Behandelter Abschnitt 1Kor 1,21-25
Denn weil ja in der Weisheit Gottes die Welt durch die Weisheit Gott nicht erkannte, so gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt die Glaubenden zu erretten; weil ja sowohl Juden Zeichen fordern als auch Griechen Weisheit suchen; wir aber predigen Christus als gekreuzigt, den Juden ein Anstoß und den Nationen eine Torheit; den Berufenen selbst aber, sowohl Juden als auch Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit; denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen (1,21–25).
Als der Mensch fiel und die Erkenntnis von Gut und Böse erlangte, war es die Weisheit Gottes, ihn sich selbst zu überlassen, wenn auch nicht ohne eine deutliche Offenbarung, die dem Auge des Glaubens von Anfang an den Nachkommen der Frau vor Augen stellte, der, selbst zermalmt, der Schlange den Kopf zermalmen würde. Aber das passte dem gefallenen Kind Adams nicht, das sich seine eigene Zuständigkeit für die Anbetung oder irgendetwas anderes anmaßte, ohne die Gnade Gottes oder das Empfinden seines eigenen Verderbens, das ihn die Notwendigkeit dazu hätte spüren lassen. Und die Welt wuchs heran, bis ihre Verderbnis und Gewalttätigkeit so unerträglich waren, dass es moralisch geboten war, das schuldige Menschengeschlecht in der Sintflut hinwegzufegen. Auch nach diesem ernsten Eingreifen Gottes im Gericht wurde die Welt nur noch böser. Sie hörte auf, Gott in der Erkenntnis zu halten; sie bewunderte die Naturgewalten im Himmel und auf der Erde, vergötterte sie und degradierte sie zu dem, was auch immer die Dämonen hinter diesen Objekten ihren Anhängern vorgaukeln mochten. So war der Triumph Satans über die nun heidnischen Nationen vollständig; denn ihre Religion selbst verdarb sie am meisten, ihre Symbole wurden auch mit jeder moralischen Ungerechtigkeit identifiziert, und ihre Weisheit fesselte sie in dieser entwürdigenden Sklaverei, indem sie alles, was den wahren Gott falsch darstellte und verdrängte, bestenfalls zu erklären oder wegzuerklären suchte.
Gerade die Korinther hätten wissen müssen, wie ohnmächtig die Weisheit der Welt ist, den Menschen von der gröbsten Selbstgefälligkeit und den Begierden zu befreien, die, indem sie das Licht mieden, den Namen eines Gottes an sich rissen und nur bewiesen, wie völlig Gott selbst unbekannt war. Denn das Böse ist zu ernst und verhängnisvoll, um übersehen zu werden, und das Geschöpf möchte es gern von sich auf Gott abwälzen und ist daher genötigt, seine sittlichen Folgen wie auch seine Widersprüchlichkeit zum Schöpfer abzuschwächen. Diesem Bemühen, dem das Gewissen bis zur völligen Versengung widersteht, leiht die Philosophie ihre unheilvolle Fackel, aber so, wie der Mensch nicht gerichtet ist, so ist Gott für den Menschen verloren. Würde man sich seiner heiligen Natur entsprechend unter sein gerechtes Urteil beugen, müsste der Mensch seine Schuld eingestehen und demütig eine Tür zur Flucht durch göttliche Barmherzigkeit suchen. Aber so war der Lauf der Welt nicht. Nichts gesteht der Mensch so langsam ein wie seine eigene Schlechtigkeit; und in einem solchen Zustand ist die Religion nur eine Verblendung für den Menschen und ein Mittel der Beschwichtig gegenüber für Gott, und damit allen Eitelkeiten die größte und verderblichste.
