Aber ich sage: Haben sie etwa nicht gehört? O doch! „Ihr Schall ist ausgegangen zu der ganzen Erde und ihre Sprache zu den Grenzen des Erdkreises [οἰκουμένης, die bewohnte Erde]“ (10,18).
Der Apostel zitiert aus Psalm 19 eine auffallende und höchst treffende Illustration der Universalität des Zeugnisses Gottes. Denn wir sehen leicht, dass der Psalm sich in zwei Teile teilt, wobei die Werke Gottes und das Gesetz des Herrn gleichermaßen bezeugt werden, das eine äußerlich und universell, das andere in Bezug auf die, die es besaßen. Die Himmel gehörten keinem Land im Besonderen, noch leuchten die Sonne und die Sterne für Israel allein. Sie sind für die Menschen auf der ganzen Erde nach dem Wohlwollen dessen, dessen Regen auf Gerechte und Ungerechte fällt und dessen Sonne über Bösen und Guten aufgehen soll (Mt 5). Genauso erstreckt sich das Evangelium in der Gnade Gottes ohne Einschränkung auf alle, was auch immer der umschriebene Bereich des Gesetzes sein mag. Gott ist nicht gleichgültig gegenüber den Heiden, wenn es auch die Juden sind. Er hat Mitleid mit ihnen und gibt ihnen ein Zeugnis in ihrer dunklen Unwissenheit (vgl. Apg 14,17; Röm 1,20). Dies ist jedoch allgemein, wenn auch genug, um das Prinzip zu verdeutlichen und zu veranschaulichen.
Die Frohe Botschaft kam damals durch ein von Gott gesandtes Zeugnis durch die, die predigten, nicht durch das Gesetz, das dem Juden nur seine Pflicht zeigen und ihn der Sünde überführen konnte, weil er darunter versagte. Die einzige Hoffnung auf Gutes für einen Sünder ist also das Evangelium. Doch wenn das so ist, gilt es nicht nur für einige, sondern für die ganze Menschheit. Und wie Jesaja bewies, dass die Botschaft von den Juden missachtet werden würde (sie, die predigten, mussten sich beim Herrn beschweren: „Wer hat unserer Verkündigung geglaubt?“), so bezeugen die Psalmen ein universelles Zeugnis Gottes in der Schöpfung als Beispiel des Prinzips, dass Er an die Heiden denkt und sich um sie kümmert und sie kennenlernen will.
Zugegeben, das Gesetz hatte mit Israel zu tun, aber hat Gott nichts anderes als das Gesetz? Und was hatte das Gesetz für sie getan? Oder vielmehr, was hatten sie unter dem Gesetz getan? „Durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde“ (Röm 3,20). Das ist zweifellos heilsam und sollte demütigend sein. Doch was ein Sünder offensichtlich braucht, ist weitaus mehr als das, nämlich die Erlösung, und die gibt das Gesetz nicht, sondern das Gegenteil: Es tötet, gibt aber kein Leben; es verdammt, rechtfertigt aber nicht. Die Gnade allein kann begnadigen, versöhnen, segnen, und dies geschieht in gerechter Weise durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist. Aber dies ist die Stimme des Evangeliums, nicht des Gesetzes, und sie ergeht, als sei es Gnade, unterschiedslos an die Sünder, ob sie Heiden oder Juden sind, macht wenig oder nichts aus. Sie sind bedürftig, schuldig und verloren. Gott rettet sie durch den Glauben an Jesus, der im Evangelium verkündet wird, das dementsprechend in alle Welt hinausgeht und in keiner Weise an das Land Israel oder ein anderes gebunden ist.
Es war wiederum vergeblich, wenn die Juden behaupteten, dies sei ein Handeln ohne Vorwarnung Gottes. Er hatte es nicht so absolut geheimgehalten, dass sie nicht durch sein Wort in ihren Händen hätten informiert werden können.