Behandelter Abschnitt Apg 20,1-5
Aus dem Brief an die Korinther geht hervor, dass die tumultartige Versammlung im Theater nur ein Vorfall einer gefährlichen Krise in Ephesus war (1Kor 15,32). Sicherlich verließ der Apostel die Stadt erst, als Ruhe eingetreten war.
Nachdem aber der Tumult aufgehört hatte, ließ Paulus die Jünger zu sich kommen und ermahnte sie, nahm Abschied und ging fort, um nach Mazedonien zu reisen. Als er aber jene Gegenden durchzogen und sie mit vielen Worten ermahnt hatte, kam er nach Griechenland. Und nachdem er sich drei Monate aufgehalten hatte und, als er nach Syrien abfahren wollte, von den Juden ein Anschlag gegen ihn geschehen war, wurde er des Sinnes, durch Mazedonien zurückzukehren. Es begleitete ihn aber [bis nach Asien] Sopater, der Sohn des Pyrrhus, ein Beröer; von den Thessalonichern aber Aristarchus und Sekundus, und Gajus von Derbe und Timotheus; aus Asien aber Tychikus und Trophimus. Diese aber gingen voraus und warteten auf uns in Troas (20,1–5).
In diesem Abschnitt, wie in vielen anderen der Schrift, haben wir ein lebendiges Zeugnis für die Verbindungen und Beziehungen, die in den Zeiten der Apostel kräftig wirkten, um die Gläubigen in Einheit, Gemeinschaft und Liebe zu erhalten. Es fehlte nicht an missionarischem Eifer; außerdem wirkte der Geist Gottes viel in der Ermahnung und Ermutigung der Gläubigen. So wurde der Leib Christi auferbaut. In dieser Fürsorge sehen wir den deutlichsten Gegensatz zwischen der modernen Zeit und der Frühzeit. Wenn die Bekehrten vor einem Rückfall bewahrt werden, so ist das im Allgemeinen das, was jetzt gerade versucht wird. Der Eifer geht gewöhnlich auf die Bekehrung der Sünder aus, und die, die sich diesem Werk widmen, werden als besonders treu und erleuchtet angesehen, wenn sie nicht dem Aberglauben auf der einen oder der Philosophie auf der anderen Seite nachgeben. Wachstum in der Wahrheit ist selten und praktisch unbekannt, sogar unter den Lehrern, ganz zu schweigen von den Bekehrten. Die Folgen sind beklagenswert: Lehrer und Gelehrte sind unter diesen Umständen immer anfällig für die vielen irreführenden Einflüsse der Umgebung.
In diesen frühen Tagen sehen wir im Gegenteil die größte Sorgfalt und den größten Eifer, solche, die bereits zu Gott gebracht und zum Namen Jesu versammelt worden waren, von neuem zu besuchen. Es geschah auch nicht nur durch mündliche Unterweisung. Die neue und charakteristische Form der christlichen Unterweisung, die sich in den apostolischen Briefen ausdrückte, war nun in voller Entfaltung. Keine Abfassung lässt eine größere Offenheit und Intimität zu; keine gibt den Empfindungen des Herzens so viel Raum. Von Ephesus aus schrieb der Apostel den ersten Brief an die Korinther, eine ebenso großartige Entwicklung der christlichen und gemeindlichen Wahrheit wie der Brief an die Römer, der nicht lange danach geschrieben wurde, wie wir sehen werden, über die großen Grundlagen der Gnade bei der Rechtfertigung der Gottlosen und über die Versöhnung des unterschiedslosen Evangeliums mit den besonderen Verheißungen an Israel sowie über den praktischen Lebenswandel des Gläubigen im Hinblick auf all das.
Es gibt jetzt keine neue Inspiration; aber diese beiden Arten, die Erbauung der Gläubigen zu suchen, sollten sicherlich beide weitergehen. Predigen und Lehren haben eine unbestreitbare Bedeutung, indem sie die Gläubigen einfacher und direkter als jede andere Art erreichen; aber es gibt eine Genauigkeit sowie eine Fülle der Behandlung, die am besten in einer schriftlichen (und, wir können hinzufügen, einer gedruckten) Form vermittelt werden. Es gibt noch ein anderes Ziel von großem Wert, das auf diese Weise erreicht wird – dass dadurch Gläubige in der ganzen Welt erreicht werden können, von denen die meisten eine mündliche Belehrung von besonderem Gewicht weder hören könnten noch würden.
In jenen frühen Tagen sehen wir also nicht nur das Prinzip sowohl der mündlichen als auch der schriftlichen Lehre, sondern die höchste Form von beidem, die jemals auf der Erde erreicht wurde. Die Apostel und Propheten waren das Fundament, auf dem die Versammlung aufgebaut wurde. Durch die gnädige Kraft des Heiligen Geistes waren sie gegen Irrtum gefeit. Es waren nicht Menschen, die ihr Bestes taten, sondern Gott vermittelte seine Gedanken vollkommen durch auserwählte Werkzeuge.
