Behandelter Abschnitt Apg 20,7-12
Der Aufschub von sieben Tagen verschaffte das lang ersehnte Vorrecht, gemeinsam am Abendmahl teilzunehmen. Dass der Aufenthalt der Geschwister für diese Zeit ein besonderes und geistliches Ziel hatte, geht aus dem Folgenden hervor:
Am ersten Tag der Woche aber, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen, unterredete sich Paulus mit ihnen, da er am folgenden Tag abreisen wollte; und er dehnte das Wort bis Mitternacht aus. Es waren aber viele Lampen in dem Obersaal, wo wir versammelt waren. Ein gewisser Jüngling aber, mit Namen Eutychus, saß im Fenster und wurde von tiefem Schlaf überwältigt, während Paulus noch weiterredete; und vom Schlaf überwältigt, fiel er vom dritten Stock hinunter und wurde tot aufgehoben. Paulus aber ging hinab und fiel auf ihn, umfasste ihn und sagte: Beunruhigt euch nicht, denn seine Seele ist in ihm. Als er aber hinaufgestiegen war und das Brot gebrochen und gegessen und lange bis zum Tagesanbruch geredet hatte, reiste er so ab. Sie brachten aber den Knaben lebend und wurden nicht wenig getröstet (20,7–12).
Es gibt keine wirklichen Schwierigkeiten oder Zweifel bezüglich des beabsichtigten Tages. Es war nicht der Sabbat oder der siebte Tag, sondern der erste Tag der Woche, der für jeden Christen durch die Auferstehung unseres Herrn gekennzeichnet ist. So finden wir, dass die Jünger an diesem Tag, dem ersten der Woche, zusammenkamen – genau an dem Tag, an dem Jesus kam und als der Auferstandene in ihrer Mitte Platz nahm. Es war also acht Tage danach, als Thomas bei ihnen war und von seinem Unglauben befreit wurde (Joh 20,19-29). Es war der Tag der neuen (nicht der alten) Schöpfung, der Gnade und nicht des Gesetzes. Es gab keine Übertragung vom siebten Tag auf den ersten, noch wird der erste jemals Sabbattag genannt; aber wie die Apostel und andere, die Juden gewesen waren, den Sabbat und die Freiheit, in der Synagoge zu sprechen, in Anspruch nahmen, so war der erste Tag eindeutig der besondere und geehrte Tag für die christliche Versammlung. Wenn sie von Pfingsten an alle in Jerusalem beisammen waren, können wir verstehen, dass sie Tag für Tag in enger Eintracht im Tempel waren und zu Hause das Brot brachen. Hier finden wir unter den Heiden, als die Zeit vergangen war, dass der erste Tag die Christen zusammenrief. Das wird in dem Abschnitt vor uns umso deutlicher, weil es heißt, dass Paulus „zu ihnen“ redete. Zweimal heißt es, dass „wir“ uns versammelten (V. 5.6). Die ständige Pflicht für die ganze Familie Gottes im Unterschied zu den Juden war es, sich an diesem Tag zu versammeln, um das Brot zu brechen; das besondere Thema der Rede des Paulus war dann bei den Gläubigen zu finden, die in Troas lebten: „Paulus redete zu ihnen“.
Dies wird durch 1. Korinther 16,2 völlig bestätigt: „An jedem ersten Wochentag lege ein jeder von euch bei sich zurück und sammle auf, je nachdem er Gedeihen hat, damit nicht dann, wenn ich komme, Sammlungen stattfinden.“ Der erste Tag der Woche war eindeutig eine feste Einrichtung für die christliche Versammlung.
