Behandelter Abschnitt 2Kor 5,4-5
Denn wir freilich, die in der Hütte sind, seufzen beschwert, weil wir nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben. Der uns aber eben dafür zubereitet hat, ist Gott, der uns das Unterpfand des Geistes gegeben hat (5,4.5).
Das wahre Wissen um den lebendigen Besitz Christi ist weit davon entfernt, das Empfinden für die seufzende Schöpfung zu neutralisieren, sondern verstärkt es sogar noch. Der Friede und die Freude im Glauben ist dort am wirklichsten und völligsten; aber sie ist in Ihm, der hier gelitten hat und verherrlicht ist über das Leid und den Tod, den Er geschmeckt hat, und die Sünden, die Er in seinem eigenen Leib am Holz getragen hat. Unser Leib ist das Zelt, in dem wir uns befinden, ein Teil der Schöpfung selbst, der der Eitelkeit unterworfen ist; und wir, die wir in ihm sind, seufzen unter dem bedrückenden Gefühl seines völligen Verderbens, nicht weil wir nicht in Christus erlöst sind, sondern vielmehr, weil wir es sind und deshalb zutiefst empfinden, was es bedeutet, unter der Knechtschaft der Verderbnis zu stehen. Wir wissen, dass die Erlösung nahe ist, nicht nur für unseren Leib, sondern für alles, was jetzt in Geburtswehen liegt, und dass Christus die Herrlichkeit haben wird, wie die ganze Schöpfung an jenem Tag die Freude haben wird.
Über den Satz, der den nächsten Abschnitt eröffnet, sind Schwierigkeiten gemacht worden; aber er scheint eher unnötig zu sein, denn ἐφ᾽ ῳ (weil), die richtige Lesart, ist bei unserem Apostel nicht unüblich, dessen Verwendung mit seiner regelmäßigen Anwendung in allem korrekten Griechisch übereinstimmt, um die Bedingung oder den Anlass zu betonen, unter dem eine Sache oder Person charakterisiert wird, und kann mit „für“, „da“, „in dem“ oder „weil“ wiedergegeben werden, was den vorangehenden Satz qualifiziert. Man vergleiche Römer 5,12; Philipper 3,12; 4,10 mit dem vor uns stehenden Satz, in dem sich im Wesentlichen ein ähnlicher Sinn finden lässt, wenn auch durch einen anderen Zusammenhang verändert. „Wozu“ oder „in welchem“ scheint ebenso schwach wie irreführend zu sein. Tatsache ist, dass es nur ein Spezialfall seiner allgemeinen Bedeutung als Grund, Bedingung oder Anlass von etwas ist – der Begriff, auf dem eine Sache beruht.
Hier qualifiziert der Apostel unser beschwertes Seufzen in der Hütte, als kein selbstsüchtiges Verlangen, der Prüfung zu entgehen, wie sehr sie auch verschlimmert sein mag. Doch kein Mensch erlebte dies so tief, vielfältig und unablässig wie er selbst; keiner war daher so ausgesetzt, dass er sich wünschte, ein solcher Weg möge durch das Abscheiden zum Herrn beendet werden. Dies aber missbilligt er für die Gläubigen wie für sich selbst, nicht dass wir uns wünschen, entkleidet zu werden, sondern überkleidet, dass das Sterbliche vom Leben verschlungen werde. Er stellt die Kraft des Lebens in Christus bei seinem Kommen mit dem Gehen zu Ihm im getrennten Zustand gegenüber. Zweifellos ist das besser, viel besser für uns, als hier in Kummer und Leid zu verweilen. Aber der Apostel dachte in dieser Schriftstelle an die Herrlichkeit