Ihre Schriften allein bilden den christlichen Maßstab. Andere mögen in der heutigen Zeit aufstehen, um das Vergessene wieder in Erinnerung zu rufen und diese und alle Wahrheiten zu verbreiten, der Geist mag energisch durch sie wirken und ihren Gedanken und Worten zuverlässige Genauigkeit bei der Entfaltung der offenbarten Wahrheit verleihen. Sie sind jedoch in keiner Weise ein Maßstab. Ihre Schriften sind nicht von Gott inspiriert, und so wie sie nicht berechtigt sind, ihre Überzeugungen unter der Autorität von „So spricht der Herr“ für jedes oder irgendein Wort herauszugeben, so sind die Gläubigen dafür verantwortlich, alles, was sie sagen oder schreiben, und noch mehr, was sie tun, entsprechend der unfehlbaren Schrift zu beurteilen.
Hier nun, nachdem der Aufruhr beendet war, ließ Paulus die Jünger zu sich kommen und ermahnte sie, und nachdem er sich von ihnen verabschiedet hatte, zog er aus, um nach Mazedonien zu gehen, dem Schauplatz seines früheren Wirkens (V. 1). Auch dort finden wir ihn durch jene Gegenden ziehen, und nachdem er die Gläubigen mit vielen Worten ermahnt hatte, kam er nach Griechenland (V. 2). Während der drei Monate, die er dort verbrachte, schrieb er den Brief an die Römer. Er hatte schon lange den Wunsch, Rom zu besuchen, war aber bisher daran gehindert worden. Dringende Pflichten hielten ihn anderweitig zurück; und Gott beabsichtigte, dass sein Diener Rom nur als Gefangener betreten sollte. Es war nicht so, dass sogar der Apostel die Dinge geordnet hätte, noch weniger die Gläubigen selbst. Es ist jedoch gut, Gottes tiefe Weisheit in all diesem seinem Wirken zu erkennen und anzunehmen.
In Schwachheit und Furcht und vielem Zittern legte Paulus zunächst in Korinth Zeugnis ab (1Kor 2,3). Nach viel Gefahr und Verfolgung hatte er Ephesus verlassen. Er war ein Mann, den man nicht verstand, dessen tiefe Geistlichkeit und Eifer in Jerusalem auf viele Vorurteile stieß. Schließlich konnte er nur noch mit einer Kette nach Rom gelangen. So waren die Wege Gottes in dem unvergleichlichen Weg und Dienst des gesegneten Apostels.
Dennoch durchzieht gründliche Nüchternheit das Handeln des Paulus. Als es eine Verschwörung von Seiten der Juden gegen ihn gab und er im Begriff stand, nach Syrien zu segeln, wich er ihr aus, indem er den Entschluss fasste, nicht direkt aus Achaja, sondern über Mazedonien zurückzukehren. Die Juden hatten einen enormen Einfluss in Korinth, dieser großen Handelsstadt, und es wäre menschlich gesehen leicht gewesen, ihn als Passagier in einem der zahlreichen Schiffe jener Zeit zu verletzen oder zu töten. Deshalb änderte er seinen Plan und kehrte durch die nördliche Provinz zurück. Und es begleitete ihn Sopater, der Sohn des Pyrrhus, ein Beröer, und von den Thessalonichern Aristarchus und Sekundus, und Gaius von Derbe und Timotheus, und von Asien Tychikus und Trophimus.
Es war also nicht so, dass nur der Apostel in alle Richtungen hin tätig war. Hier finden wir nicht weniger als sieben Begleiter im Dienst, die in keiner Weise auf einen festen örtlichen Bereich beschränkt waren. Die Aufseher oder Ältesten arbeiteten mit und übernahmen die Leitung vor Ort. Neben den Aposteln gab es noch viele andere, die in völliger Freiheit umherzogen und den Segen der Gläubigen und die Ausbreitung des Evangeliums suchten. Bei diesen Arbeitern können wir mindestens zwei Klassen unterscheiden:(a) Einige wenige suchten so weit wie möglich die Gesellschaft des Paulus. Davon haben wir hier ein Beispiel vor uns. (b) Aber es gab andere wie Apollos, die unabhängiger arbeiteten und weniger von seiner Gesellschaft profitierten, obwohl sie seine ganze Liebe und sein Vertrauen hatten.
In Vers 5 hören wir von einem weiteren sehr verbundenen persönlichen Begleiter, Lukas, dem inspirierten Schreiber eben dieses Buches. „Diese aber gingen voraus und warteten auf uns in Troas.“ So unauffällig deutet dieser verehrte Mann an, dass auch er mit dem Apostel zu dieser Zeit und in Philippi war. Wir erinnern uns daran, dass Lukas in diesen Gegenden zum ersten Mal zum Begleiter des Paulus geworden war (Apg 16,10-12).