Behandelter Abschnitt Röm 8,28-30
Diese Verse sind ein Bindeglied des Übergangs vom Wirken des Geistes in uns zu der kühnen Herausforderung am Schluss des Kapitels (V. 31–39), die auf der Gewissheit beruht, dass Gott gegen alle Widersacher und trotz unser aller Schwäche für uns ist. Dass sie mit Recht so gesehen werden können, ist offensichtlich.
Erstens gibt es in den einleitenden Worten eine deutliche Anspielung auf den vorhergehenden Satz, der den Wert und den Trost des Geistes bei der Hilfe für unsere Schwachheit aufzeigt. Denn wenn wir nicht wissen, was wir beten sollen, wie es sich gebührt, so tritt Er selbst für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern, doch Gott gemäß. Zweitens aber sind sie eine noch innigere Grundlage für das, was folgt; denn sie legen in auffallender und zusammenhängender Weise den Vorsatz Gottes dar, soweit es mit unserem Brief vereinbar ist, ihn zu behandeln. Wenn wir auch nicht wissen nicht, was wir beten sollen, wie es sich gebührt, so bleibt es dennoch wahr:
Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind. Denn welche er zuvor erkannt hat, die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht (8,28–30).
Die Kette ist also vollständig von seinem eigenen Vorsatz in der Ewigkeit bis zu ihrer Verherrlichung in der Ewigkeit. Es ist das Wirken, der Umfang und die Reichweite der Gnade Gottes für ihre Gegenstände unabhängig von allen Umständen, und, wie wir später sehen werden, trotz ihnen, mögen sie sein, was sie wollen, denn sie sind nur Ursachen oder Wirkungen der Geschöpfe, während Gott für uns und über allem erhaben ist, nicht eine bloße causa causata (verursachende Ursache), sondern die eine causa causans (Ursache der Ursache).
Sogar Paulus wusste in 2. Korinther 12 nicht, wie er beten sollte; aber der Herr war treu und ließ ihn erkennen, dass seine Gnade genügte – eine Antwort, die weit besser war als das Gebet. Und doch wusste nicht nur Paulus, sondern wissen auch wir, dass alle Dinge zum Guten mitwirken – nicht nur sollen, sondern es jetzt schon tun, und das für andere wie für uns selbst, für die, die Gott lieben. Sonst beunruhigen die Sorgen. Hier sind sie doppelt gesegnet, gesegnet für die, die von ihnen geübt werden, gesegnet für andere Kinder Gottes, kurz, für die, die Ihn lieben, und für die, die nach dem Vorsatz berufen sind, denn das wird hier ausdrücklich gesagt, damit die Liebe Gottes auf unserer Seite nicht den Gedanken der Gnade auf seiner Seite schwächt. Daher werden die Bestimmung und die Berufung entsprechend vorgestellt.
Es ist wichtig zu beachten, dass der Apostel nicht von einem passiven oder bloßen Vorherwissen spricht (V. 29), als ob Gott nur im Voraus sah, was einige sein und tun oder glauben würden. Sein Vorherwissen bezieht sich auf Personen, nicht auf ihren Zustand oder ihr Verhalten; es geht nicht darum, was, sondern wen Er vorhergesehen hat.
Diejenigen, die Er zuvor erkannt hat, und zwar alle, und keine
anderen, hat Er auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig
zu werden. Es ist klar und gut zu bemerken, dass hier das Ende mit dem
Anfang verbunden wird; denn die Gleichförmigkeit, von der hier
gesprochen wird, ist nicht von der Art, die jetzt praktisch durch den
Geist durch das Wort in dem Gläubigen erzeugt wird. Letzteres ist sehr
wahr und wird oft an anderer Stelle betont (Joh 13 und 15;
Es scheint jedoch mit Augustinus und anderen hart zu sein, die Sünden hier unter die „alle Dinge“ einzuziehen; denn obwohl die Gnade zweifellos alles zurechtrücken kann, ist die Schrift umso vorsichtiger, sich vor dem geringsten Anschein zu hüten, mit dem, was Gott moralisch anstößig ist, leichtfertig umzugehen.
