Behandelter Abschnitt Heb 7,26-28
Doch hier verleiht die herrliche Gegenwart des Sohnes Gottes dem Amt einen frischen, unvergänglichen und unermesslichen Glanz, der durch einen unerschütterlichen Gehorsam, der seinen Vater absolut verherrlichte, noch verstärkt wird. Er ist daher der einzige Priester, der die, die sich durch Ihn an Gott wenden, völlig retten kann (εἰς τὸ παντελὲς), da Er immerdar lebt, um für sie einzutreten. Wie ihre Not hier auf der Erde groß und unaufhörlich ist, so ist Er oben immer frei, geeignet und wirksam, um für sie einzutreten. Treten sie durch Ihn vor Gott hin? Er rettet sie immer und völlig. Die göttliche Liebe und die Gerechtigkeit sind also eins, wenn es darum geht, Gottes Herrlichkeit und Errettung angesichts jeder Schwierigkeit oder Gefahr zu bewirken. Es gibt auch keine andere Rettung: „denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, durch den wir errettet werden müssen (Apg 4,12).
Die Überlegenheit des wahren Melchisedek wird so in jeder Hinsicht unanfechtbar und offenkundig; und in den unanfechtbaren Wegen der Gnade sind seine Reinheit und seine Herrlichkeit mit der himmlischen Würde des Gläubigen verbunden, wie es hier ausgedrückt wird:
Denn ein solcher Hoherpriester geziemte uns auch: heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel geworden, der nicht Tag für Tag nötig hat, wie die Hohenpriester, zuerst für die eigenen Sünden Schlachtopfer darzubringen, dann für die des Volkes; denn dies hat er ein für alle Mal getan, als er sich selbst geopfert hat. Denn das Gesetz bestellt Menschen zu Hohenpriestern, die Schwachheit haben; das Wort des Eidschwurs aber, der nach dem Gesetz gekommen ist, einen Sohn, vollendet in Ewigkeit (7,26–28).
Der Grund für diese Satzform ist umso auffälliger, wenn man ihn mit einer ähnlichen Formulierung in Hebräer 2,10 vergleicht: „Denn es geziemte ihm, um dessentwillen alle Dinge und durch den alle Dinge sind, indem er viele Söhne zur Herrlichkeit brachte, den Urheber ihrer Errettung durch Leiden vollkommen zu machen.“ Die Herrlichkeit Gottes, seine Wahrheit, seine Gerechtigkeit, wäre gefährdet, wenn die Sünde nicht schonungslos in seiner Person gerichtet worden wäre, deren Gnade Ihn für alle Folgen verantwortlich machte: „Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm“ (2Kor 5,21). Hier sagt der Heilige Geist nicht weniger wunderbar, dass es „uns geziemte“, einen solchen Hohenpriester zu haben, der in jeder Hinsicht und unvergleichlich besser ist als die Linie Aarons. Er ist ein Hoherpriester nicht nur von unvergleichlicher Reinheit, sondern „höher als der Himmel“, die herrliche Stellung, in der Ihn der Brief gern vorstellt, aufgrund seiner persönlichen und göttlichen Würde, sondern als Ergebnis seines Sühnungstodes vor Gott für eine himmlische Familie und deren Not durch die Sünde.
Das Wort „heilig“ ist zu beachtenswert. Im Griechischen wie im Hebräischen werden zwei Ausdrücke verwendet: der eine (ἅγιος), um die Abgrenzung Gottes vom Bösen zu beschreiben, der andere Gnade (ὅσιος), die von Gott gesagt seine Barmherzigkeit, vom Menschen gesagt seine Frömmigkeit bedeutet. Es ist der letztere Begriff, der hier mit „heilig“ wiedergegeben wird, eine Heiligkeit voll liebender Güte. Weiter wird ἄκακος schlecht mit „harmlos“ übersetzt, wie in der A. V.: und „arglos“ wie in der Revision antwortet auf ἄδολος. In Christus erhebt es sich zu einer völligen Abwesenheit von Bösem, die bei keinem anderen zu finden ist. „Unbefleckt“ erklärt Ihn als unbefleckt von den Verunreinigungen, die Ihn hier auf der Erde umgaben, wo seine sittliche Schönheit für alle leuchtete, die Augen hatten, um zu sehen, vor allem in denen seines Vaters, der vom Himmel her Zeugnis gab.
