Gottes Menschenliebe ist so verschieden wie seine Natur von der des Menschen, und entspringt aus Motiven der Liebe in Ihm selbst, wie sie auf dem Opfer Christi beruht. So wird es uns im vorigen Vers gesagt. Nicht mehr verborgen wie einst, ist sie ein für allemal erschienen. Und der Mensch ist umso verantwortlicher, weil Gottes Güte allen erschienen ist, während sie nur für die gilt, die glauben. errettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes (3,5).
Die Sprache kann nicht klarer sein als diese. Die Werke eines Menschen als Grund für die Errettung sind ausgeschlossen; und das in aller Barmherzigkeit, denn wie könnte ein ungerechter Mensch – und solche waren wir von Natur aus vor Gott – Werke der Gerechtigkeit tun? Es gibt zweifellos ein Werk in Gerechtigkeit, wenn es jemals ein solches gegeben hat, und zwar ein unendliches Werk. Christus, der Gerechte, war gekommen, um den Willen Gottes zu tun, und Er tat ihn vollkommen. Als Er starb, sagte Er: „Es ist vollbracht.“ So endete es mit seinem Leiden für die Sünden, aber Gott wurde darin verherrlicht, auch was die Sünde betrifft. Dadurch haben wir unser glückseliges Teil.
Wir haben viele Sünden in Ungerechtigkeit begangen; Werke in Gerechtigkeit haben wir selbst nie getan, bis wir durch die göttliche Gnade gerechtfertigt wurden; konnten wir denn auch darin vor Gott bestehen? Aber „Christus ist ... zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben“ (Röm 5,6). „Gott aber erweist seine Liebe darin, dass Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist“ (Röm 5,8). Nach seiner Barmherzigkeit hat Gott uns errettet. So ist Er unser Heiland-Gott. Es ist nicht nur der Titel seines Charakters: Er hat für unsere Not nach seinem Erbarmen in Christus gewirkt. Er hat auch nicht nur geholfen, sondern „errettet“.
Es ist keine Theorie, sondern eine Tatsache: Nach seiner Barmherzigkeit hat Er uns errettet. Der beste Teil des Judentums bestand aus Schatten, die dies vorwegnahmen; aber das Christentum gründet sich auf Tatsachen in Christus, der für uns gekommen ist und gelitten hat; und diese Tatsachen werden nun durch den Glauben an das Evangelium auf Menschen angewendet.
Christus ist das ewige Leben; und der Christ hat dieses Leben in Ihm, nicht in sich selbst, sondern in Christus, der gestorben und auferstanden ist, um alles zu bestätigen. „Wer an mich glaubt, hat ewiges Leben“ (Joh 6,47). Und doch war der Mensch schuldig und kann seine Sünden nicht leugnen, sondern bekennt und hasst sie vor Gott. Wir brauchten also einen Erlöser, der für unsere Sünden starb und uns das ewige Leben schenkte. Dies war in beiden Teilen die Barmherzigkeit Gottes; und so hat Er uns nach seiner Barmherzigkeit errettet.
Aber die Barmherzigkeit, wenn sie unbekannt ist oder zweifelhaft in ihrer Anwendung auf einen Menschen ist, ist der Hälfte ihrer Glückseligkeit beraubt. Das ist nicht die Menschenliebe Gottes. Er liebt es, dass wir wissen, was Christus für uns getan und wir Er gelitten hat. Indem wir an Ihn glauben, sind wir errettet, und wir wissen das aufgrund seines eigenen Wortes und in der befreienden Kraft seines Geistes. Deshalb heißt es weiter: „errettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes“ (V. 5). Nicht nur, dass wir durch den Tod und die Auferstehung Christi in eine neue Stellung versetzt werden, wovon die Taufe das Zeichen ist; sondern es gibt das wirksame Werk im Menschen von Anfang bis Ende. Es ist allein der Unglaube, der an der Errettung Gottes zweifelt, wenn wir Jesus aufnehmen. Denn es heißt: „errettete er uns“, das geschieht jedoch auf eine höchst heilige Weise, und die bewirkt die Heiligkeit in uns. „Wiedergeburt“ ist ein neuer Zustand; es ist nicht nur „von neuem geboren werden“, wie wir in Matthäus 19 sehen können: „Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auch ihr werdet in der Wiedergeburt, wenn der Sohn des Menschen auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen wird, auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten“ (V. 28). Es ist der veränderte Zustand der Erde, den der Herr bei seiner Erscheinung einführen wird, wie ihn das Reich Gottes nach Johannes 3 voraussetzt. Dieser Zustand ist noch nicht gekommen. Aber es gibt ein Wirken der Gnade, das den Gläubigen schon jetzt dazu befähigt, in dem Moment, in dem er Christus und sein Werk, das durch das Evangelium verkündigt wird, annimmt.
