Behandelter Abschnitt Apg 2,22-36
Nun geht Petrus auf das Fundament ihrer Hoffnungen als Gottes auserwähltes Volk ein und legt die soeben vollendeten Tatsachen im Licht seines Wortes dar, hauptsächlich wie wir in den Psalm 16; 110 und132 sehen werden.
Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus, den Nazaräer, einen Mann, von Gott vor euch bestätigt durch mächtige Taten und Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in eurer Mitte tat, wie ihr selbst wisst – diesen, hingegeben nach dem bestimmten Ratschluss und nach Vorkenntnis Gottes, habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen an das Kreuz geschlagen und umgebracht. Den hat Gott auferweckt, nachdem er die Wehen des Todes aufgelöst hatte, wie es denn nicht möglich war, dass er von ihm festgehalten wurde. Denn David sagt über ihn: „Ich sah den Herrn allezeit vor mir; denn er ist zu meiner Rechten, damit ich nicht wanke. Darum freute sich mein Herz, und meine Zunge frohlockte; ja, auch mein Fleisch wird in Hoffnung ruhen; denn du wirst meine Seele nicht im Hades zurücklassen noch zugeben, dass dein Frommer Verwesung sehe. Du hast mir kundgetan Wege des Lebens; du wirst mich mit Freude erfüllen mit deinem Angesicht“ (2,22‒36).
Der Apostel spricht sie entsprechend ihrem gebührenden nationalen Anspruch als die auserwählte Theokratie an; und während er den Namen seines Meisters der Erniedrigung in keiner Weise verbirgt, beansprucht er für Ihn den unzweifelhaft erwiesenen Charakter des Messias. Es war Gott, behauptet er, der Ihn ihnen durch mächtige Taten und Wunder und Zeichen gezeigt hat; es war Gott, der durch Ihn in ihrer Mitte gewirkt hat. Sie konnten weder die tatsächliche Entfaltung der göttlichen Macht in jeder Form von Güte und Barmherzigkeit leugnen, noch dass Israel den Gesalbten Gottes nach den lebendigen Aussprüchen so erwartet hatte. Die Augen der Blinden wurden geöffnet, die Ohren der Tauben aufgemacht, die Lahmen sprangen wie ein Hirsch, und die Zunge der Stummen sang.
War das alles ohne die Person geschehen, der die Schrift das alles zuschreibt? Wenn schon nicht mit Rache, so war es doch in der Gnade eindeutig göttlich! Zugegeben, dass der ausgetrocknete Boden nicht zu einem Teich geworden ist, noch die durstigen Länder zu Wasserquellen, und dass der Weg der Heiligkeit unsichtbar ist, außer für den Glauben, zugegeben, dass es Unreine im Überfluss gab und dass der Löwe frech ist und die gefräßigen Tiere immer noch Schrecken verbreiten, weil das Volk von seinem König abtrünnig ist, als Er kam, wie sie einst der Herr für jeden eitlen Götzen der Nationen aufgaben (vgl. Ps 35). Aber Gott hatte kein Zeugnis versäumt, das seinen Knecht, den er stützte, seinen Auserwählten, an denen seine Seele sich erfreute, loben konnte; und sie selbst wussten es, obwohl sie von Satan versucht wurden, es dem Feind zuzuschreiben, um der Unterwerfung ihres Gewissens unter die Wahrheit zu entgehen. Dem Feind!, wo doch jedes Wort und jedes Werk Christi direkt darauf abzielt, die böse Macht und die List des Satans zu zerstören. Aber was wird sich der verblendete Verstand des Menschen nicht alles ausdenken oder zumindest sagen, um der Gnade zu entgehen, die sich seiner erbarmt und ihn retten würde, wenn er sich vor Gott und seinem Christus beugt?
