Behandelter Abschnitt 2Kor 8,9-15
Wir haben gesehen, wie mächtig der Gedanke des Herrn auf die Gläubigen in Mazedonien einwirkte, die trotz ihrer großen Armut die Erwartungen des Apostels so sehr übertrafen. Nun lässt er seine Gnade auf die von Achaja einwirken, da er Grund zu der Annahme hatte, dass sie das entsprechend empfanden.
Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet. Und ich gebe hierin eine Meinung; denn dies ist euch nützlich, die ihr nicht allein das Tun, sondern auch das Wollen vorher angefangen habt, seit vorigem Jahr. Nun aber vollbringt auch das Tun, damit, wie die Bereitschaft zum Wollen, so auch das Vollbringen da sei nach dem, was ihr habt. Denn wenn die Bereitschaft vorhanden ist, so ist jemand angenehm nach dem, was er hat, und nicht nach dem, was er nicht hat. Denn nicht damit andere Erleichterung haben, ihr [aber] Bedrängnis, sondern nach der Gleichheit: In der jetzigen Zeit diene euer Überfluss für deren Mangel, damit auch deren Überfluss für euren Mangel diene, damit Gleichheit werde; wie geschrieben steht: „Wer viel sammelte, hatte keinen Überfluss, und wer wenig sammelte, hatte keinen Mangel“ (8,9–15).
Der Einschub ab Vers 9 ist äußerst lehrreich, nicht nur für das, was auf die Korinther und auf alle Gläubigen, die die Gnade unseres Herrn zu schätzen wissen, kraftvoll wirken würde, sondern als ein Beispiel dafür, wie der Geist Gottes das, was in Christus war, auf jede Notlage des Einzelnen oder der Versammlung anwendet. Auch wirkt kein anderes Motiv mit gleicher Kraft in der Heiligkeit. Und es könnte nicht anders sein; denn wer oder was kann sich mit Christus vergleichen? Zu seiner Gnade, obwohl sie wirklich unermesslich ist, werden zwei Maße angewandt, die unendliche Herrlichkeit seiner Person an sich und die Tiefe der Erniedrigung, der Er sich für uns unterwarf. „Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet“ (V. 9).
Reichtum besteht in der Fülle der Mittel und Hilfsquellen, und Armut in deren völligem Mangel. Als göttliche Person hatte unser Herr keinen Bedarf für sich selbst, und alle Dinge für andere absolut zur Verfügung. Er war zwar reich, wurde aber um unseretwillen arm, nicht nur dem Buchstaben nach, sondern im Geist bis zum Äußersten. Sieh dir das Bild an, das in Philipper 2 zusammengefasst und in allen Evangelien erweitert oder in Einzelheiten beschrieben wird, das vollkommene Vorbild dessen, der in Abhängigkeit von seinem Vater war und während seiner ganzen irdischen Lebens nie auch nur eine einzige Sache für sich selbst verwendete. Er wartete auf den Vater und lebte um des Vaters willen; es war seine Speise, seinen Willen zu tun und sein Werk zu vollenden. Er hatte kein anderes Motiv als das, seinem Vater zu gefallen, koste es, was es wolle. Das vierzigtägige Fasten in der Wüste war zweifellos eine besondere Prüfung, die sein öffentliches Wirken einleitete; aber es war sein gewöhnliches Leben, mit der Fürsorge Gottes zu rechnen, während Er sein Werk tat, ohne sich einerseits zu sorgen und andererseits ohne unabhängige Mittel. Aber seine Armut ging in unergründliche Tiefen hinab, als Er am Kreuz sein Leben für die Schafe gab. Ich spreche nicht nur von seinen Kleidern, die unter ihnen geteilt wurden, und davon, dass sie das Los über sein Gewand warfen, obwohl es ein Bild extremer und hilfloser Not war.
Es waren tiefere Elemente vorhanden, als das menschliche Auge sah, als alle Ihn verließen und flohen. Auch Gott verließ Ihn – sein Gott. Was blieb dann? Nichts als das schonungslose Gericht über unsere Sünden. War Er damals nicht der „arme Mann“ wie kein anderer, nie moralisch so hoch, doch nie so erniedrigt, und dies nicht nur wegen der Umstände, sondern in der ganzen unsagbaren Verlassenheit jener Stunde? Wie Er in Psalm 22 prophetisch sagte: „Ich aber bin ein Wurm und kein Mann, der Menschen Hohn und der vom Volk Verachtete. Alle, die mich sehen, spotten über mich; sie reißen die Lippen auf, schütteln den Kopf: … Wie Wasser bin ich hingeschüttet, und alle meine Gebeine haben sich zertrennt; wie Wachs ist geworden mein Herz, es ist zerschmolzen inmitten meiner Eingeweide. Meine Kraft ist vertrocknet wie eine Tonscherbe, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen; und in den Staub des Todes legst du mich“ (V. 7.8.15.16).