Es scheint mir, dass Calvin4 die Kraft der Argumentation missverstanden hat, dass mit der Weisheit der Welt das Werk des Universums gemeint wäre, ein bildhaftes Zeichen und eine klare Offenbarung seiner Weisheit. Dies ist eines der beiden Zeugnisse, die in Römer 1 für Gott vor dem heidnischen Gewissen angeführt werden, das andere ist die Erkenntnis Gottes, die sie bis zur Sintflut und danach besaßen, als sie zuerst in die Anbetung des Geschöpfes verfielen. Man darf sich nicht wundern, dass nicht wenige annehmen die Übersetzung des Satzteils „durch die Offenbarung der Weisheit Gottes“, bedeute, in seinen Werken mit oder ohne sein Gesetz. Ich glaube, dass es einfach um Gottes weise Ordnung der Dinge ging, dass die Torheit des götzendienerischen Menschen offenbar wurde, und so die Notwendigkeit seiner Errettung durch das Kreuz Christi umso mehr empfunden wurde, als sie gepredigt wurde. Mit διὰ τῆς σ. ist „durch die Weisheit“ im Abstrakten oder „durch seine Weisheit“ gemeint, was beides im Griechischen den Artikel erfordern würde. Ich denke nicht, dass Stanley und Alford Recht haben, wenn sie den Satz als „durch die Weisheit [Gottes]“ auffassen, obwohl natürlich auch hier der Artikel angebracht wäre. Die letztere Weisheit scheint mir von der ersteren unterschieden zu sein, die eine selbstherrlich und zerstörerisch, die andere wahrhaftig und ganz und gar gerecht.
So endet in Gottes Weisheit die Weisheit der Welt: Er ist unbekannt, dessen Erkenntnis in Christus ewiges Leben ist. Und was tat Gott angesichts dieser angemaßten Weisheit, die so die schuldhafteste Torheit war? „So gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt die Glaubenden zu erretten“ (V. 21). Die Welt hatte entweder die entwürdigendsten Vorstellungen des Polytheismus angenommen, oder sie hat versucht, dem Aberglauben durch die trostlose Leere des Pantheismus und sogar des Atheismus zu entkommen. Da der Mensch nun gefallen war, wurde er (wenigstens nach der Sintflut) nicht daran gehindert, auf diese Weise in seiner Anmaßung seine Unwissenheit über Gott zu beweisen. Doch Gott zeigte seine Gnade so unvergleichlich wie seine Weisheit; denn als die Weisheit der Welt sich müde und abgenutzt in ihren götzendienerischen Einrichtungen oder im Abfall des Skeptizismus, die diese Abscheulichkeiten hervorriefen, verausgabt hatte, gefiel es Gott, das abscheuliche Theater der Rebellion des Menschen, ob religiös oder irreligiös, nicht durch Gericht zu beenden, sondern umgekehrt zu retten. Und da die Errettung, um offen und wirksam für Sünder zu sein, durch Gnade erfolgen muss, konnte sie nur durch den Glauben erfolgen (vgl. die Begründung in Römer 4).
Allein auf diese Weise konnte es allen, die glauben, zufallen; denn das Wesen des Glaubens ist, dass der Wert in dem geglaubten Gegenstand gefunden wird, die Wirksamkeit liegt in dem, was Er, der Erlöser, für uns getan hat, nicht wir für Ihn, wie wahrhaftig wir auch, wenn wir gläubig sind, versuchen, Ihm zu gefallen und zu dienen. So wird Gott in diesem wie in allen Dingen durch Jesus Christus verherrlicht, dem Lob und Majestät sei in alle Ewigkeit.