Nicht der erste Tag, sondern der Sabbat war das Gedächtnis der Schöpfungsruhe, die das Gesetz zu gegebener Zeit als ein hochheiliges Gebot auferlegte, das in besonderer Weise mit Gottes Autorität und Ehre verbunden war. Die Auferstehung Christi hat eine neue Schöpfung zustandegebracht, nachdem Er durch sich selbst unsere Sünden am Kreuz getilgt hat. Daher ist der erste Tag der Tag des offenkundigen und triumphierenden Lebens in Christus, unser Leben, wenn wir unsere Herzen in Anbetung, Gemeinschaft und Dienst erheben. Eine leibliche Ruhe, die man mit dem Ochsen und dem Esel teilte, erhebt sich gewiss nicht zu den gesegneten Verbindungen des auferstandenen Christus. Auch der Kanon des Neuen Testaments schließt nicht, ohne diesen Tag als „Tag des Herrn“ zu prägen (Off 1,10). Es hat nicht an Bemühungen gefehlt, diesen Tag zu einem prophetischen Tag zu erklären, mit dem er in Wirklichkeit nicht das Geringste gemeinsam hat. Denn „der Tag des Herrn“ wird ein Tag immer größer werdender und ernster Gerichte Gottes auf der Erde sein, während „der Tag des Herrn“ ein Tag der himmlischen Gnade ist, der uns bereits in den Sieg seiner Auferstehung aus den Toten bringt, das Unterpfand unserer eigenen Auferstehung oder Verwandlung bei seinem Kommen. Andererseits bedeutet es, den Charakter und die Autorität des ersten Tages der Woche unberechenbar herabzusetzen, ihn lediglich als den von der Kirche bestimmten Tag zu behandeln.
So hatte weder die Schöpfung noch das Gesetz noch die menschliche Anordnung etwas damit zu tun. Der erste der Woche ist ein Tag, der durch das wiederholte Erscheinen des Herrn, durch die inspirierte Bestätigung des Heiligen Geistes und durch die endgültige Bestätigung als dem Herrn geweiht in dem einen großen prophetischen Buch des Neuen Testaments gekennzeichnet ist; ebenso wie das Abendmahl des Herrn (1Kor 11,20) allein, im Unterschied zu allen anderen Mahlzeiten, dieselbe markante und unterscheidende Bezeichnung teilt.
Wiederum haben einige versucht, das Brotbrechen in Troas, von dem hier die Rede ist, auf das Liebesmahl herabzusetzen; aber es gibt überhaupt keinen Grund für eine solche Bezeichnung. Das Brechen des Brotes war von Anfang an dem Abendmahl zugeordnet: So sehen wir es vom Anfang des Christentums an (Apg 2,46). Es wird dort klar unterschieden von der Teilnahme an der Nahrung mit Freude und Einfalt des Herzens. Früher in Kapitel 42, bezieht sich das Brechen des Brotes oder des Laibes ausschließlich auf das Abendmahl. Das wird durch seine Umgebung angezeigt – die Lehre der Apostel und die Gemeinschaft, das Brechen des Brotes und die Gebete. Diese bildeten den vereinten heiligen Wandel der Gläubigen, und zweifellos hatten sie den stärksten Einfluss auf die üblichen Gewohnheiten und notwendigen Bedürfnisse der Gläubigen an jedem Tag; aber es ist klar, dass der Vers eindeutig von dem spricht, was am heiligsten war.
Es wird auch nicht geleugnet, dass das „Brechen des Brotes“ von einer gewöhnlichen Mahlzeit gesagt werden kann, wenn der Zusammenhang dies erfordert. So finden wir bei einer höchst eindrucksvollen Gelegenheit, wo der Herr selbst das Brot, für das Er dankte, nahm und es, nachdem er es gebrochen hatte, seinen Jüngern gab (Lk 24,30-35). Es bleibt jedoch wahr, dass dort, wo der Zusammenhang von der Gemeinschaft im Brechen des Brotes spricht, allein das Abendmahl des Herrn gemeint ist. So ist es auch hier; und auf diese höchst interessante Weise wurden das Abendmahl des Herrn und der Tag des Herrn auf diese Weise miteinander verbunden. Es war zweifellos eine Zeit, in der die Versammlung die Ausübung der Gaben genoss, denn hier redete Paulus zu ihnen, nicht predigte, wie die Authorized Version sagt, was den Gedanken an das Evangelium vermitteln könnte, das unbekehrten Menschen verkündigt wurde. Reden ist eindeutig ein Wort von allgemeinerer Bedeutung und gilt für die, die drinnen sind, genauso wie für die, die draußen sind.
