sie immer war und sein sollte, bringt bald den Eigenwillen und die Weltlichkeit ans Licht, wenn nicht ein Wandel gemäß dem Licht stattfindet, in das wir in Christus eingeführt wurden. „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm“ (1Joh 4,16). Wenn dies in der Praxis des Gläubigen versagt, wird die brüderliche Zuneigung bald nachlassen, und voreiliges Reden wird zu Uneinigkeit führen, oder Misstrauen wird das Licht der Liebe trüben. In Hebräer 6,10 wird die Liebe, die sie seinem Namen erwiesen haben, dadurch beschrieben, dass sie den Gläubigen gedient haben und immer noch dienen. In Hebräer 10,34 sehen wir, wie sie in schweren Prüfungen und Bedrängnissen gewirkt hat. Hier steht das Wort für das Fortbestehen der brüderlichen Zuneigung. Es gibt viel, was eine solch Liebe auf die Probe stellt.