Daher wird dem aufmerksamen Leser auffallen, dass der Apostel hier nicht gerade von der Predigt als bloßem Mittel spricht, sondern von der Sache, die gepredigt wird. Das ist die Kraft, die sich aus der Form des Wortes ergibt, das ich mit anderen mit „die Predigt“ übersetzt habe. Die Juden spotteten darüber, ebenso wie die Griechen. Es war für sie eine Torheit; und wir brauchen uns nicht zu wundern, wenn sie nicht die Herrlichkeit der Person Christi sahen, der in Gottes Liebe zu den Sündern sterben musste. Denn was könnte dem natürlichen Verstand weniger vernünftig erscheinen, als dass ein gekreuzigter Mensch der einzige Retter von Sünden und dem Zorn Gottes sein soll? Doch dies ist die Wahrheit, die gepredigt wird, τὸ κήρυγμα, und die Errettung ist die Frucht des Glaubens daran. Die Gnade hat nicht nur den Sohn Gottes so leiden lassen, sondern sie sorgt auch dafür, dass die Verkündigung überall hinkommt, damit die Menschen hören, glauben und gerettet werden.
Die Menschen verachten von Natur aus das Kreuz, da sie weder glauben, dass ihre Sünden das göttliche Gericht verdient haben, noch dass Er in Gnade dieses Gericht auf sich genommen hat. Ihre tiefe Not ist nicht spürbar, und daher beschäftigen sie sich mit anderen und geringeren Dingen. Die Welt ist voreingenommen oder wendet sich anderswo hin: „weil ja sowohl Juden Zeichen fordern als auch Griechen Weisheit suchen“ (V. 22). Sichtbare Zeichen wurden von Gott verbürgt, als Er den Herrn Jesus in das Land Israel sandte. Niemals seit Anbeginn der Welt hatte es eine solche Wolke von Zeugen gegeben; aber was kann das Herz befriedigen, wo alles von Gott entfremdet ist? Die Juden sahen über alles, was Er gab, hinweg und baten um ein Zeichen, als ob keines erschienen wäre. Die Griechen erwarteten nichts von Gott; aber wenn der Gegenstand ihrer Suche Weisheit war, so haben sie deren erste Lektion in der Furcht des Herrn nie gelernt.
Diese Verbohrtheit oder Leichtfertigkeit des Unglaubens entmutigte den Apostel nicht, sondern spornte ihn vielmehr in dem Werk an, das ihm am Herzen lag. „Wir aber predigen Christus als gekreuzigt, den Juden ein Anstoß und den Nationen eine Torheit“ (V. 23). Es ist hier nicht einfach das vergossene Blut, das sühnt; und es bedeutet mehr „gekreuzigt“ zu sagen als gestorben; denn obwohl beide das Ende des Menschen im Fleisch bezeichnen, gibt es im Kreuz das Extrem der Schande und der Schwäche, das über alles andere hinausgeht. Dass Gott also durch das Kreuz retten sollte, wo die Welt das Schlimmste an menschlichem Leiden und Erniedrigung sah, sollte jene Weisheit zum Schweigen bringen und sie als Torheit erweisen, die es wagte, so zu denken und von seiner Weisheit zu sprechen.
Die Juden fielen über den Stein des Anstoßes, die nur einen Messias in Macht und Herrlichkeit haben wollten. So wird Er auch bald kommen, aber wo werden sich dann die Juden wiederfinden, die sich darüber ärgerten, dass Er sich bis zum Kreuz niederbeugte, um die zu retten, die glauben? Wo die Heiden, die ihre eigenen Ideen und hochtrabenden Überlegungen dem mächtigen Werk vorzogen, das damals um unendlichen Preis vollbracht wurde? Wie der Blitz wird der Sohn des Menschen an seinem Tag leuchten; aber zuvor muss Er vieles leiden und von diesem Geschlecht verworfen werden. Denn es war moralisch unmöglich, dass Gottes Reich kommen würde, bis die Sünde am Kreuz gerichtet war. Wie unvernünftig und träge waren sogar die Jünger, zu sehen, dass es so sein muss, wenn Gott verherrlicht und der Mensch gerecht gesegnet und gerettet werden soll!
4 I. Calvini in omnes Pauli Ap. Epp. loc. cit. ed. Tholuck, I, 228. So die Institt. II. vi. 1.↩︎