Gott sorgte dafür, dass zwischen der Verheißung, die Abraham und Isaak gegeben wurde, und dem Gesetz ein Zeitraum von mehr als vier Jahrhunderten vergehen sollte. Hätte Er das Gesetz kurze Zeit später gegeben, hätte man sagen können, es sei alles ein und dasselbe. Aber wie konnte man das denken, da 430 Jahre dazwischen lagen? Die Verheißung hat ihren eigenen besonderen Zweck, und das Gesetz auch; und wir sollen die beiden Dinge nicht miteinander vermischen. Nicht, dass wir eines von beiden beiseitelassen sollen. Im Gegenteil, ich behaupte, dass kein Mensch, der das Gesetz Gottes verachtet, einen rechten Wert für seine Verheißungen hat. Ich erkenne den überragenden Wert des Gesetzes an; aber was ist sein Zweck? Das haben wir hier, und sind daher nicht unseren eigenen Vermutungen überlassen. Der Bund des Gesetzes, der 430 Jahre nach der Erteilung der Verheißung an Abraham kam, kann nicht widerrufen, was Gott vorher gesagt hatte. Wenn ein Mensch, der eine Belohnung in Aussicht stellt, eine Bedingung daran knüpft, ist das in Ordnung. Aber angenommen, du sagst zu einem anderen: „Ich will dir mein Haus und meinen Garten überlassen“, ohne irgendeine Bedingung hinzuzufügen; wenn du nach einem oder zwei Jahren zu dem Mann sagen würdest: „Du musst mir tausend Pfund für das Haus und den Garten zahlen“, könnte er antworten: „Was meinst du? Bereust du dein Versprechen? Du hast mir den Besitz bedingungslos gegeben, und jetzt verlangst du von mir die Bezahlung!“ Da war die bedingungslose Verheißung Gottes an Abraham; diese muss für immer unangetastet bleiben. Aber 430 Jahre später treten Bedingungen ein: „Wenn ihr wirklich meiner Stimme gehorchen werdet, ... dann werdet ihr sein“ und so weiter. Dann war es so, dass Gott den Segen vom Gehorsam abhängig machte. Setzt Gott also ein Prinzip gegen ein anderes? In keiner Weise. Er ließ den Ablauf der Zeit zu, unter anderem, um zu zeigen, dass die beiden Dinge völlig unterschiedlich sind, wie auch ihr Ziel. Deshalb kann, wie der Apostel hier begründet, das Prinzip der Bedingung, das mit dem Gesetz kam, nicht das der Gnade aufheben, das mit der Verheißung kam. Als Gott zu Abraham sagte: „Und ich werde dir und deinen Nachkommen nach dir das Land deiner Fremdlingschaft geben, das ganze Land Kanaan, zum ewigen Besitztum“ (1Mo 17,8), fügte Er nicht hinzu: Wenn du dies und jenes tust. Der Herr gab ihm dort bestimmte Segnungen, die ganz von der Güte und unverdienten Gunst Gottes abhingen. Das war der Weg Gottes in den Verheißungen. Aber im Gesetz hing alles von dessen Befolgung durch den ab, der ihm unterstellt war. Die Stimme des Gesetzes ist für die Gerechten ein Segen und für die Schuldigen ein Fluch. „Der Mensch, der diese Dinge tut, wird durch sie leben“ (Röm 10,5). „Verflucht ist jeder, der nicht bleibt in allem, was im Buch des Gesetzes geschrieben ist, um es zu tun“ (Gal 3,10).
Denn wenn die Erbschaft aus Gesetz ist, so nicht mehr aus Verheißung; dem Abraham aber hat Gott sie durch Verheißung geschenkt (3,18).