Nachdem er so gesprochen hat, wendet er sich mit jener bemerkenswerten Abruptheit, die seinen Charakter kennzeichnet – denn wir alle müssen die außerordentliche Schnelligkeit des Übergangs von einem Thema zum anderen bemerkt haben, die die Schriften des Apostels so häufig kennzeichnet – dem Thema zu, das seinen Geist erregte, und fasst in diesen letzten Versen sowohl die Gefahr als auch den Segen zusammen.
So viele im Fleisch gut angesehen sein wollen, die nötigen euch, beschnitten zu werden, nur damit sie nicht um des Kreuzes Christi willen verfolgt werden (6,12).
Er kümmert sich nicht darum, was die Leute sagen mögen. Sie mögen es Unterstellen von Motiven nennen, aber das macht nichts. Es ist vergeblich, zu leugnen, dass die Gesetzlichkeit sich mit der Welt verbrüdert und ihre eigene Bequemlichkeit liebt, die gegenwärtige Belohnung liebt, so sehr sie sich auch der Frömmigkeit rühmen mag; es ist schließlich nur ein Wunsch, „im Fleisch gut angesehen“ zu sein. Das ist sehr wichtig; denn ich frage: Was ist es jetzt, dass die Menschen suchen, und womit die Menschen befriedigt werden würden? Wenn du die ganze Welt bereisen, die Kirchen und Kapellen besuchen würdest und dort Menschen antreffen würdest, die allgemein nüchtern und in einer anständigen, geordneten Art und Weise leben – was gäbe das für einen allgemeinen Jubel über den verbesserten Zustand und die Aussichten der Christenheit! Und was wäre das alles vor Gott? Ich zögere nicht im Geringsten zu sagen, dass, wenn es mehr nicht gäbe, es nur darum ginge „im Fleisch gut angesehen“ zu sein. Als Christen sind wir berechtigt, mehr zu erwarten und uns sollten uns niemals damit zufrieden geben, dass Menschen „vom Tod zum Leben übergehen“ – dass Menschen aus der Macht Satans befreit und in das Reich des Sohnes der Liebe Gottes versetzt werden (Kol 1,13). Bis sie die die Grenze überschritten haben, aus den Bereichen der Menschen in die Gegenwart Gottes, was ist da geschehen, das ein positiver Grund für christliche Freude und Dankbarkeit sein könnte? Es ist jetzt nicht nur eine Frage der Gesellschaft oder der Welt. Wir wissen, dass die Welt unter dem Gericht steht, dass seit dem Kreuz Christi das Gericht bevorsteht, und zwar so sicher, wie wenn ein Verbrecher vor Gericht steht und für schuldig befunden wurde; wie wenn er in seiner Gefängniszelle auf die Vollstreckung des Urteils wartet – so ist der Zustand des Menschen.
Sind sich die Christen dessen bewusst? Höchst unvollkommen. Wenn sie es wären, könnten sie dann eine gemeinsame Sache mit der Welt machen? Könnte ein Mensch in die Zelle des Verurteilten gehen und mit ihm reden, als ob nichts wäre? Wir müssen annehmen, dass ein solcher Redner kein rechtes Empfinden hat. So ist es in einer weit schrecklicheren Weise als die Hinrichtung eines einzelnen Verbrechers. Wir wissen wohl, dass es an dem Tag, der kommen wird, kein Entrinnen geben wird, weder damals noch in der Ewigkeit. „Und wie es in den Tagen Noahs geschah, so wird es auch in den Tagen des Sohnes des Menschen sein: Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet, bis zu dem Tag, als Noah in die Arche ging; und die Flut kam und brachte alle um. Ebenso wie es in den Tagen Lots geschah: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten; an dem Tag aber, als Lot aus Sodom herausging, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte alle um. Ebenso wird es an dem Tag sein, da der Sohn des Menschen offenbart wird“ (Lk 17,26-30).
Gott sieht, dass alle seine Kinder ihr Zeugnis in der Welt ablegen, dass sie von Ihm selbst wissen: Alles hängt an der Ungewissheit eines Fadens. Das Gericht schwebt über ihr, Christus ist bereit, Lebende und Tote zu richten (1Pet 4,5). Er wartet auf den Willen seines Vaters. Es dreht sich einfach alles um diese Sache. Aber uns wird gesagt und wir wissen es, dass Er kommt, und zwar bald; und wir warten darauf. Doch inmitten dieser Szene einer Welt, die unter dem Gericht steht, und mit dem Herrn, der kommt, um das Gericht über sie auszuführen, gibt es eine Anzahl von Menschen, die durch den Glauben an Christus in das ewige Leben übergegangen sind und die es wissen – zumindest sollten sie es wissen. Sie gehören zu dem, der richten wird, nicht zu der Welt, die gerichtet werden wird.
