Behandelter Abschnitt 2Kor 8,1-8
Der Apostel war nun frei, soweit es den Zustand Gläubigen in Korinth betraf, die große Pflicht einzuführen, an die Armen zu denken. Sogar die geehrtesten Diener des Herrn gingen in diesem Werk voran, und nicht zuletzt Paulus selbst. Dies wollte er den Korinthern ans Herz legen. Da er nicht nach seinen eigenen Dingen trachtete, konnte er sich für andere einsetzen; und er wollte die Zuneigung seiner Kinder in Korinth auf die Gläubigen lenken, die in Judäa, wohin er ging, unter Armut litten.
Dennoch können wir bemerken, wie der Charakter des Mannes hervortritt. Er mochte die Aufgabe nicht, andere um finanzielle Hilfe zu bitten, auch wenn es für andere war. Die Direktheit seiner Sprache im ersten Brief steht deshalb im stärksten Gegensatz zu seiner Umschreibung im zweiten. Die Not lag ihm sehr auf dem Herzen; und er zweifelt nicht mehr an den großzügigen Empfindungen der Korinther als an ihrer Fähigkeit, soweit die Umstände es zuließen, dem zu entsprechen; aber die Feinfühligkeit, mit der er mit allem umgeht, ist sehr ausgeprägt und lehrreich. Er beeinflusst sie nicht persönlich; Er fordert ihren Glauben und ihre Liebe aktiv heraus; das ermutigende Beispiel der Gläubigen, wo solche Hingabe am wenigsten erwartet werden konnte, öffnet den Weg; und Christus wird einbezogen, der es mit unwiderstehlicher Kraft für diejenigen, die Ihn kannten, bewirkt.
Wir tun euch aber kund, Brüder, die Gnade Gottes, die in den Versammlungen Mazedoniens gegeben worden ist, dass bei großer Drangsalsprüfung das Übermaß ihrer Freude und ihre tiefe Armut übergeströmt sind in den Reichtum ihrer Freigebigkeit. Denn nach Vermögen, ich bezeuge es, und über Vermögen waren sie von sich aus willig und baten uns mit vielem Zureden um die Gnade und die Gemeinschaft des Dienstes für die Heiligen. Und nicht nur, wie wir gehofft hatten, sondern sie gaben sich selbst zuerst dem Herrn, und uns durch Gottes Willen, so dass wir Titus zugeredet haben, dass er, wie er zuvor angefangen hatte, so auch bei euch auch diese Gnade vollbringen möchte. Aber so wie ihr in allem überströmend seid: in Glauben und Wort und Erkenntnis und allem Fleiß und in eurer Liebe zu uns, achtet darauf, dass ihr auch in dieser Gnade überströmend seid. Nicht befehlsweise spreche ich, sondern wegen des Fleißes der anderen und um die Echtheit eurer Liebe zu prüfen (8,1–8).
Wie segensreich verändert die „Gnade Gottes“ alles, was sie ergreift! Und was kann sie nicht in ihrer umfassenden Umarmung erreichen? Wo ist die Forderung zu hart, als dass sie sie erfüllen könnte? Oder wo ist das Böse zu tief, als dass sie es ergründen könnte? Welche Sünde ist jenseits der Vergebung? Welches Elend oder welche Art von Elend kann sie nicht in einen Anlass für die alles überwindende Güte Gottes verwandeln? Seht hier, wie das, was unter den Menschen nur „schmutziger Gewinn“ ist, ein besonderer Gegenstand der Begehrlichkeit, die Götzendienst ist, zum Mittel wird, den Glauben in der Liebe zu üben, zur Ehre Gottes und zum übergroßen Segen seiner Kinder, während es die Weisheit des Heiligen Geistes durch den Apostel hervorhebt, der es nicht unter der vollsten Betrachtung in allen seinen Einzelheiten hielt.