Christi, wie in Philipper 1 an die Not der Seelen. In Letzterem erkannte er also den Wert seines Bleibens für ihre Hilfe, und dass es so sein würde. Hier drückt er die übergroße Glückseligkeit aus, den Leib unter die Macht jenes Lebens zu bringen, das er für seinen inneren Menschen in Christus bereits kannte. Nichts weniger als dies konnte ihn daher befriedigen. „Entkleidet“ zu sein, bedeutet, den Leib durch den Tod loszuwerden, wenn der Gläubige zu Christus geht. Das aber wünschte er ausdrücklich nicht, wie segensreich es auch sein mochte, eben weil der Segen nur für ihn selbst in seiner Gegenwart war. Was er wünschte, war die neue Herrlichkeit für Christus, wenn Er kommt; denn dann und nur dann wird der Gläubige „überkleidet.“ Er nimmt dann den Leib wieder an, nicht mehr wie der erste Adam, sondern wie der letzte, der einst das Bild des Irdischen getragen hat und nun das des Himmlischen trägt. Wir werden unser Haus, das aus dem Himmel ist, angezogen haben, wie wir es ersehnen. Denn es ist nicht einmal notwendig, „entkleidet“ zu werden, das heißt den Leib durch den Tod abzulegen. Alles dreht sich um das Kommen Christi, der unser Leben in seiner ganzen Fülle ist. Wenn Er ausbleibt und uns in der Zwischenzeit zu sich ruft, werden wir natürlich „unbekleidet“ sein; aber wenn Er kommt, während wir hier auf Ihn warten, werden wir „bekleidet“ sein, ohne dass wir unser Gewand ablegen müssen. Denn von den Himmeln her erwarten wir Ihn als Erlöser, der unseren Leib der Niedrigkeit verwandeln wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit nach der Macht, die Er hat, sich alles untertan zu machen. „Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick, bei der letzten Posaune; denn posaunen wird es, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden“ (1Kor 15,51.52). Daher heißt es hier, „damit das Sterbliche vom Leben verschlungen werde“, also nicht nur aus dem Tod auferweckt, sondern das Sterbliche in uns der überlegenen und alles verwandelnden Kraft des Lebens in Christus unterworfen wird, der Leib nicht mehr wie in Adam, sondern wie im zweiten Menschen, der vom Himmel wiederkommt.
Der neutestamentliche Apostel geht beträchtlich und charakteristisch über den alttestamentlichen Propheten hinaus, obwohl beide Aussagen wahr sind und der eine Schreiber ebenso wirklich inspiriert ist wie der andere. Dennoch ist die Wahrheit nicht ganz dieselbe; denn Jesaja spricht davon, dass der Herr den „Tod“ im Sieg [oder für immer] verschlingt, und dies wird ex abundanti [aus der Fülle] beim Kommen Christi verwirklicht werden, wenn es nicht nur die Auferweckung der Toten in Christus geben wird, sondern auch die Aufhebung der Sterblichkeit in den lebenden Gläubigen, oder, wie es hier bildlich bezeichnet wird, das Verschlingen des Sterblichen durch das Leben. Schon eine solche Auferstehung der Gläubigen wäre ein offenkundiger Triumph der gnädigen Macht über das völlige Verderben: wie viel mehr, dass die Sterblichkeit niemals in den Tod übergehen, sondern von der alles besiegenden Macht des Lebens in Christus verschlungen werden würde!