Aber Er wurde von den Hörnern der Büffel erhört und verkündet in der Auferstehung den Namen seines Vaters vor seinen Brüdern, inmitten der Versammlung, die Ihn lobt. Welche Zunge von Menschen oder von Engeln kann die Veränderung angemessen beschreiben? Keine, außer der seinen, als Er aus dem Abgrund des Elends, wo es keinen Grund gab, zu dem ewigen und unveränderlichen Grund der göttlichen Gerechtigkeit überging, wo die einst schuldigen Objekte der Gnade in Ihm ohne Flecken oder Makel oder Anklage vor Gott gestellt sind, der sich freut, ihnen seine Wertschätzung der Erlösung Christi zu zeigen, und den Heiligen Geist gibt, um sie zu versiegeln bis zu dem Tag, der sie verkünden wird.
Doch dies ist nur ein Teil des Reichtums der Gnade, mit dem Christus uns, die wir glauben, jetzt reich macht. Und der Segen des Herrn ist nicht nur für uns ein unerschöpflicher Schatz, sondern er wird sich mit unermesslicher Fülle ausbreiten, wenn das Lob des Messias „in der großen Versammlung“ stattfinden wird. Dann werden sich alle Enden der Welt an den Herrn erinnern und sich zu Ihm bekehren, und alle Geschlechter der Nationen werden vor Ihm anbeten. Denn so sicher, wie der Vater den Sohn mit seinen Kindern in seinem Haus im Himmel umgeben wird, so sicher ist das Königreich des Herrn, und Er ist der Regent unter den Nationen, und die Erde wird an jenem Tag nicht weniger gesegnet werden, als die Himmel mit der reichen Ernte gefüllt werden, die in den Kornspeicher in der Höhe gesammelt wird, wenn Er zur Austeilung der Fülle der Zeiten alles in Christus sammeln wird, was im Himmel und auf der Erde ist, auch in Ihm, in dem auch wir ein Erbe erlangt haben, da wir vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles nach dem Ratschluss seines Willens wirkt.
Wir sind wahrlich durch seine Armut reich geworden, doch nicht wir allein, sondern alle, die je gesegnet waren und je gesegnet werden. „Alle Fetten der Erde essen und fallen nieder; vor ihm werden sich beugen alle, die in den Staub hinabfahren, und der seine Seele nicht am Leben erhält“ (Ps 22,30). Das ist die Gnade, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die sie kannten, und das sind die Wege unseres Gottes, nicht nur jetzt, sondern auch in den kommenden Zeitaltern zu seiner eigenen Ehre und zu seinem Lob, dessen Erniedrigung und Erlösung solche Wunder gewirkt hat, die bisher nur vom Glauben gesehen wurden, aber bald vor aller Augen gezeigt werden. Wie lieblich, es mit der gnädigen Rücksicht auf die armen Gläubigen und der Versorgung ihrer Not in Jerusalem zu verbinden! Wie würdig von Gott, auf diese Weise Christus in das einzubeziehen, was sonst nur eine Übung der Güte und des Mitleids gewesen wäre!
Der Apostel fügt sein Urteil über seinen Nutzen für die Gläubigen in Korinth selbst hinzu (V. 10), die vor einem Jahr nicht nur mit dem Tun, sondern auch mit dem Wollen angefangen hatten. Er konnte daher mit umso zarterer Schicklichkeit auf die Vollendung ihres Vorsatzes mit dem, was sie hatten, drängen. Die Gnade verwirft den Zwang, aber sie schätzt, ermutigt und lenkt die Bereitschaft des Geistes: Was ist ohne diese der Wert des Gebens? Ist die Gabe annehmbar oder der Geber? Wenn aber die Bereitschaft da ist, wird man nach dem angenommen, was man hat, nicht nach dem, was man nicht hat. Das Gefühl verschwindet; die Wirklichkeit tritt an seine Stelle. Die Wahrheit begleitet die Gnade, und die Gerechtigkeit folgt. Denn es geht nicht darum, dass andere Leichtigkeit und die Korinther Druck haben, sondern es geht um Gleichheit; und, wie es heißt, in „der jetzigen Zeit diene euer Überfluss für deren Mangel, damit auch deren Überfluss für euren Mangel diene“ (V. 14).
Dies wird befestigt durch Gottes Weise und Wort, was das Sammeln des Mannas in früher Zeit betrifft; als Gott die Versorgung dem Bedarf mit einer Weisheit und Macht anpasste, die Überfluss nicht weniger als Mangel ausschloss. Er, der das Manna vom Himmel gab, maß es genau ab, was auch immer die unterschiedlichen Maße in den Händen der Menschen waren. Und wir haben es mit demselben Gott zu tun, der alles in der Versammlung mit gewiss nicht weniger Sorgfalt und Liebe regelt.