Was ist die Wirkung von alledem? Diese Menschen haben im Geist die Verhältnisse aufgegeben, in denen die Menschen sich bemühen, „im Fleisch gut angesehen“ zu sein; sie haben sich zu Gott bekehrt; sie haben sich vor dem Heiland, dem Herrn Jesus, niedergebeugt und haben in Ihm ewiges Leben und Frieden gefunden. Alles ist geregelt zwischen ihnen und Gott. Mit Christus, dem Licht, der Wahrheit, dem Leben, ist das „im Fleisch gut angesehen“ zu sein, verschwunden. Und während dieses großen Vorgangs versucht ein großer Teil der Welt, so religiös wie möglich zu sein, das heißt die Religion mit der Welt in Einklang zu bringen. Und als Auswirkung dieser Strategie des Feindes und ihrer eigenen Unachtsamkeit fallen sehr viele Kinder Gottes darauf herein, weil große Namen dort sind, der Schein da ist und sogar das Wort Gottes zitiert wird, um zu zeigen, dass es richtig ist, diesen Weg zu gehen. Das gewöhnlich damit einher, dass man das, was Gott zu Israel sagt, das Gottes Volk nach dem Fleisch war, das durch das Gesetz regiert wurde, nimmt und es auf die anwendet, die jetzt Gottes Volk sind, die dazu berufen sind, unter der Gnade und unter Christus allein zu wandeln, die den Heiligen Geist haben, damit sie im Geist wandeln und in keiner Weise dem Fleisch nachgeben.
Die Vermischung der beiden Dinge verführt die Christen zu etwas, was letztlich nur die Religion des Fleisches ist. Sie denken, dass ein irdisches System religiöser Formen jetzt richtig sein muss, weil es seine Berechtigung im Alten Testament hatte. Sie sehen, dass Gott einmal „ein weltliches Heiligtum“ anerkannt hat, und folgern daraus, dass dies für alle Zeiten und Orte gilt. So werden sie in den Wunsch hineingezogen, „im Fleisch gut angesehen“ zu sein; umso leichter, als sie gewöhnlich eine Abwesenheit von Verfolgung, nein, von Ansehen bei der Welt nach sich zieht. Die Menschen sind sich darüber im Klaren, dass man die Welt nicht dazu bringen kann, mit einem über ihre eigene Sicht- und Verstandesebene zu gehen. Aber in dem Moment, in dem man herunterkommt, um der Welt zu begegnen, hat man den christlichen Boden verlassen. Eine neue Natur ist erforderlich. Der Glaube ist unerlässlich. Die Welt hat diesen Glauben nicht. Man muss sich auf den Weg der Welt herabbegeben, wenn man mit der Welt gemeinsame Sache machen will. Nicht, dass die Welt dadurch christlich wird, sondern dass die Christen dadurch weltlich werden. Nur darum geht es bei dem Versuch, die Christen mit denen, die keine Christen sind, im Dienst und in der Anbetung Gottes zu verbinden.
Hört den ernsten Satz: „So viele im Fleisch gut angesehen sein wollen, die nötigen euch, beschnitten zu werden, nur damit sie nicht um des Kreuzes Christi willen verfolgt werden (6,12). Sie wollen, dass ihr euch diesen religiösen Formen unterwerft. Der Grund ist, dass sie sich davor fürchten, für Christus zu leiden. Das Kreuz ist das Ende der alten Welt, in der das Fleisch anerkannt wurde; und die Einführung des neuen Zustandes der Dinge, in dem nur das, was vom Heiligen Geist ist, vor Gott Wert hat. Er zeigt, dass der Egoismus am Ende der Grund ist. Wenn Menschen mit der Welt wandeln, gibt es nie ein ruhiges Gewissen. Nichts erfreut die Welt so sehr, wie echte Christen dazuzubringen, mit ihr zu wandeln. Wie demütigend ist der Erfolg Satans dabei.
Gott hat die Christen dazu berufen, als ein Volk zu zeigen, dass es in Christus glücklich ist und doch nichts als Drangsal in der Welt hat. Ich spreche jetzt nicht von unseren gewöhnlichen, alltäglichen Prüfungen. Wenn Gläubige törichte Dinge tun und wie andere darunter leiden, haben sie ihren Anteil an den Folgen ihrer eigenen Torheit. Aber es gibt Prüfungen, die über einen Christen kommen, weil er ein Christ ist – verachtet und verworfen zu werden, über den schlecht geredet und der verleumdet wird, weil er mit Gott wandelt und sich auf die Seite Gottes gegen die Welt gestellt hat; weil er ein Teilhaber des Kreuzes Christi ist und auf seine Herrlichkeit wartet und deshalb nicht nur die schlechten, sondern auch die besten Dinge der Welt ablehnt. Dies ist es, worüber die Welt so zornig ist. Sie mögen von den Fehlern der Christen reden; aber würden dieselben Fehler von der Welt begangen, wie schnell und leicht würden sie überwunden werden! Aber wo es sich um einen Christen handelt, gibt es etwas, das sie empfinden lässt, dass die Person zwar schwach und töricht sein mag, aber dennoch in gewissem Sinn über der Welt steht; und das ist es, was sie wirklich unruhig macht.
