Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus (1,3).
Ein großes Unheil, das der praktischen Kraft des Christentums angetan wird, ist das Aufschieben des Segens, mit dem der Heilige Geist uns jetzt verbindet, bis wir diese Welt verlassen und in den Himmel kommen.
Angenommen, du würdest zu der großen Masse der Kinder Gottes auf der Erde sagen: Ihr seid gesegnet mit jeder geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern in Christus, dann würden sie das für bloße Begeisterung oder Mystizismus halten. Sie sind auf eine solche Wahrheit nicht vorbereitet und fragen im Allgemeinen entweder nicht nach, was der Vers bedeutet, oder schwächen ihn zu einem bloßen emotionalen Gefühl ab. Sie haben keine Vorstellung davon, dass es eine gegenwärtige Tatsache ist, die für alle Christen gilt. Auch wenn sie noch nicht sichtbar ist, ist es keine Frage des Gefühls. Mögen wir es glauben! Gefühle mögen mich täuschen, aber der Glaube kann das nie. Wenn ich eine Sache sehe, ist es nur mein Auge, das sieht. Wenn ich eine Wahrheit auf Gottes Wort hin glaube, sehe ich sie sozusagen mit Gottes Augen an. Die Welt hat die Vorstellung, dass Glaube nur die Zuversicht in Bezug auf eine Sache bedeutet, die nicht sicher ist. Das ist nicht die Bedeutung von „ich glaube“ in Bezug auf die Dinge Gottes. Meine eigene Sicht ist eine armselige Sichtweise; aber was ist mit Gottes Auge? Der Gläubige steht auf der höchsten Grundlage; er stützt sich auf die Gewissheit dessen, was Gott sagt. Glückseligkeit ist auch das Ergebnis; denn wenn man glaubt, beginnt man bald zu empfinden. Wenn du glaubst, dass Gott deine Sünden ausgelöscht hat, wirst du bald, wenn nicht sofort, anfangen, das zu genießen. Wenn ich mich selbst ansehe, werde ich immer etwas Falsches sehen. Wie ist das möglich? Meine Sünden sind alle weg; und doch, wenn ich in mich hineinschaue, sehe ich so viel, was mich schmerzt, was abscheulich und demütigend ist. Das Ablegen der Sünde ist nicht eine Sache, die in meinem Herzen geschieht, sondern ein mächtiges Werk, das Gott durch das Kreuz seines geliebten Sohnes bewirkt hat. Er fordert mich daher auf, darauf zu ruhen, weil Er selbst auch darauf ruht. Suche ich in mir selbst ein Zeichen und einen Beweis? Wenn ja, so werde ich niemals die Gewissheit auf der richtigen Grundlage haben. Wenn ich denke, dass meine Sünden vergeben werden müssen, weil ich ein veränderter Charakter bin (wie die Menschen sagen), kann ich dann jemals eine Stunde echten Frieden haben? Die Folge muss sein, dass man umso unglücklicher wird, je mehr man sich selbst verurteilt. Was Gott seinen Kindern vor Augen stellt, ist dies: Sie sollen durch und durch glücklich sein in der Gewissheit, dass ihre Sünden durch das Blut Christi vergeben sind, und dass sie dennoch nichts schonen sollen, was sie in sich finden. Sie sollen sich selbst richten, Tag für Tag, weil Christus für sie gerichtet worden ist, und Gott ihre Sünden ausgelöscht hat, und sie es nicht ertragen können, mit dem, was das Blut seines Sohnes gekostet hat, herumzuspielen.
Hier aber ist der erste große Gedanke, dass der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus uns „gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus“. Es ist nicht die Erlösung, obwohl sie natürlich darauf beruht. Ich bin hier auf der Erde, und doch weiß ich, dass ich dort gesegnet bin, wo Christus zur Rechten Gottes ist. Nicht nur, dass ich dort gesegnet bin, sondern ich bin gesegnet „mit jeder geistlichen Segnung“. Der höchste Segen, den Gott gewähren kann, ist der, den Er jedem seiner Kinder in den himmlischen Örtern in Christus gibt. In diesen wenigen Worten blicken wir auf den Höhepunkt des wunderbaren Ratschlusses Gottes im Blick auf uns und seiner Liebe zu uns. So hat Er uns nach der Fülle seiner Wertschätzung für Christus gesegnet.