Erstens: Der mächtige Einfluss des Beispiels wird auf die Gläubigen in Korinth ausgeübt (V. 1). Das ist auch nicht verwunderlich; denn sind sie nicht eine Familie mit ihren gemeinsamen Interessen, ja ein Leib mit seiner ungeteilten und unmittelbaren Gemeinschaft? Zugegeben, die Bedürfnisse liegen in irdischen Dingen; zugegeben, es geht nicht darum, Rechte oder Ansprüche geltendzumachen. Aber eine Beziehung im Geist ist nicht weniger real und viel bedeutsamer als eine im Fleisch; und wenn es Leiden gibt, empfindet die Liebe entsprechend. Zweitens sorgte Gott dafür, dass die ersten, die entsprechen handeln sollten, Gläubige nicht in der wohlhabenden Stadt Korinth waren, sondern in dem lange verwüsteten und verarmten Bezirk Mazedonien, damit das Werk aus Gottes Gnade geschehe und in keiner Weise eine Sache weltlicher Umstände sei. Schon im Brief an die Korinther hatte der Apostel sie daran erinnert, wie alle Erfahrung zeigt, dass die Bekenner Christi zum größten Teil aus den Armen und Unbedeutenden und Törichten kommen: Und wir wissen, dass die Gläubigen in den Versammlungen in Mazedonien zu dieser Zeit keine Ausnahme von dem allgemein bedrängten Zustand des Landes waren. Im Gegenteil, uns wird hier ausdrücklich ausführlich von ihrer Armut berichtet. Sie gaben keine Gaben aus Überfluss; es war der Glaube, der durch die Liebe wirkte, während sie sich in einer großen Prüfung der Bedrängnis befanden. Die Umstände in Mazedonien mögen äußerst ungünstig gewesen sein; die Wirklichkeit ihrer Freigebigkeit war umso offensichtlicher aus einer göttlichen Quelle; denn angesichts der Bedrängnis wuchs ihre Freude, und ihre tiefe Armut, anstatt andere um Hilfe zu bitten, wuchs zum Reichtum ihrer offenherzigen Großzügigkeit (V. 2). Es war selbstlose Hingabe, die andere mehr liebte als sich selbst; und wie Gott ihnen die Gnade gab, die so wirkte, so nennt der Apostel sie in Liebe zu den Gläubige in Korinth, und, ja, wir dürfen sagen, zu uns allen, dass auch unsere Herzen in nicht weniger Liebe sich anderen zuwenden sollten. Denn die Liebe ist ebenso tatkräftig und fruchtbar, wie sie heilig und frei ist; und Gott will nicht, dass ein Körnchen des guten Samens verlorengeht.
Auch rechnet die Liebe nicht, was sie sparen kann, noch was sie bewirken kann (V. 3). Das Herz, das von der Liebe erfüllt ist, denkt nicht an seine eigene Not oder tiefe Armut, sondern an die, von denen es hört, dass sie in besonderem Maß leiden, und handelt sogleich. Wenigstens bezeugt der Apostel von den Gläubigen in Mazedonien, dass sie nach ihren Mitteln und über ihre Mittel hinaus aus eigenem Antrieb gaben. Hier gab es keine irdischen Anreize; keinen Druck von Agenten, keine Rivalität von Spenden, keine bewegenden Appelle unter Menschenmengen, keine zirkulierenden Listen, um jemanden zu beschämen oder zu stimulieren, keine persönlichen oder parteilichen Ziele irgendeiner Art. Es ist die Gnade Gottes, die vom ersten bis zum letzten gegeben wird; und wie Gott sie schätzt, so bezeugt sie sein Diener um so mehr, weil die, in denen sie wirkte, in der Liebe, die nur das Bedürfnis ihrer Empfänger empfand, nichts von ihr dachten.
Aber das ist noch nicht alles: Die Gläubigen in Mazedonien, weit davon entfernt, umworben zu werden, waren selbst die Bittsteller des Paulus und seiner Gefährten und baten sie mit viel Flehen um die Gnade und die Gemeinschaft des Dienstes an den Gläubigen, das heißt um einen Anteil an der Gnade oder Gunst, sich auf diese Weise um die leidenden Gläubigen in Judäa kümmern zu dürfen.