Wenn die Christen, um die es hier geht, sich nur beschneiden lassen würden! Doch jeder kann sich beschneiden lassen, auch wenn er nicht bekehrt ist. Man braucht sich nur mit einem weltlichen Menschen einzulassen, und er wird sich freuen, weil man auf eine Ebene herabsteigt, auf die er sich mit dir begeben kann. Ich mische mich nicht in den Versuch der Welt ein, die Welt zu reformieren; aber ich habe viel zu sagen über die Sünde und die Schande der Christen, die sich mit der Welt zusammentun in ihren Bemühungen, den Niedergang durch Versprechen und Gelübde der Menschen aufzuhalten. Es ist ein völlig falscher Ansatz und widerspricht dem Evangelium, das von der völligen Schlechtigkeit der menschlichen Natur ausgeht. In dem Augenblick aber, wo sie ein Werk zur Verbesserung dieser Natur tun, was der weltliche Mensch ebenso tun kann (und er kann das Gelöbnis ebenso unterschreiben wie sie), ist es klar, dass sie den Boden erreicht haben, auf dem der Christ Christus als seine einzige göttlich gestimmte Waffe für den Umgang mit dem Menschen im Fleisch aufgibt und zu Bogen und Pfeilen, wenn ich so sagen darf, der moralischen Zurückhaltung zurückkehrt. In der Tat kann ich nicht anders, als es als eine niedrigere Ebene zu betrachten, wenn es die Beschneidung ist, die der Bild einer höchst gesegneten Wahrheit war – das vollständige Ablegen des Fleisches. Aber als Christus starb, wurde alles, was nur Vorbilder gewesen waren und als wirksame Heilmittel völlig versagt hatten, in seinem Grab beerdigt; und jetzt ist Er auferstanden, und es gibt ein neues Leben in der Auferstehung, das keine Beziehung zu dem alten hat, außer es abzutöten. Die Wirklichkeit des Lebens ist hervorgetreten, und damit hat der Christ jetzt zu tun. Christus ist sein Leben und auch sein Ziel geworden. Es ist das große Ziel des Teufels, die Christen dazu zu bringen, irgendeinen anderen Namen neben Christus auf die Kinder Gottes zu schreiben: So ist egal, was es ist, ob man die Beschneidung als Bild des geistlichen Segens nimmt oder die bloßen natürlichen moralischen Beschränkungen heutzutage, es ist ganz und gar ein Irrtum in Bezug auf den Gegenstand, für den Gott uns in diese Welt ausgesandt hat. Der Christ ist außerhalb dieser Sphäre; er ist an den Ort der Gnade gerufen. Der Platz des Richters ist nicht der der Gnade, sondern der der Regierung, die natürlich die Bestrafung des Bösen verlangt. Das ist nicht Gnade. Gnade ist nicht Gesetz, sondern: „Dem, der dich auf die Wange schlägt, biete auch die andere dar“ (Lk 6,29). Es wäre das Ende aller Gerechtigkeit, wenn die Richter so handeln würden. Aber während der Christ sich nicht mit nichts außerhalb des Ortes der Gnade zu beschäftigen hat, ist er verpflichtet, die Regierung anzuerkennen und niemals herablassend über Würden in der Welt zu sprechen. Je besser er seine eigenen Vorrechte kennt, desto mehr kann er es sich leisten, die Ehre der Obrigkeit zu wahren. Er besitzt sie umso mehr, weil er sie selbst nicht begehrt. Er hat selbst eine viel bessere Stellung; aber wenn er das Geheimnis seiner eigenen Freude und Freiheit in dieser Welt kennt, soll er zugleich die höheren Mächte anerkennen, die Gott in der irdischen Herrschaft eingesetzt hat. Wenn Menschen in der gleichen Sphäre sind, kann es mehr oder weniger Rivalität geben; denn die Menschen ziehen es vor, andere zu beherrschen, als selbst beherrscht zu werden. Aber wenn jemand ganz von der Welt befreit ist, kann er umso herzlicher anerkennen, was hier auf der Erde von Gott ist, und die Weisheit seiner Ordnung dort sehen. Aus diesem Grund drängt der Heilige Geist den Christen immer dazu, dem Gesetz zu gehorchen und den König oder einen anderen Statthalter zu ehren, unter dem er stehen mag.