Behandelter Abschnitt 5Mo 6
In diesem Kapitel finden wir den ersten der Texte, die unser Herr zitiert. Ich brauche nicht zu sagen, dass dieser Text einen besonders ernsten Charakter hat. Der Abschnitt besteht auf der Einheit des wahren Gottes. Dies war eine Wahrheit, die Israel am ehesten missachtete. Gerade der Punkt des Glaubens, für den wir besonders verantwortlich sind und bei dem wir am meisten in Gefahr stehen, ihn unter Druck oder aus Nachlässigkeit zu vergessen. Das, wozu wir berufen sind, ist das, was Satan zu zerstören sucht. Durch wen? Von unseren Widersachern? Nein, nicht nur, sondern auch durch uns selbst. Um das anzuwenden, was uns jetzt hier beschäftigt, nenne mir die wichtigsten, grundlegenden und hervorstechendsten Punkte des Christentums, und ich werde dir zeigen, dass dies genau die Wahrheiten sind, bei denen die Christen am meisten in Gefahr stehen, sie zu vergessen. Was charakterisiert denn das Christentum? Die Erlösung ist vollbracht; Christus ist das Haupt der Versammlung im Himmel; der Heilige Geist ist herniedergesandt; und all dies wird im Gottesdienst und in den Wegen der Christen und der Versammlung bezeugt. Ist es das, was du empfindest? Ist es das, was du liest? Ist es das, was du hörst? Nicht weniger. Das Schwierigste, was man heute bei einem Christen finden kann, ist echte Einsicht in das Christentum. In der Tat sehen wir häufig, dass Einsicht viel besser versteht, was die Juden hätten tun sollen, als was sie selbst tun sollten. Kurz gesagt, was auch immer es ist, zu dem Gott uns aufruft, es ist genau das, was der Teufel zu verdunkeln versucht; so will er unser Zeugnis behindern.
Für den Juden ging es also um den einen wahren Gott. „So hüte dich, dass du den Herrn nicht vergisst, der dich herausgeführt hat aus dem Land Ägypten, aus dem Haus der Knechtschaft“ (V. 12). Er war der einzige Gott. Worin bestand ihre beständige Neigung? In der Wüste andere Götter aufzustellen. Dementsprechend ist dies die ernste und zentrale Wahrheit, die hier erwähnt wird. „Höre, Israel.“ Sie standen im Begriff, in das Land zu ziehen, um es zu genießen; aber: „Höre, Israel: Der Herr, unser Gott, ist ein Herr! Und du sollst den Herr, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft. Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen auf deinem Herzen sein. Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden“ (V. 4–7). Und sie sollten sie zum Zeichen binden; sie sollten sie an allen Stellen aushängen ‒ draußen vor dem Haus und drinnen, und immer. Und dies wird durch die Worte unseres Heilandes bekräftigt. „Den Herrn, deinen Gott, sollst du fürchten und ihm dienen, und bei seinem Namen schwören“ (V. 13). Es sollte ein echtes Leben sein: Es war nicht nur ein reines Dogma, sondern sollte als Tatsache bekannt sein. Es wurde als die große, wirksame Wahrheit offenbart, die Israel ständig eingeprägt wurde ‒ ihr einzig wahrer Gott.
Es scheint überflüssig zu sagen, dass dies ganz und gar nicht christlich ist; und so wie wir auf den Unterschied zwischen einem Juden und einem Christen in Bezug auf den Sabbat und den ersten Tag der Woche hingewiesen haben, so auch auf diesen. Die wesentliche Offenbarung Gottes an uns ist als Vater, Sohn und Heiliger Geist ‒ der Vater dargestellt durch den Sohn und bekanntgemacht durch den Geist. Das ist für uns eine ebenso charakteristische Wahrheit, wie es der eine Herr für einen Juden war. Nun wird sie bekanntlich als Dogma überall in der Christenheit anerkannt, außer von Irrlehrern; aber in dem Augenblick, wo sie als praktische Tatsache anerkannt wird, treten die Menschen zurück und beginnen zu relativieren und zu verstümmeln. „Ist Er denn wirklich euer Vater?“ „Kannst du Ihn Vater nennen?“ „Oh, das könnte gefährlich sein, und das wäre anmaßend;“ und so reden die Menschen weiter. Das bedeutet, dass es in dem Moment eine echte, lebendige Wahrheit wird und nicht nur Worte auf dem Papier sind. Die Anerkennung in einem Glaubensbekenntnis ist schön und gut; aber wenn sie zur Wahrheit für die eigene Seele wird und ihren Wert auf unsere Gemeinschaft und auch auf unsere Wege prägt, ziehen sich die Menschen sofort wieder in ein „schummriges religiöses Licht“ zurück, wo alles vergessen und verloren ist, nur verbal anerkannt, aber ohne Kraft für das Herz und das Leben.
Bevor wir zum nächsten Kapitel übergehen, wäre es gut, einen Moment lang die zweite Antwort unseres Herrn zu bedenken: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen“ (Mt 4,7). Was war damit gemeint? Nicht irgendeine gewöhnliche fleischliche Sünde unsererseits, wie viele vermuten. Gott zu versuchen bedeutete, an Ihm zu zweifeln, wie viele, wir alle, dazu neigen. Satan nutzte die Schriftstelle aus, die besagt, dass Er seinen Fuß nicht an einen Stein stoßen sollte. Er zitiert dementsprechend Psalm 91 und deutet Jesus an, dass, wenn Er der Sohn Gottes sei, Er sich nur von der Zinne des Tempels zu stürzen brauche, und alle müssten seinen Ansprüchen zustimmen. War dies nicht eine positive Verheißung? Gott würde „seinen Engeln über dir befehlen“ (Ps 91,11); und was für ein feiner Beweis wäre es, dass Er der wahre Messias war, wenn Er sich von einer solchen Höhe hinabstürzte und die Engel ihn dabei bewahrten! Aber Satan veränderte wie üblich das klare geschriebene Wort, sowohl mit seinem Buchstaben als auch mit seinem Geist; denn nach „dich zu bewahren“ ließ er „auf allen deinen Wegen“ aus. Dies versuchte er vor jemand zu verbergen, dessen Wege alle Gehorsam waren, indem er zu unterstellen wagte, was für eine edle Demonstration seiner Messiasschaft das wäre. Und was war die Antwort des Herrn? „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen“ (Mt 4,7). Der wahre Israelit hat es nicht nötig, Gott auf die Probe zu stellen. Wenn du vermutest, dass ein Schurke bei dir arbeitet, kannst du ihn testen, indem du ein Geldstück markierst, um zu sehen, ob er stiehlt oder nicht: Soll ich dann etwas für Gott markieren, um zu sehen, ob Er sein Wort hält oder nicht? Ich weiß, dass Gott es tun wird; ich brauche Ihn nicht zu prüfen. Das ist der Sinn der Sache, und das ist genau der Weg der Pflicht. Wer glaubt, kann sich Gott unter allen Umständen ruhig anvertrauen. Sein Vater wird für ihn sorgen. Ist das nicht in wunderbarer Harmonie mit dem Rest, der auf das Bekenntnis des einen wahren Gottes Israels folgt?