Behandelter Abschnitt Heb 9,1-5
Der Apostel fährt fort, im Gegensatz zu den Grundsätzen des ersten Bundes das hervorzuheben, was nach dem Willen des Propheten an seine Stelle treten sollte, oder besser gesagt, was der Anteil des Christen ist, nachdem Christus gestorben, auferstanden und aufgefahren ist. Es ist der Weg ins Heiligtum, der jetzt offenkundig geworden ist; das Gewissen, das durch das Blut Christi von den toten Werken gereinigt wurde, um dem lebendigen Gott zu dienen; und das ewige Erbe, dessen Verheißung die Berufenen empfangen.
Es hatte nun zwar auch der erste Bund Satzungen des Dienstes und das Heiligtum, ein weltliches. Denn eine Hütte wurde zugerichtet, die vordere – in der sowohl der Leuchter war als auch der Tisch und die Darstellung der Brote –, die das Heilige genannt wird; hinter dem zweiten Vorhang aber eine Hütte, die das Allerheiligste genannt wird, die ein goldenes Räucherfass hatte und die Lade des Bundes, überall mit Gold überzogen, in der der goldene Krug war, der das Manna enthielt, und der Stab Aarons, der gesprosst hatte, und die Tafeln des Bundes; oben über ihr aber die Cherubim der Herrlichkeit, den Sühndeckel überschattend, worüber jetzt nicht im Einzelnen zu reden ist (9,1–5).
Ordnungen des göttlichen Dienstes hatte der erste Bund in Hülle und Fülle, und sie waren sehr lehrreich; doch das Heiligtum war und konnte nichts anderes als ein weltliches sein. Denn Gott war hier auf der Erde noch nicht im Fleisch offenbart, noch war der Mensch in Herrlichkeit aufgenommen. Das unendliche Opfer für die Sünde musste noch dargebracht werden, durch das Gott verherrlicht wird und durch das Er den Gläubigen im Übermaß segnen kann, da die Sünde im Kreuz vollständig gerichtet wurde. Der Vorhang war also noch nicht gelüftet, und der Weg in das Heiligtum war weder zugänglich noch offenkundig. Wie das Heiligtum von der Welt war (V. 6), so war auch die Verordnung fleischlich (V. 10). Alles war von der ersten Schöpfung, schattenhaft und vorläufig, bestenfalls ein Zeugnis der zukünftigen Güter, so wie die Stiftshütte selbst ein Zeugnis war, ohne dass irgendetwas darin von innerer Vortrefflichkeit oder göttlicher Wirksamkeit gewesen wäre.
Das ist der Ritualismus. Nur ist er jetzt über alle Maßen böse für den Glauben und die Praxis: Er ist nämlich durch das Kreuz Christi verurteilt und aufgehoben. Er ist eine Missachtung des vom Himmel herabgesandten Geistes der Gnade; er ist die Widerspruch Korahs gegen den wahren Mose und Aaron – selbst Christus jetzt in der Höhe. Das jüdische System hatte göttliche Zustimmung, bis Christus kam, sein Werk vollendete und seinen Platz zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln einnahm. Ritualismus in der christlichen Versammlung ist nicht nur Unwissenheit, sondern Verachtung, wenn auch unbewusst, des Evangeliums und der Versammlung, und was noch schlimmer ist, des Werkes und des Priestertums Christi. Die Gnade und Wahrheit, die durch Jesus Christus gekommen ist, wird praktisch geleugnet, ja, sie wird durch sie zerstört, soweit es die Lüge vermag.