Diesen neuen und veränderten Zustand wird durch das Zeichen der Taufe verdeutlicht. Es geht hier nicht um die neue Geburt, sondern um die Befreiung von der Sünde und ihren Auswirkungen durch den Tod Christi, bezeugt in der Kraft seiner Auferstehung, die den Stachel weggenommen hat. Daher lesen wir in 1. Petrus 3,21: „welches Gegenbild auch euch jetzt errettet, das ist die Taufe“. Aber es wird sorgfältig hinzugefügt: „(nicht ein Ablegen der Unreinheit des Fleisches, sondern das Begehren eines guten Gewissens vor Gott), durch die Auferstehung Jesu Christi.“
Abergläubische Menschen, die die Gnade Gottes in Christus nicht kennen, missbrauchen nur das Zeichen und verwechseln es mit dem, was es bedeutet. Das Evangelium kann nicht auf die äußere Seite verzichten; aber es verkündet eine ewige Wirklichkeit in dem auferstandenen Christus. Wie gesegnet ist es, schon jetzt an dieser neuen Schöpfung teilzuhaben (2Kor 5)! Wie gut ist es, daher zu wissen: „Daher, wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Alles aber von dem Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christus“ (V. 17.18). Bevor dies für alle Augen sichtbar wird, hat der Christ nun sowohl die Waschung der Wiedergeburt als auch die Erneuerung durch den Heiligen Geist. Dies macht die Kraft deutlich. Wenn die Waschung der Wiedergeburt eine objektive Kraft hat, dann ist die Erneuerung ein wirkliches und göttliches Werk im Menschen. Damit das so ist, nimmt der Heilige Geist, wie Er es immer im Gläubigen tut, seinen passenden und wirksamen Teil, der kein bloßes Zeichen ist, sondern eine Realität in der Kraft, die der Erlösung angemessen und würdig ist.5
Die Erlösung ist also kein äußeres Werk, obwohl sie auf dem Werk Christi beruht, das völlig außerhalb von uns selbst liegt; sie ist auch nicht nur eine Befreiung durch Macht, sondern persönlich und innerlich, „durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes“. Es gibt eine völlige Veränderung der Stellung in Christus, einen neuen Platz, der dem Gläubigen gegeben wird, sowie einen anderen Zustand in subjektiver Hinsicht. Dies wird durch die Waschung und Erneuerung ausgedrückt. Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden. Denn nun ist der Gläubige in Christus. Als Mensch war er in Adam. Der Glaube darf nun wissen, dass wir alle durch Gottes Gnade in Christus stehen, und zwar ganz unabhängig davon, was wir selbst getan haben. Damit ist das Übel vor Gott und für das Gewissen beseitigt; denn Christus ist auferstanden, der volle Ausdruck des Zustandes, in den der Christ durch die Gnade gebracht ist.
5 Es ist bekannt, dass manche hier „das Waschbecken der Wiedergeburt“ verstehen wollen. Die Authorized Version hat dies nicht erkannt; die Fußnote der Revised Version tut dies. Es ist gut, dass die Revisoren nicht weiter gegangen sind. Die Vorstellung ist völlig unbegründet; für λoυτρὸν steht nie das Waschbecken, sondern das Waschwasser oder das Wasser für das Waschen (im Sinn von Bad), wie bekannt ist. Niemals kommt im Neuen Testament λoυτὴρ vor, das das richtige Wort für „Waschbecken“ ist. Beide finden sich in der Septuaginta, und sogar λoυτρὸν, ein Ort zum Waschen oder Bad. Es ist in der Tat seltsam, dass ein gelehrter Kommentator sagen konnte, dass λoυτρὸν immer ein Gefäß oder ein Becken ist, in dem man sich wäscht, hier das „Taufbecken“. Liddell und Scott geben zwar „ein Bad, Baderaum“ an, aber kein einziges Beispiel für einen solchen Gebrauch. Ihre zahlreichen Verweise beziehen sich auf heißes oder kaltes Baden im Sinn von Waschen, oder Wasser dafür, oder sogar Trankopfer für die Toten; aber λoυτὴρ ist die Wanne oder das Waschbecken, wie λoυτρὸν der Ort oder der Baderaum ist. Bp. Ellicott und Dean Alford haben den Lexx. falsch interpretiert, natürlich nur durch Eile oder Vorbeschäftigung. Das Wort wird in unserem Text korrekt mit „Waschung“ übersetzt. Es könnte keine Frage über die Angelegenheit geben, es sei denn, es hätte ein Vorurteil, das den Verstand umhüllt. Der Wunsch war der Vater des Gedankens.↩︎