Der Ausdruck „himmlische Örter“ steht im Gegensatz zum Teil der Juden, die an irdischen Orten gesegnet wurden. Wenn wir uns Hesekiel 36 ansehen, wird der Charakter unseres Segens im Gegensatz zu ihrem Segen vielleicht deutlicher: „Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein … Und ihr werdet in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gegeben habe; und ihr werdet mein Volk, und ich werde euer Gott sein“ (Hes 36,25-28). Es gibt also geistliche Gnaden, die sich mit ihren Segnungen vermischen; aber sie werden in dem Land ihrer Väter sein, das Gott der zukünftigen Generation geben wird. Es sind vor allem gelehrte, aber ungeistliche Menschen, die über diese Dinge Verwirrung stiften. Wenn die Leser sich nur einfach an die Schrift hielten, würden sie nicht in solche Fehler fallen. Die Propheten sagen: „Und ihr werdet in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gegeben habe“. Nichts kann deutlicher sein als dies. Er soll Israel auf der Erde segnen – zweifellos auch in ihrem Inneren –, doch der Bereich dieses Segens ist das Heilige Land. Es ist sein irdisches Volk, nicht die Versammlung, wie wir weiter unten sehen werden. „Und ich werde die Frucht des Baumes und den Ertrag des Feldes mehren, damit ihr nicht mehr den Schimpf einer Hungersnot tragt unter den Nationen“ (Hes 36,30). Offensichtlich liegt der Segen an irdischen Orten. Ich hätte nichts dagegen, wenn gute Menschen versuchen würden, dem Ganzen eine geistliche Anwendung zu geben und damit das Evangelium predigen, vorausgesetzt, dass sie nicht irgendwann die Hoffnungen Israels auslöschen würden. In erster Linie sind die Menschen dort Israel, und sie sollen auf diese Weise gesegnet werden.
Wir sehen das Land Israel jetzt trostlos wie eine Wüste; aber „die Wüste und das dürre Land werden sich freuen, und die Steppe wird frohlocken und aufblühen wie eine Narzisse“ (Jes 35,1) an jenem Tag. Es gibt bestimmte Segnungen, die jetzt auf den Gläubigen zutreffen, das ist wahr. Auf das „Wasser“ und den „Geist“, in einem wunderbar erweiterten und vertieften Umfang, spielt unser Herr sogar in Kapitel 3 an. Aber ich wehre mich gegen die Schlussfolgerung, dass Gott sein Volk verlassen hat und dass diese Prophezeiung über die irdischen Orte mit unserem himmlischen Titel vertauscht werden sollte. Hier werden die Erde und die irdischen Segnungen vom Geist Gottes besungen. Warum sollten wir eifersüchtig auf die Juden oder auf die Erde sein? Gott hat uns eine solch überfließende und überragende Gunst erwiesen, dass wir uns wohl freuen und Ihm danken dürfen, dass die Erde für sein altes Volk aufbewahrt ist.
Wenn wir uns nun von diesem – dem vorhergesagten Segen Israels auf der Erde – zu unserem eigenen, eigentlichen Segen im Epheserbrief wenden, wie völlig anders ist dieser! „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus“. Es ist Gott, der sich in der denkbar vollsten Weise offenbart. Wer war es, der Gott überragend kannte? Wer war es, dem Gott seine Liebe zuwandte, wie es nie zuvor geschehen war? Wenn es jemals jemanden gab, der die völlige Bedeutung der Worte „mein Vater“ ergründete, dann war es der Herr Jesus. Und wer außer Ihm ergründete die Tiefen von „mein Gott“? Doch nun hat dieser Gepriesene durch die Erlösung und die Gabe des Geistes den Gläubigen in Ihm befähigt, dasselbe Vorrecht mit Ihm selbst zu genießen. Nur in dem Maß, in dem wir es mit Einfalt annehmen und die alte Natur (die niemals Zugang dazu hat, sondern nur als eine dicke Wolke über unseren Segen kommt) verurteilen, werden wir in den völligen Genuss unseres Segens eintreten.
Israels Hoffnung ist nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich, an irdischen Orten, zum erhabensten Volk hier auf der Erde gemacht zu werden. Der Schauplatz unserer Segnung ist dagegen an himmlischen Örtern, und wir sind dort jetzt in Christus gesegnet. Mit einem Wort, ein Christ ist wie jemand, der zur Familie des Herrschers gehört. Es mag Staatsgründe geben, die es für den Erben des Königs wünschenswert machen, als Fremder durch ein fremdes Land zu ziehen, unbekannt und unbeachtet. So ist es auch mit dem Christen. Er ist weder von dieser Welt noch von dieser Zeit. Sein Körper ist von der Erde, aber das, was ihn zu dem macht, was er ist, als ein Sohn Gottes, hat nichts mit der gegenwärtigen Szene oder den Umständen zu tun. Er gehört ganz und gar zu einem verherrlichten Christus. Wenn Gott beginnt, mit Israel zu handeln, wird das eine andere Sache sein. Die Aufmerksamkeit der ganzen Welt wird auf sie gerichtet sein. Es gab eine Zeit, in der das Volk Israel trotz all seiner Sünde einen enormen Einfluss in der Welt ausübte, obwohl es eine kleine Nation war und nur einen schmalen Streifen Land besaß, wo es wohnen konnte. Ihre Priester und Könige gaben den wahren Gott auf, der sie daraufhin zum traurigen Beweis seiner Gerichte machte. Aber der Tag kommt bald, an dem sie, die geschlagen haben, ihren verworfenen Messias anerkennen werden, und dann wird der völlige Glanz erstrahlen, zu dem Israel von Gott bestimmt ist. Er wird sie mit Segen jeder Art hier auf der Erde krönen. Alle Völker der Erde werden sich vor Israel verneigen; Könige und Königinnen werden ihre stillenden Väter und Mütter sein. Die Christenheit, die als stolze und kraftlose politische Maschinerie verachtet wird und mehr und mehr in Abtrünnigkeit verkommt, wird wie Vasti beiseitegestellt werden; Gott wird sein Volk Israel, die Esther des großen Königs, mit allen äußeren Segnungen an irdischen Orten segnen, wobei Er sich nicht als der Gott und Vater des Herrn Jesus Christus offenbart, sondern als der Gott, Jahwe, der Höchste, der endlich in dem niedrigen Jesus von Nazareth erkannt wird.