Hat irgendein Israelit das Kreuz als Entkräftung seiner Ansprüche empfunden? Doch am Kreuz hatte Gott, da der Mensch – der Jude – so ist, wie er ist, alles wunderbar zu seiner eigenen Ehre geordnet. Unglaube und Rebellion und Lästerung auf der einen Seite durften sich ungehindert entfalten, als der passende Moment kam; und Jesus wurde von seinem eigenen Volk schändlich verworfen, und die Heiden wurden von ihnen gedrängt, Ihn zu kreuzigen, damit Er auf der anderen Seite ein Sühnungsopfer für die Sünden der Seinen, die glaubten, ja für die ganze Welt werden konnte. Wenn das die unentschuldbare Missetat des Menschen war, so war dies Gottes souveräne Gnade. Wenn sie die Werkzeuge ihrer eigenen Bosheit waren, so gab Er jemanden, der offenbart worden war, um die Sünde durch das Opfer seiner selbst wegzunehmen. So begegneten sich in demselben Kreuz der Wille des Menschen als Geschöpf und des Satans in tödlicher Feindschaft zu Gott, und die göttliche Liebe wandte die sonst hoffnungslose Sünde zum Vergießen jenes kostbaren Blutes, das von aller Sünde reinigt, unmöglich ohne die herrliche Person, die nicht weniger Gott als Mensch ist, unmöglich außer durch sein einmaliges Sühnungsleiden für unsere Sünden, der Gerechte für die Ungerechten. Ihn, der durch den bestimmten Ratschluss und das Vorherwissen Gottes dahingegeben wurde, „habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen an das Kreuz geschlagen und umgebracht“ (V. 23).
Das Kreuz wird also nun, so schrecklich es als Beweis der blinden Schuld des Menschen und der Macht Satans auch ist, da es nicht nur als notwendig für die Erfüllung der Schrift, sondern auch als die unentbehrliche und einzig mögliche Tür der Befreiung des Sünders in Gottes Gnade gesehen wird, als ein wesentlicher und moralisch tiefster Teil der Wege Gottes anerkannt, wie es die höchste moralische Herrlichkeit des Herrn Jesus ist. Wie Er selbst am Vorabend sagte: „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm. Wenn Gott verherrlicht ist in ihm, wird auch Gott ihn verherrlichen in sich selbst, und sogleich wird er ihn verherrlichen“ (Joh 13,31.32).
Aber die Auferstehung! – was hat Gott dadurch gesagt? Vergeblich ist die Lüge, dass die Jünger bei Nacht kamen und Jesus wegstahlen, während die Soldaten schliefen. Petrus bemerkt nicht einmal eine solche unwürdige List, sondern behauptet einfach die große Wahrheit, auf der das Evangelium beruht: „Den hat Gott auferweckt, nachdem er die Wehen des Todes aufgelöst hatte, wie es denn nicht möglich war, dass er von ihm festgehalten wurde. Denn David sagt über ihn: ,Ich sah den Herrn allezeit vor mir‘“ (V. 24.25). Das Wort Gottes durch David wies auf die Auferstehung des Messias hin; und Gott zeigte Ihn offen, als Er auferstanden war, vor Zeugen, die zuvor von Ihm erwählt worden waren. Aber es war in der Tat nicht möglich, dass Er durch den Tod festgehalten werden würde, dem Er, der Heilige, sich um der Sünde willen zu Gottes Ehre unterworfen hatte. Es war auch nicht möglich, dass die Schrift gebrochen werden konnte, die sagte: „denn du wirst meine Seele nicht im Hades zurücklassen noch zugeben, dass dein Frommer Verwesung sehe“ (V. 27). Sogar nach der alten jüdischen Auslegung können diese Worte von Psalm 16 nur auf den Messias zutreffen (Schöttgen, 564–568). Hier erklärt Petrus und Paulus in Kapitel 13,33–37, dass es sich in der Auferweckung Jesu von den Toten durch Gott erfüllt hat, nicht in David, noch weniger in irgendeinem anderen. So wurde Ihm der Weg des Lebens durch den Tod hindurch mit der Fülle der Freude in der Gegenwart Gottes, seines Vaters, gezeigt.