Es wird auffallen, dass die Authorized Version, die dem gewöhnlichen griechischen Text folgt, die Worte enthält, „dass wir empfangen würden“ (δέξασθαι ἡμᾶς), was wiederum die Einfügung von „auf sich nehmen“ in Vers 4 beinhaltet. Aber wie der erstere Ausdruck durch die besten Autoritäten nicht gerechtfertigt ist, so ist der letztere unnötig und in der Tat schlimmer; denn beide Hinzufügungen schwächen und verfälschen den Sinn, der darin besteht, dass die Gläubigen in Mazedonien die Gnade und die Gemeinschaft des Dienstes haben sollten, der den armen Gläubigen erwiesen werden sollte, und nicht die bloße Vorstellung, dass der Apostel ihre Sammlung entgegennehmen und ihre Verteilung vornehmen würde.17
Aber der Apostel geht in seiner feinen Beschreibung der Ergebenheit der Mazedonier noch weiter; denn sie war nicht nur spontan, sondern jenseits aller Erwartung seiner selbst, der gewohnt war, jeden Tag im Wandel des Glaubens zu leben. „Und nicht nur, wie wir gehofft hatten, sondern sie gaben sich selbst zuerst dem Herrn, und uns durch Gottes Willen“ (V. 5). Ist dies nicht die Widerspiegelung, ja Wiedergabe, soweit es geht, der Liebe Christi in der Hingabe seiner selbst? Zweifellos gibt es direkt und notwendigerweise eine Vollkommenheit in der Hingabe Christi, die ganz und gar einzigartig ist. Er gab sich selbst für uns, als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch (Eph 5,2); all dies und mehr war für Gott und für uns, wie nichts anderes sein konnte. Aber diese demütigen und liebenden Gläubigen, in denen die Gnade Gottes vor den Korinthern gelobt wird, gingen nicht nur über ihre Mittel hinaus, sondern auch über die Hoffnung des Apostels, der nicht mit den Bedürfnissen anderer belastet werden wollte, die selbst zutiefst arm waren. Und es ist kein Wunder, dass sie so über sich hinauswuchsen, denn, wie er hinzufügt, „sie gaben sich selbst zuerst dem Herrn, und uns durch Gottes Willen“. Hatten sie nicht einen lebendigen Eindruck von der Liebe des Erlösers bekommen, in der Gott immer den ersten Platz hatte, was auch immer sein unendliches Erbarmen für den Menschen war? Wenn die Liebe zu den Gläubigen in ihrem Fall folgt, wird sie durch das qualifiziert, was das ständige Motiv Christi war, „durch Gottes Willen“. Es ist nicht nur die Übereinstimmung mit seinem Willen, obwohl das natürlich wahr war, sondern sein Wille war die Quelle der Selbstaufopferung.
Das wirkte auf das Herz des Apostels bis zu dem Punkt, an dem er Titus bat, das auszuführen, was er zuvor unter den Korinthern begonnen hatte, als er den ersten Brief überbrachte (V. 6). Die Liebe des Paulus zu ihnen war heilig eifersüchtig, dass ihre Liebe nicht erlahmte und dass eine frühe Verheißung nicht im Keim erstickte. Und Titus war das geeignete Werkzeug, wie er zuvor begonnen hatte, so auch jetzt, um diese Gnade auch für die Korinther zu vollenden. „Aber so wie ihr in allem überströmend seid: in Glauben und Wort und Erkenntnis und allem Fleiß und in eurer Liebe zu uns, achtet darauf, dass ihr auch in dieser Gnade überströmend seid“ (V. 7). Der Apostel ermahnt die Korinther ebenso, wie er Titus ermahnt hatte. Sie hatten nun ihren Teil, und da Gott sie mit allem anderen bereichert hatte, sollten sie in dieser Gnade versagen? Nein, er sieht, dass sie auch darin überströmend werden. Doch ist er darauf bedacht, dass es nicht durch Befehl, sondern durch Gnade geschehe: „Nicht befehlsweise spreche ich, sondern wegen des Fleißes der anderen und um die Echtheit eurer Liebe zu prüfen“ (V. 8). Welch eine Mischung von Zärtlichkeit, Behutsamkeit und Treue vereint!
17 Das Fehlen des finiten Verbs, das ausgedrückt wird, hat zu Schwierigkeiten geführt; aber es scheint klar genug zu sein, wie Bengel schon vor langer Zeit vorgeschlagen hat, dass ἔδωκαν (sie gaben), das in Vers 5 folgt, im ersten Satzteil verstanden wird, und dies beseitigt jeden Anschein dessen, was als „ein Satz, der völlig zerrüttet durch den Geist des Apostels ging“ bezeichnet worden ist. Aber es ist nicht weniger klar, dass Bengel sich in der Annahme geirrt hat, dass χάριν und κοιν. von ἔδωκαν abhängen, denn sie sind eindeutig Objekte von δεόμενοι, das auch einen Genitiv der Person annimmt. „Hoc verbum totam periochae structuram sustinet, tali sensu: Non modo gratiani, communionem, sive δόμα, munus illud dederunt, sed plane se ipsos dederunt. Ita Chrysost. Homil. xvi. in 2 Cor. coll. maxime Homil. xvii., ubi repetit ὑπὲρ δύναμιν ἔδωκαν. Cum eodem verbo ἔδωκαν cohaerent nominativi illi, αὐθαίρετοι, δεόμενοι, et ab eodem peudent accusativi, χάριν κοινωνίαν, ἑαυτούς, sensu facili et suavi“ (Gnomon in loco. ed. Stuttg. 1866).↩︎