Behandelter Abschnitt Gal 1,11-12
Ich tue euch aber kund, Brüder, dass das Evangelium, das von mir verkündigt worden ist, nicht nach dem Menschen ist. Denn ich habe es weder von einem Menschen empfangen noch erlernt, sondern durch Offenbarung Jesu Christi (1,11.12).
Es gab zweifellos etwas Außergewöhnliches in der Art und Weise, wie dem Apostel Paulus das Evangelium bekanntgemacht worden war. Er wurde nicht durch die Predigt des Evangeliums bekehrt, wie es bei den meisten der Fall ist. Der Fall des Petrus war ähnlich. Fleisch und Blut hatten es ihm nicht offenbart, sondern der Vater im Himmel. Petrus war die erste Person, der über die Herrlichkeit Christi belehrt wurde – und zwar, dass die Herrlichkeit nicht nur mit den jüdischen Prophezeiungen verbunden ist, sondern die tiefere Herrlichkeit Christi, wie Christen Ihn jetzt kennen sollten, als den Sohn des lebendigen Gottes; nicht ausschließlich mit der Erde verbunden. Petrus war der erste, dem der Heilige Geist die große Wahrheit offenbarte, dass Jesus nicht nur der Messias war, sondern der Sohn Gottes in einem himmlischen und göttlichen Sinn. Petrus wurde daher von Gott geehrt und von unserem Herrn an einen ganz besonderen Platz gestellt. Er war es, dem unser Herr seine Versammlung zuerst offenbarte. Im Fall von Paulus ging die Wahrheit noch weiter. Denn wenn wir den Vater haben, der Petrus den Sohn offenbart, geht Paulus noch weiter und sagt, dass Gott seinen Sohn in ihm offenbart hat. Petrus hätte sagen können: „Es hat dem Vater gefallen, mir den Sohn zu offenbaren; Paulus konnte sagen, dass es Gott „wohlgefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren“ (V. 16). Paulus wurde vom Heiligen Geist in eine allmählich zunehmende Erkenntnis der großen und herrlichen Wahrheit des Einsseins des Gläubigen mit Christus geführt. Aber das wird hier nicht hervorgehoben. Dennoch konnte der Ausdruck „seinen Sohn in mir zu offenbaren“ (V. 16) kaum von jemandem verwendet worden sein, der diese Wahrheit nicht kannte. So wie der Apostel im Hebräerbrief davon spricht, dass die Gläubigen Freimütigkeit haben, durch das Blut Jesu in das Heiligtum einzugehen, obwohl der Hebräerbrief nicht offenbart, dass wir Glieder des Leibes Christi sind, so könnten wir doch nicht ermahnt werden, durch das Blut Jesu in das Heiligtum einzugehen, wenn wir nicht Glieder seines Leibes, seines Fleisches und seiner Gebeine wären; so konnte nur Paulus sagen: Es hat Gott wohlgefallen, „seinen Sohn in mir zu offenbaren“. Es hängt mit der Wahrheit zusammen, für die Paulus der auserwählte Zeuge war – die Vereinigung von Christus und der Versammlung, die schon bei seiner Bekehrung angedeutet wurde. „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ (Apg 9,4). Er verfolgte die Gläubigen; und der Herr sagt: Sie zu verfolgen, heißt, mich zu verfolgen. Sie waren eins. Die Versammlung und der Herr sind eins. Wir sind nicht Glieder der Gottheit Christi, sondern seines Leibes. Nur als Mensch hat Er einen Leib. Aber während Er ein Mensch auf der Erde war, waren wir keine Glieder. Wenn das Weizenkorn nicht stirbt, bleibt es allein; „wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht“ (Joh 12,24), das heißt, es beruht auf dem Tod und der Auferstehung Christi, dass Er andere mit sich selbst als Glieder seines Leibes, seines Fleisches und seiner Gebeine verbinden kann. Christus im Himmel und die Gläubigen auf der Erde bilden einen Leib. Das ist es, was Paulus bei seiner Bekehrung gelernt hat. Mit dem Inhalt dieser Erkenntnis sagt der Apostel: „Ich tue euch aber kund, Brüder, dass das Evangelium, das von mir verkündigt worden ist, nicht nach dem Menschen ist“ (V. 11).
