Behandelter Abschnitt Heb 9,18-22
Von der Einfügung, die sich einer testamentarischen Verfügung bedient, die erst nach dem Tod in Kraft tritt, um den Segen aus dem Tod Christi zu erhalten, kehren wir in den folgenden Versen zu dem weitaus üblicheren Begriff des Bundes zurück. Dahr nimmt „Blut“ wieder seinen Platz ein. Das ist natürlich der Bedeutung eines Testaments völlig fremd, aber allen, die den alten Bund des Gesetzes kennen, sehr vertraut.
Daher ist auch der erste Bund nicht ohne Blut eingeweiht worden. Denn als jedes Gebot nach dem Gesetz von Mose zu dem ganzen Volk geredet worden war, nahm er das Blut der Kälber und der Böcke mit Wasser und scharlachroter Wolle und Ysop und besprengte sowohl das Buch selbst als auch das ganze Volk und sprach: „Dies ist das Blut des Bundes, den Gott für euch geboten hat.“ Aber auch die Hütte und alle Geräte des Dienstes besprengte er ebenso mit dem Blut; und fast alle Dinge werden mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergießung gibt es keine Vergebung (9,18–22).
Es gibt hier drei verschiedene Anwendungen des Blutes in der levitischen Haushaltung, die alle ernst und bedeutsam sind, wobei die letzte von ihnen den Weg zu dem grundlegenden Segen des neuen Bundes weist, den das Evangelium jedem Gläubigen ankündigt.
Der erste Bund wurde mit Blut eingeweiht, wie wir in 2. Mose 24 lesen. Das ist nicht die Erlösung, sondern steht in krassem Gegensatz zu ihr. Das Vorbild der Erlösung war bereits gegeben (2Mo 12; 14) im Blut des Passahlamms, dem der Durchzug durch das Rote Meer folgte: das Blut, das vor dem Gericht Gottes bewahrte, und die Kraft, die daraufhin das Volk von seinen Feinden befreite und für immer vernichtete. Aber nun hatte das von Gott weit entfernte Israel anerkannt, unter der Bedingung des eigenen Gehorsams zu stehen (2Mo 19); und Gott hatte jene Zehn Worte gesprochen, die das Volk auf die Probe stellen sollten. Hier also (2Mo 24) erhält der Bund sein Siegel im Blut. „Und Mose nahm die Hälfte des Blutes und tat es in Schalen, und die Hälfte des Blutes sprengte er an den Altar. Und er nahm das Buch des Bundes und las es vor den Ohren des Volkes; und sie sprachen: Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun und gehorchen. Und Mose nahm das Blut und sprengte es auf das Volk und sprach: Siehe, das Blut des Bundes, den der Herr mit euch geschlossen hat aufgrund aller dieser Worte“ (V. 6‒8). Es war der alte Bund, nicht der neue; das Gesetz, nicht die Erlösung. Das Blut, das, wie es in diesem Brief heißt, auf das Buch und das ganze Volk gesprengt wurde, stellte einfach den Tod als Strafe für Ungehorsam dar. Es war also keineswegs versöhnend, sondern strafend.
Es wird darauf hingewiesen, dass Mose auch die Stiftshütte und alle Geräte des Dienstes in gleicher Weise mit dem Blut besprengte. Dass dies nicht mit der Einweihung des Gesetzes gleichzusetzen ist, sollte allein schon aus der Tatsache ersichtlich sein, dass weder die Stiftshütte noch die zu ihr gehörenden Gefäße existierten. Es gab notwendigerweise diese Vorkehrung gegen die Verunreinigung der Stätte der Begegnung mit Gott und der Gefäße für den Dienst: Ohne die Besprengung mit Blut hätte alles verunreinigt werden müssen, weil es sich um ein sündiges Volk handelte und Gott heilig war. Und das war so wahr, dass es als Tatsache hinzugefügt wird, dass mit Blut fast alles nach dem Gesetz gereinigt wird. Dennoch ist es nicht absolut, denn in einigen Fällen wurde Wasser verwendet, in anderen das Feuer; beide stehen für den Tod, und letzteres in seiner extremen Form als göttliches Gericht. Wie gesegnet ist für uns das Geschenk der Gnade, wo das Gericht in einer Vollkommenheit empfunden wurde, die anderswo unbekannt und unmöglich ist! „Dieser ist es, der durch Wasser und Blut gekommen ist, Jesus Christus, nicht durch (ἐν) das Wasser allein, sondern durch das Wasser und durch das Blut“ (1Joh 5,6). Er sühnt und reinigt, und beides kraft seines Todes. Aus seiner durchbohrten Seite flossen Blut und Wasser.
„Und ohne Blutvergießung gibt es keine Vergebung“ (Heb 9,22). Hier kommen wir im Vorbild zu der großen Wahrheit, die Gott in seinem ganzen moralischen Wesen rechtfertigt und dem schuldigen Menschen wirksamen Segen bringt, wenn er sich vor Gott beugt. Hier geht es nicht um die Besprengung mit Blut, sondern um das Vergießen von Blut, ohne das keine Vergebung stattfinden kann. Es ist die Wirksamkeit des ein für allemal vergossenen Blutes, das Gott dargebracht wird und dem Menschen Vergebung bringt: der Grund der göttlichen Gerechtigkeit, wenn sich die menschliche Gerechtigkeit als völlig fehlerhaft erwiesen hat – die Gerechtigkeit Gottes für alle und über alle, die glauben, und die jeden Unterschied wegwischt, damit Gott jeden segnen kann, wie Er es mit Sicherheit mit allen tut, die glauben.