Es ist offensichtlich, dass der erste Vers von Kapitel 4 zu den besonderen Ermahnungen gehört, mit denen Kapitel 3 endet. Folglich müsste Kapitel 4, wenn die Einteilung nach Themen richtig wäre, mit dem zweiten Vers beginnen.
Die Ermahnungen an die Ehefrauen und Ehemänner stehen im Zusammenhang mit den Ermahnungen an die Kinder und Väter und an die Knechte und Herren, wodurch sich drei Paare solcher Apelle ergeben. Es ist der Unterschied zu beachten, dass Ehemänner und Ehefrauen von Anfang an existierten; nicht aber das Verhältnis von Herr und Knecht. Es ist auch klar, dass, obwohl Kinder von Anfang zu dem Plan gehörten, sie im Paradies tatsächlich nicht existierten. Gott sorgte dafür, dass es vor dem Sündenfall weder Geschlecht, noch Eltern und Kinder gab.
Als Christus Gott vollkommen verherrlicht hatte, wurde Er das Haupt einer Familie. Der Gegensatz in dieser Hinsicht ist sehr interessant und schön. Welche Verwirrung, wenn die einen in einem Zustand der Unschuld und die anderen in Sünde geboren worden wären! Gott hat die Dinge so geordnet, dass es keine Familie gab, bevor der Mensch in Sünde fiel, obwohl die Absicht und das Wort Gottes schon bestand, dass der Mensch sich ausbreiten und vermehren sollte. Das Verhältnis von Herren und Sklaven (wie es hier vorausgesetzt wird) war allein eine Folge des Eintritts der Sünde in die Welt. Wir hören nichts von Sklaven vor der Sintflut, obwohl Noah es bald danach von Kanaan voraussagt. Ich nehme an, dass der mächtige Jäger Nimrod der erste war, der sein Handwerk oder seine Gewalt in dieser Richtung ausprobierte.
Wenn das so ist, gibt es eine bemerkenswerte Abstufung in diesen Beziehungen; Ehemänner und Ehefrauen im Paradies, Kinder, die nach dem Sündenfall, aber vor der Flut geboren wurden, Knechte oder Sklaven, von denen man erst danach hörte. Ich will damit keineswegs sagen, dass die Schrift diese letztere Beziehung nicht anerkennt – ganz im Gegenteil –, nur ist es gut zu sehen, dass es eine Beziehung ist, die nicht nur auf den Sündenfall folgte, sondern sogar auf das große Gericht Gottes, das auf der Erde vollzogen wurde. Es ist also ein Zustand, der sehr weit davon entfernt ist, gottgemäß zu sein, dass Menschen ihre Mitmenschen als ihr Eigentum oder als Sklaven betrachten sollten. Und dennoch:
Ihr Herren, gewährt euren Knechten das, was recht und billig ist, da ihr wisst, dass auch ihr einen Herrn im Himmel habt (4,1).
In unseren Ländern wird eine solche Beziehung von beiden Seiten freiwillig eingegangen, und es gibt entsprechende Rechte und Pflichten; aber hier, obwohl es sich um Sklaven handelte, ist die Aufforderung an die Herren, unparteiisch mit ihnen umzugehen. Und dies bezieht sich nicht nur auf die Unparteilichkeit zwischen dem Herrn und einem Sklaven, sondern allgemein zwischen den Sklaven. Es könnte viel Verwirrung und Schaden in einem Haushalt entstehen, wenn das Gleichgewicht zwischen den Sklaven gestört wird. Die Weisheit Gottes sorgt also für alles vor, auch für das, was die verachteten Sklaven betrifft. Hier wird von Recht gesprochen, nicht von Gnade.
Man kann niemals Gnade fordern oder beanspruchen. Im Brief an Philemon bringt der Apostel Motive der Gnade in das Geschehen ein; er schreibt nicht vor, was Philemon zu tun hatte, sondern erinnert ihn an seine himmlische Beziehung und überlässt es der Gnade Philemons. Obwohl der entlaufene Sklave zu Recht mit dem Tod bestraft werden konnte, weil die Römer und alle anderen Herren das Recht hatten, sie so zu bestrafen, wollte er doch, dass Philemon ihn jetzt nicht mehr als Sklaven, sondern als Bruder wieder aufnimmt.
Hier geht es jedoch um die Frage, was „recht und billig“ ist. Denn der Ausdruck „recht“ zeigt einen Sinn für Gerechtigkeit; Gnade wäre in diesem Fall nicht angebracht gewesen, denn sie hätte die Tür mehr oder weniger offengelassen. Gerechtigkeit hält Verpflichtungen aufrecht. Im Epheserbrief heißt es, dass sie das Drohen unterlassen sollten. Es war sogar falsch, einem Sklaven mit Gewaltmaßnahmen zu drohen. Die Kolosser, die sich in einem niedrigeren Zustand befanden, hatten mehr die Schwierigkeit, gerecht und unparteiisch zu sein und werden deshalb dazu aufgefordert; die Herren hatten gegenüber ihren Sklaven bestimmte Verpflichtungen, die sie anerkennen mussten. Bildet euch nicht ein, ihr Herren, dass alle Pflichten auf einer Seite liegen; ihr habt ebenso Pflichten gegenüber euren Sklaven. Diese Seite wird oft vergessen und scheint mit dem Wort „recht“ gemeint zu sein; das Wort „billig“ bezieht sich mehr auf das Bevorzugen einiger.
Die rationalistische Philosophie gründet sich hauptsächlich auf das Bestreben, das Wort „Pflicht“ auszulöschen. Ich habe Personen gekannt, sogar in der Kirche, die jede Form von Pflicht für einen Christen ablehnten. Aber das ist ein fataler Irrtum. Die Gnade allein gibt zweifellos die Kraft, aber die moralischen Verpflichtungen bleiben immer verbindlich.