Ist das die Art und Weise, in der hier von uns gesprochen wird? Ganz und gar nicht. Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus hat uns mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus gesegnet. Ein Jude hat nirgendwo im Alten Testament die Hoffnung, in seinem Messias gesegnet zu werden. Miterben mit Christus zu sein, nicht nur gesegnet durch Christus, sondern in Christus, ist eine Vorstellung, die dem einsichtigsten Israeliten unmöglich in den Sinn kommen konnte. Mit einem Wort, ihr Teil wird immer unter ihrem Messias sein, um von Ihm als ein irdisches Volk regiert zu werden. Aber wir, die jetzt an Christus glauben, werden denselben Segen haben, den Gott der Vater dem auferstandenen Christus verleiht. Was hat Er für Christus getan? Er hat Ihn auferweckt und alles seinen Füße unterworfen. Diese Herrlichkeit wird Er nicht allein haben. Er wartet auf seine Braut – auf die, die jetzt aus Juden und Heiden zur Erkenntnis seines Namens berufen werden. Der Herr zeigt die Herrlichkeit noch nicht, obwohl Er persönlich erhöht ist, weil Er auf seine Gefährten wartet, um sie mit ihnen zu teilen; sie sind Erben durch seine Gnade, nicht nur von den Vätern, sondern von Gott, und Miterben mit Christus.
Nichts kann größer oder höher sein als der Segen, von dem hier die Rede ist. Christus wird seine himmlischen Menschen droben und seine irdischen Menschen hier auf der Erde haben; jeder wird völlig gesegnet sein, wenn auch in verschiedenen Bereichen. Darf ich die in Kapitel 1 dargelegte Wahrheit dem gründlichen Studium der Kinder Gottes ans Herz legen? Es steht uns zwar gut an, das Wort Gottes zu hören, aber es verlangt von uns Ernsthaftigkeit und ein Suchen darin wie nach einem verborgenen Schatz. Wir dürfen nicht erwarten, durch das Wort Gottes wirklich und vollständig gesegnet zu werden, wenn wir nicht Fleiß anwenden.
Wir haben bereits den zweifachen Namen gesehen, in dem Gott seine Heiligen jetzt segnet; in beiden ist die Form des Segens nur in Christus zu finden. Hätte Gott sich nur als der Gott Abrahams oder Isaaks offenbart, würde Er nicht für einen Segen sorgen, der über den hinausgeht, der den Vätern versprochen wurde. Jetzt tut Er es. Anstatt nur den jüdischen Segen vor sich zu haben, hat Er Christus im Blick, den Er von den Toten auferweckt und zu seiner Rechten gesetzt hat, wo Er weder David noch irgendjemand anderen hingesetzt hat. Es ist ein Platz, der Ihm kraft seiner persönlichen Herrlichkeit und seiner Leiden bis zum Tod gehört. Wir mögen mit Christus auf seinem Thron sitzen, aber das ist etwas ganz anderes, als wenn Christus zur Rechten Gottes sitzt. In dieser Zeit segnet Er als Gott des Herrn Jesus Christus – es ist der völlige Segen, der Christus selbst als Empfänger des Segens angemessen wäre. Die Gnade macht uns zu gemeinsamen Empfängern mit Christus, um von Gott gesegnet zu werden, der auf diese Weise und in diesem Maß segnet. Und nicht nur das. Er ist der Vater des Herrn Jesus, und als solcher segnet Er auch uns. So sind diese beiden Charakterzüge, entsprechend denen wir gesegnet werden, die allerhöchsten, in denen man Gott betrachten kann. Die Charakterzüge Gottes, sowohl als Gott als auch als Vater, wie sie mit Christus zu tun haben, führen zu einem Segen, einem angemessenen Segen, den Er uns gibt. Daher gibt es keine Grenze. Er hat uns „mit jeder geistlichen Segnung“ gesegnet, und zwar, wie wir gesehen haben, nicht auf der Erde, dem vergleichsweise niederen Teil des Universums, sondern in der höchsten Umgebung der Macht Gottes, „in den himmlischen Örtern“; und um alles zu krönen und zu vollenden, ist es „in Christus“; alles ist in seiner Person sicher.