Behandelter Abschnitt Röm 4,1-5
Die bisherige Argumentation und besonders die Aussage des Apostels am Ende von Kapitel 3 hatte die Rechtfertigung offensichtlich und ausschließlich vom Sühnungswerk Jesu abhängig gemacht. Gott sei dadurch gerecht und rechtfertigt den, der an Jesus glaubt. Und dies, wie er weiter gezeigt hatte, öffnet sofort die Tür der Gnade sowohl für Heiden als auch für Juden, während es das Gesetz bestätigt, statt seine Autorität aufzuheben (wie es die Errettung von Sündern auf jedem anderen Prinzip tun muss).
Das warf natürlich die Frage nach den Gläubigen in alttestamentlichen Zeiten auf, vor Jesus und dem Evangelium, das seit seiner Ankunft der ganzen Schöpfung gepredigt wird. Wie stimmt die Lehre mit den Wegen Gottes in ihrem Fall überein? Dementsprechend nimmt der Apostel zwei Beispiele, die einem Juden, der Einwendungen hatte, natürlich in den Sinn kommen konnten: Das eine ist der Verwalter der Verheißung Gottes, was das auserwählte Volk betrifft; das andere ist das wahre Vorbild des Königtums über sie Gott entsprechend – Abraham und David, aber besonders Abraham. Beide, so werden wir sehen, bestätigen die große Beweisführung, anstatt die kleinste zu beseitigende Schwierigkeit darzustellen.
Was sollen wir nun sagen, dass Abraham, unser Vater nach dem Fleisch, gefunden habe?7 Denn wenn Abraham aus Werken gerechtfertigt worden ist, so hat er etwas zum Rühmen – aber nicht vor Gott. Denn was sagt die Schrift? „Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.“ Dem aber, der wirkt, wird der Lohn nicht nach Gnade zugerechnet, sondern nach Schuldigkeit. Dem aber, der nicht wirkt, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet (V. 1–5).
Was ist nun die eigentliche Schlussfolgerung aus der Geschichte Abrahams? Wäre er durch Werke gerechtfertigt worden, so wäre das gewiss sein Verdienst; aber das hätte nie vor Gott gegolten. Und damit stimmt die Schrift überein, denn sie spricht nicht von seiner Güte vor seiner Berufung oder Annahme, sondern ausdrücklich von seinem Glauben an Gottes Wort als den, den er hatte und der ihm zur Gerechtigkeit gerechnet wurde. Kein Jude, der sich der göttlichen Autorität der fünf Bücher Mose beugte, konnte dies bestreiten. War es also mit dem Evangelium vereinbar oder stand es im Widerspruch dazu? Wenn ein Mensch wirkt, wird der Lohn nicht als Gnade angesehen, sondern als der Lohn, der ihm zusteht. Wenn er jedoch anstatt zu arbeiten, an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt: Was für ein großartiger Beweis und eine großartige Schlussfolgerung, dass sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet wird! Das ist freie Gnade und das genaue Gegenteil einer Schuld nach dem Gesetz; und so war das Prinzip des Handelns Gottes mit ihrem großen Vorvater nach dem inspirierten Bericht Moses.
7 Die Handschriften unterscheiden sich an dieser Stelle stark. Der Vatikan ist nicht der einzige, der εὑρηκέναι („hat gefunden“) auslässt, was einen sehr einfachen Sinn ergeben würde. Die meisten Abschriften setzen εὑρηκέναι vor κατὰ σάρκα, aber die besten haben es nach ἐροῦμεν. Προπάτορα ist die Lesart von nur wenigen, aber vielleicht genug; denn πατέρα ist die übliche Form und könnte sich leicht eingeschlichen haben.↩︎