Aber die Umstände dieses Augenblicks waren eigenartig. Paulus stand im Begriff, am nächsten Tag aufzubrechen, und verzog seine Rede bis Mitternacht. Das gab Anlass zu dem schmerzlichen Vorfall, der Eutychus widerfuhr. Es geschah nicht in einer Ecke; denn „es waren viele Lampen in dem Obersaal, wo wir versammelt waren. Ein gewisser Jüngling aber, mit Namen Eutychus, saß im Fenster und wurde von tiefem Schlaf überwältigt, während Paulus noch weiterredete; und vom Schlaf überwältigt, fiel er vom dritten Stock hinunter und wurde tot aufgehoben“ (V. 8.9). Es ist offensichtlich, dass der inspirierte Arzt, der den Bericht schrieb, ein äußerst kompetenter Zeuge war. Es geht nicht nur darum, dass er als tot erschien oder dass er für tot gehalten wurde, wie einige gesagt haben. Er war wirklich tot, aber Paulus ging hinunter, fiel auf ihn, wie es der alte Prophet bekanntlich tat, und umarmte ihn und sagte: „Beunruhigt euch nicht, denn seine Seele ist in ihm“ (V. 10). Sicherlich wollte der Apostel mit diesen Worten die Kraft Gottes, die in diesem Wunder gewirkt hatte, nicht verharmlosen.
Es mag gut sein, Lukas 8,49-56 damit zu vergleichen, wo „der Geist“ des jüdischen Mädchens weggegangen war. Aber die Worte des Herrn waren genug; und „ihr Geist kehrte zurück“. Hier war es nicht so. „Seine Seele ist in ihm“, sagte der Apostel, obwohl göttliche Macht allein sie bewahren oder den baldigen Zerfall verhindern konnte.
Einige haben angenommen, dass Paulus, als er hinaufgegangen war und das Brot gebrochen und gegessen hatte, es die unterbrochene Feier des Abendmahls war. Dies scheint mir im Gegensatz zu den Andeutungen des Zusammenhangs zu stehen. Die Schrift beschreibt es nicht als Gemeinschaft, sondern allein als die persönliche Handlung des Apostels. Zweifellos war es „das Brot“ des Abendmahls, aber es war dieses Brot, von dem der Apostel nun zu seiner eigenen Erfrischung teilnahm, nachdem er so lange geredet hatte und unter so schwierigen Umständen im Begriff stand, seine Reise anzutreten. Dies scheint durch das Wort γευσάμενος, das richtig mit „gegessen“ oder wörtlich mit „geschmeckt“ übersetzt wird, bestätigt zu werden. Wir können daher leicht verstehen, warum der Herr ein solches Wort vermeidet, wenn er seine Jünger bei der Einsetzung seines Abendmahls auffordert: „Nehmt, esst“. Das Wort φαγεῖν könnte in der allgemeinsten Weise verwendet werden und wird es auch, aber hier ist es γεύομαι. Wiederum passt das Gespräch des Apostels mit ihnen eine lange Zeit, bis zum Tagesanbruch, viel besser zu einer Mahlzeit als zu einer Versammlung. So wird uns gesagt, dass er abreiste. „Sie brachten aber den Knaben lebend und wurden nicht wenig getröstet“ (V. 12). Die Freude übertraf den Kummer bei weitem.
Das war das Ende des Besuchs in Troas. Zu diesem Zeitpunkt scheint der Apostel tief beeindruckt gewesen zu sein, dass sein Dienst, jedenfalls im Osten, bald zu Ende gehen würde. So hatte er es den Gläubigen in Rom kurz zuvor angedeutet, denn er ließ sie wissen, dass er, wie er so oft daran gehindert worden war, zu ihnen zu kommen, nun, da er in „diesen Gegenden“ keinen Platz mehr hatte, hoffte, sie zu sehen (Röm 15,22.23).
Paulus war darauf bedacht, die Spenden aus Mazedonien und Achaja für die Armen unter den Gläubigen in Jerusalem zu übergeben. Nachdem dies geschehen war, wollte er über Rom nach Spanien weiterreisen, in der Gewissheit, dass er zu den Gläubigen in der Hauptstadt mit der Fülle des Segens Christi kommen würde. Dieses tiefe Empfinden scheint seinen Dienst beeinflusst zu haben, wohin er auch ging. Zweifellos war es die Ernsthaftigkeit, zu der es Anlass gab, dass er in der letzten Nacht seines Aufenthalts in Troas so lange geredet hatte.
Nun aber muss die Reise angetreten werden: