Behandelter Abschnitt Röm 7,15-17 denn was ich vollbringe, erkenne ich nicht; denn nicht das, was ich will, tue ich, sondern was ich hasse, das übe ich aus. Wenn ich aber das, was ich nicht will, ausübe, so stimme ich dem Gesetz bei, dass es recht ist. Nun aber vollbringe nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde (7,15–17).
Es ist keine geringe Qual für einen Menschen zu empfinden, der gedacht hatte, dass Vergebung zu haben, alles sei, und dass danach nichts als Licht und Freude bleibe. Und nun zu finden, dass man von einer ständigen inneren Last des Bösen niedergedrückt wird, dass man durch Erfahrung erkennt, dass man ein Sklave der Sünde ist, wobei die Anstrengung es nur offenkundig macht, ist eine ebenso ernste wie unerwartete Bedrängnis. Er lernt jedoch, dass es nicht er selbst ist, der die Sünde liebt, denn er hasst sie wirklich. Die Sünde ist da, und sie ist nicht mehr er selbst, wie er selbst in dieser schmerzlichen Erfahrung lernt. Aber was für ein erbärmlicher Zustand! Was für eine Sklaverei!
Es ist offensichtlich, dass der beschriebene Zustand nicht der der Befreiung ist; es ist also nicht der Normalzustand des Christen, sondern ein Zustand des Übergangs. Der Leser wird vielleicht ebenso erfreut sein wie ich über den Inhalt der folgenden Anmerkung, die ich von Doddridge nicht erwartet hatte: „Der Apostel wechselt hier, durch eine sehr geschickte Wendung, die Person und spricht wie von sich selbst. Das tut er auch an anderer Stelle (Röm 3,6; 1Kor 10,30; Röm 4,6), wenn er nur einen anderen Charakter personifiziert. Und der Charakter, den er hier annimmt, ist der eines Menschen, der zuerst das Gesetz nicht kannte, dann unter ihm stand und aufrichtig wünschte, Gott zu gefallen, aber zu seinem Leidwesen die Schwäche der Beweggründe fand, die es ihm einredete, und die traurige Entmutigung, unter der es ihn zurückließ; und schließlich mit dem Verstehen des Evangelium entdeckte und dadurch Vergebung und Kraft, Frieden und Freude gewann. Aber anzunehmen, er spreche all diese Dinge von sich selbst oder dem gefestigten Christen – der er wirklich war, als er diesen Brief schrieb – ist nicht nur fremd, sondern widerspricht dem ganzen Umfang seiner Rede, wie auch dem, was ausdrücklich behauptet wird (Röm 8,2).“