Wenn wir zu den Einzelheiten kommen, ist der Charakter des ersten Bundes, den wir im Allgemeinen beschrieben haben, nicht weniger offensichtlich. So wird die Aufmerksamkeit hier kurz auf seine zwei Abteilungen gelenkt, das Heilige (V. 2) und das Allerheiligste, die jeweils durch eine Tür oder einen Vorhang getrennt waren, wie wir für das Allerheiligste lesen, „hinter dem zweiten Vorhang“. Tür und Schleier versperrten dem Menschen den Zutritt. Sogar der Hohepriester konnte nur dort eintreten, wo die Cherubim der Herrlichkeit das Gericht überschatteten, um das Blut auf und vor den Versöhnungsdeckel zu sprengen, und das nicht ohne die Wolken des Räucherwerks, „damit er nicht stirbt“. Wie groß ist der Gegensatz zu dem freimütigen Zugang durch den Glauben, den wir als festes Vorrecht in diese Gnade haben, in der wir stehen! Denn nun ist der Vorhang von oben bis unten zerrissen, seit Jesus seinen Geist am Kreuz aufgegeben hat: der eindeutige Beweis Gottes, dass der erste Bund beendet, die Schranke beseitigt und der Weg in das Heiligtum für den Glauben offen ist.
Nicht, dass der eine oder andere Teil der Stiftshütte aufhört, dem Glauben seine Unterweisung zu geben: ob das Heiligtum, in dem sich der Leuchter und der Tisch und die Schaubrote befanden, oder der innere, mit dem goldenen Räuchergefäß und der Bundeslade und ihrem bedeutsamen Inhalt und Umfeld. Es war nicht die Absicht des Geistes, hier davon im Einzelnen zu sprechen. Ihre Bedeutung ist in der Tat nicht ungewiss, wenn man sie im Licht Christi betrachtet, von dem jedes einzelne Zeugnis ablegte. Denn im Heiligen wurde Er sowohl als Licht in der siebenfachen Kraft des Geistes als auch als Nahrung in der verwaltungsmäßigen Fülle als Mensch und für den Menschen bezeugt. Im Allerheiligsten, ganz zu schweigen von dem, was die Fürbitte aufrechterhielt, zeigte sich Gott im Gericht und in der souveränen Regierung, mit dem Zeugnis der ausführenden Macht, seinen Willen zu erfüllen. In der Lade, in dem Thron, in dem seine Herrlichkeit leuchtete, befanden sich die Erinnerung an die Nahrung seines Volkes beim Durchzug durch die Wüste, das maßgebliche Zeichen jener Kraft des Lebens und der Frucht in priesterlicher Gnade, die vor dem Gericht bewahrte, und die Tafeln des Bundes, die die Gebote ausdrückten, die Übertretung mit dem Tod bedrohte.
Wie groß ist die Möglichkeit, dass Gott nicht mehr in der Finsternis wohnt, sondern sich in Christus, dem wahren Licht, offenbart und Ihn nicht nur als Leben, sondern auch als Sühnung für unsere Sünden gesandt hat!
Jetzt wird deutlich, was der Heilige Geist bezweckt, wenn Er sich auf den ersten Bund mit seinen Ordnungen und insbesondere auf sein Heiligtum bezieht. Es ging nicht darum, im Einzelnen über den Inhalt der Stiftshütte im Äußeren oder im Inneren zu sprechen, so lehrreich das Symbol auch sein mochte, sondern darum, den Gegensatz zum Christentum in seiner Gesamtheit zu verdeutlichen. Denn dies, und nicht die Versammlung, ist das Thema des Hebräerbriefs, da es eine Grundwahrheit für jeden ist, nicht weniger für die heidnische als für die jüdische, ohne die die Lehre der Versammlung, wenn sie einfach, klar und einsichtig vorgestellt wird, eher eine Gefahr als ein Segen sein kann, da sie in sich selbst sicherlich ein Beweis für die Liebe und die Herrlichkeit Christi nach dem Ratschluss Gottes ist und durch den innewohnenden Geist, der alle zu einem Leib getauft hat, verwirklicht wurde. Wo aber Reue zu Gott und Glaube an unseren Herrn Jesus Christus ist, da empfängt jemand unter dem Evangelium jene Gnade, die durch die Gerechtigkeit regiert, die den Zugang zu dieser Gnade gibt, in der wir stehen, wie es in Römer 5,2 heißt, oder, wie in unserem Brief, den Weg in das Heiligtum, nicht das Heilige, sondern auch das Allerheiligste, offenbar gemacht.