Es sei mir erlaubt, noch ein oder zwei Worte im Zusammenhang mit dem Evangelium des Paulus zu sagen. Er ist der Einzige, der sein Evangelium als das Evangelium der Herrlichkeit charakterisiert. Und es mag interessant sein zu wissen, dass der Apostel, wenn er diesen Ausdruck verwendet, nicht einfach „herrlich“ sagt, wie wir es verwenden; er meint das Evangelium der Herrlichkeit. Und die wahre Kraft dieses Ausdrucks ist diese: Es ist das Evangelium Christi, der verherrlicht zur Rechten Gottes ist. Es ist die frohe Botschaft, dass wir einen Retter haben, der auferstanden und verherrlicht ist. Wir sind zu allen Wirkungen seiner Herrlichkeit wie auch seines Todes am Kreuz aufgerufen. Andere Apostel haben nie über das Thema geschrieben, dass die Versammlung mit Christus einsgemacht wird; nur Paulus tat das. Möglicherweise war Paulus also der Einzige, der in der Lage war zu sagen: Wenn jemand meinem Evangelium etwas hinzufügt; „Er sei verflucht!“ Obwohl Paulus etwas zu ihrem Evangelium hinzufügte, konnten sie zu seinem nichts hinzufügen. Die Apostel verkündeten Christus als den Messias und machten die Vergebung der Sünden durch seinen Namen bekannt; aber sie stellten nicht die himmlische Herrlichkeit Christi vor, wie Paulus es tat. Er stellte alle diese Wahrheiten vor und noch mehr, die nie zu ihnen gekommen waren. Das ist der Grund, warum er ständig von „meinem Evangelium“ spricht. Denn während es natürlich, was die großen Wahrheiten des Evangeliums betrifft, keinen Unterschied zwischen dem gab, was Paulus und die anderen Apostel predigten, gab es einen großen Fortschritt in dem, was Paulus über sie hinaus predigte. Es gab nichts Widersprüchliches; aber da Paulus nach der Himmelfahrt unseres Herrn berufen wurde, war er der, bei dem es besonders angebracht war, etwas hinzuzufügen. Bis Paulus berufen wurde, fehlte noch etwas, um die Summe der offenbarten Wahrheit zu vervollständigen. In Kolosser 1,25 sagt er, dass er ein Diener Christi war, um das Wort Gottes zu vollenden, um eine gewisse Lücke auszufüllen, die noch nicht ausgefüllt war. Paulus war die Person, die vom Heiligen Geist dazu eingesetzt wurde. Johannes brachte prophetische Wahrheit hervor, Prophetie, die völlig außerhalb dessen liegt, wovon wir gesprochen haben, denn sie offenbart die Handlungen Gottes mit der Welt und nicht mit der Versammlung. Deshalb kann der Apostel mit Nachdruck auf die Gefahr hinweisen, von dem, was er verkündigt hat, abzuweichen oder ihm etwas hinzuzufügen. Dies ist sehr wichtig. Andere mögen nicht die ganze Wahrheit predigen, aber das ist nicht das, was er so stark anprangert. Kein Mensch sollte verurteilt werden, weil er die höhere Wahrheit Gottes nicht entfaltet. Wogegen wir uns auflehnen sollten, ist das Hinzufügen von etwas, das dem Evangelium widerspricht, oder das Vermischen des Gesetzes mit der Gnade Christi, das Füllen von neuem Wein in alte Schläuche. Einige mögen sich auf den Jakobusbrief beziehen; aber Jakobus stellt das Gesetz nie so dar, dass es mit dem Evangelium in Widerspruch gerät, obwohl das, was er sagt, jemanden davor bewahren kann, die ernste Warnung des Heiligen Geistes vor der Vermischung des Gesetzes mit dem Evangelium in irgendeiner Form zu missbrauchen. Es wird viele Gelegenheiten geben, zu zeigen, wie der Apostel Paulus in diesem Brief darauf Bezug nimmt.