So hat Gott die Menschen, die Er zuvor erkannt hat, zur Übereinstimmung mit dem Bild seines Sohnes in der Auferstehungsherrlichkeit zuvor bestimmt. Dann werden sie, wie Er, nach göttlichem Ratschluss in dem vorherbestimmten Zustand des Menschen, der Erstgeborene unter vielen Brüdern sein. Das Weizenkorn, das gestorben, aber wieder aufgesprosst ist, wird viel Frucht getragen haben, Er selbst sowohl das Muster als auch die Kraft; denn nichts weniger als das erfüllt den Zweck, nach dem wir berufen sind. Die Gläubigen werden dann offenkundig Söhne Gottes sein, die Söhne der Auferstehung sind, wenn Er den Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit (Phil 3,21). Denn wenn Gott sich an seinem eigenen Sohn als dem Auferstandenen erfreut, so ist dies und nichts weniger die Bestimmung, zu der Er uns vorher bestimmt hat. Nichtsdestoweniger, was auch immer die Gemeinschaft sein mag, wird unser Herr zu Recht seinen gebührenden Platz in dieser erhabenen Familie haben. Er ist das Haupt oder der „Erstgeborene unter vielen Brüdern.“
Vers 30 setzt die Sache fort und verbindet die Wege Gottes in der Zeit mit dem, was vor und außerhalb der Zeit ist. „Welche er aber zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen.“ Es ist nicht nur der Ruf der Gnade in allgemeiner Weise, sondern verwirklicht für solche, die Er zuvor erkannt und zuvor bestimmt hat. „Und welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt.“ Die Rechtfertigung ist, wie die Berufung, zeitlich und sogar nach der Berufung durch das Evangelium. Die Calvinisten irren sehr, die lehren, dass Christus auferstanden ist, weil wir gerechtfertigt wurden, eine Vorstellung, die der gesunden Lehre ebenso widerspricht wie der Heiligkeit, und die völlig im Gegensatz zu den Schriften steht, die sie mit dem Glauben verbinden.14 Aber das ist nicht die einzige Gefahr hier.
Denn auf der anderen Seite irren die Arminianer, die συμμόρφους τῆς εἰκόνος τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ (dem Bild seines Sohnes gleichförmig) auf die Heiligkeit anwenden, wie Vers 30 reichlich bestätigt. Denn während Zuvorerkennen, Zuvorbestimmung, Berufung und Rechtfertigung in normaler Reihenfolge genannt werden, wird die Reihe plötzlich durch die Worte „welche er aber gerechtfertigt hat, diese har er auch verherrlicht“ abgeschlossen, ohne ein Wort über jene geistige Gleichförmigkeit, die wir alle als notwendige Bedingung für die Errettung einer Seele bekennen.
War diese Auslassung ein Versehen des Menschen oder göttliche Absicht? Nur Letzteres, davon bin ich überzeugt; und zwar mit einer Weisheit, die keineswegs schwer zu erkennen ist. Wir befinden uns hier in der Gegenwart des Apostels, der Gottes Absicht in ihrer Anwendung auf uns und unsere Sicherheit angesichts aller Schwierigkeiten und Gefahren darlegt. Nun ist es klar, dass sich das innere Wirken auf Fragen unseres Zustandes beziehen würde. Wie wichtig dies auch sein mag, es wäre hier fehl am Platz, abgesehen davon, dass es schon nach den ersten Versen dieses Kapitels mit Sorgfalt und Fülle betont worden war. An seiner eigenen Stelle hatte der Heilige Geist es stark und mit ernster Warnung für jeden, der den Namen des Herrn bekennt, hervorgehoben. Aber hier möchte Gott dem Gläubigen den ungetrübten Trost dessen geben, was Er für uns ist; und das schließt aus, was Er in uns tut, so heilsam und unentbehrlich es auch sein mag.
14 Es ist reine Unwissenheit und ein oberflächliches Verständnis, daraus zu schließen, dass διά in den beiden Klauseln von Römer 4,25 dasselbe bedeuten muss wie „wegen“, mit dem es unsere Übersetzer wiedergeben. Im ersten bedeutet es „wegen“, im zweiten „um derentwillen“; oder „um derentwillen“ in beiden Fällen, aber mit einer entschieden unterschiedlichen Kraft, wie Römer 5,1 jedem vernünftigen Denken beweisen sollte. Wir können nicht außerhalb des Glaubens gerechtfertigt werden, sondern auf diesem Prinzip und nur durch dieses.↩︎