Deshalb heißt es passenderweise, Er sei „abgesondert von den Sündern“, nicht nur von den Sünden, wie der Pesch-Syrer sagt, sondern von den Sündern. Was immer moralisch wahr war, wurde gekrönt, indem Er die Welt hinter sich ließ, die bleibende Wirkung eines vollendeten Zeitalters, und führt so weiter zu dem einzigen Ort, der Ihm gebührt, „höher als die Himmel geworden“ (V. 26). Dort übte Er sein hochpriesterliches Amt aus, nachdem Er in seinem Sühnungswerk am Kreuz den Grundstein gelegt hatte. Es sollte niemanden überraschen zu hören, dass Ihm ein solcher Platz zustand. Die Offenbarung besagt hier, dass uns ein solcher Hoherpriester geziemte. Die göttliche Gerechtigkeit rechtfertigt uns nicht nur, sondern setzt uns in und wie Christus vor Gott (Joh 16, 2Kor 5); oder, nach der Lehre unseres Briefes, macht uns zu heiligen Brüdern, zu Genossen einer himmlischen Berufung, und (wie wir sehen werden) ermahnt uns, mit aufrichtigem Herzen heranzutreten, als hätten wir die Freimütigkeit, durch das Blut Jesu in das Heiligtum einzugehen. Nicht etwa, weil wir aus uns selbst etwas Gutes wären, sondern im Gegenteil, weil wir so gesegnet, Gegenstände vollkommener Gunst und unter einem unfehlbaren Führer zur Herrlichkeit bestimmt sind, dass wir einen solchen Hoherpriester bekommen haben, im Gegensatz zu dem irdischen Volk, das Hohepriester wie sie selbst waren, hatte.
In Vers 27 werden die Unzulänglichkeiten des irdischen Priestertums kurz ausgeklammert und die ausführliche Erörterung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Aaron und seine Nachfolger mussten Tag für Tag Opfer darbringen, zuerst für ihre eigenen Sünden, dann für die des Volkes – Christus ein für allemal, als Er sich selbst opferte, was das deutlichste Zeichen absoluter Sündlosigkeit ist, und nach dem Wert seiner Person unendlich wirksam für andere war, da Er es für sich selbst nicht brauchte. Das hat der vorige Vers bewiesen, wenn man nach einem Beweis fragen würde, was aber nicht nötig ist. Und das Ganze wird durch Vers 28 vervollständigt: „Denn das Gesetz bestellt Menschen zu Hohepriestern, die Schwachheit haben [alles hier war unvollkommen]; das Wort des Eidschwurs aber, der nach dem Gesetz gekommen ist, einen Sohn, vollendet in Ewigkeit“. Sohn ist charakteristisch und hat daher keinen Artikel, obwohl er der Einziggeborene ist, aber hier nicht als Objekt bezeichnet wird; die Sprache ist also völlig korrekt. Die Einfügung des Artikels würde Ihn selbst in den Vordergrund stellen und nicht seine nahe Beziehung zu Gott. Das Partizip Perfekt Passiv weist hier wie in Vers 26 auf den erworbenen dauerhaften Charakter hin und nicht auf die einfache Tatsache, wie es der Aorist ausdrücken würde. Wie bei der Trennung von den Sündern, so ist auch bei der Vollendung seines priesterlichen Amtes die dauerhafte Folge beider abgeschlossenen Handlungen. In Hebräer 2,10 ist es die Handlung selbst, die von Gott ausgeht.