Der Apostel lässt auch nicht die geringste Ungewissheit in der Hoffnung des Gläubigen zu; nein, er bekräftigt ein tatsächliches und göttliches Unterpfand, das nicht versagen kann. „Der uns aber eben dafür zubereitet hat, ist Gott, der uns das Unterpfand des Geistes gegeben hat“ (V. 5). Wie gesegnet, unter die Wirkung seiner Gnade gekommen zu sein, während wir hier in der Hütte seufzen! Aber so ist es. Wir haben Leben in Christus, ja, ewiges Leben und ewige Erlösung. Gott, der nicht versagen kann, wird sein Werk nicht unvollendet lassen. Derjenige, der uns zu eben diesem Werk gemacht hat, dem Verschlingen des Sterblichen durch das Leben, das in Ewigkeit triumphiert, das gleiche Teil wie Christus, ist Gott, denn nur Er hätte daran gedacht oder hätte es so machen können. Und nicht nur das, denn Er hat uns das Unterpfand des Geistes gegeben, damit wir die Freude der kommenden Herrlichkeit schmecken können, die sogar in unserer äußersten Schwachheit ihr Unterpfand hat. Es ist nicht die „Salbung“, die uns hier wie anderswo eine größere Kraft verleiht, noch die „Versiegelung“, sondern der Aspekt des Geistes, der uns gegeben wurde, der sich auf die Wiederkunft Christi und unsere Besitznahme des Erbes mit Ihm bezieht. Es ist „das Unterpfand des Geistes“, der in unsere Herzen gegeben wurde, damit wir nicht hier ruhen und uns eitel mit dem Gegenwärtigen begnügen oder seufzen, ohne einen göttlichen Vorgeschmack auf das, was wir mit Christus teilen werden, wie auch die Hoffnung nicht beschämt, weil die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.
Es ist lehrreich zu bemerken, wie das Kommen des Herrn in den Schriften nicht nur immer wieder als die beständige und nahe Erwartung der Gläubigen erwähnt wird, sondern allem zugrundeliegt und vieles ausmacht, selbst dort, wo kein Wort direkt oder offen darüber gesagt wird wie hier. Es ist das Versagen der Theologen und sogar der Kommentatoren, dies zu erkennen, dass sie einer solchen Armut (wenn nicht sogar Verdrehtheit) der Interpretation ausgesetzt hat, wenn sie von dieser bedeutenden Stelle sprechen, die keinem einzigen Gläubigen eine Schwierigkeit bereiten sollte, sondern der Jubel jedes christlichen Herzens sein sollte, da sie offensichtlich von Gott dazu beabsichtigt ist. Wäre das Kommen des Herrn eine praktische Wahrheit gewesen, die in den Seelen guter Menschen wie Dr. John Guyse und der Masse sogar orthodoxer und gottesfürchtiger Protestanten lebte, hätten sie diese Worte auf das anwenden können, was unmittelbar nach ihrem Tod geschieht, indem sie lediglich zugestanden hätten, dass der Apostel, da die Glückseligkeit der Seele im Himmel von der Auferstehung des Leibes gefolgt und vollendet wird, auch das in seiner letzten Sicht haben könnte? Nein, es ist nicht wahr (unabhängig von der Glückseligkeit des getrennten Zustands mit Christus, von der wir später hören werden), dass er hier von „den transzendenten, unbefleckten Freuden eines unsterblichen Lebens, in das die Seele eintreten wird, sobald sie jemals vom Leib getrennt wird“, spricht, sondern von der Auferstehung oder Veränderung, wenn Christus kommt. Davor schreckt die Theologie zurück; und kaum eine andere Ursache hat breitere oder tiefere Wirkungen auf die Gläubigen in der Christenheit hervorgebracht als eine solche gewohnheitsmäßige und systematische Vergessenheit unserer eigentlichen Hoffnung. Andererseits hat nichts mehr dazu beigetragen, die Gläubigen durch Selbstgericht zu ihrem vergangenen niedrigen Stand und ihrer wahren Haltung des Wartens auf den Herrn, ja des Hinausgehens, um Ihm entgegenzugehen, zu erwecken, gemäß seiner eigenen gleichnishaften Vorhersage.
Das ist also die Kraft des Lebens in Christus, die wir jetzt besitzen. Wir erwarten die Herrlichkeit auch für den Leib, wenn er aufgelöst würde, die Sterblichkeit, um vor ihm zu verschwinden, wenn Christus käme, ohne dass der Tod nötig wäre, der schon besiegt ist. Gott hat uns für eben dies, die gleiche Herrlichkeit wie Christus, bewirkt, und hat uns inzwischen das Unterpfand des Geistes gegeben.