Behandelter Abschnitt Joh 14,9-12
Jesus spricht zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen, [und] wie sagst du: Zeige uns den Vater? Glaubst du nicht, dass ich in dem Vater bin und der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch rede, rede ich nicht von mir selbst aus; der Vater aber, der in mir bleibt, er tut die Werke. Glaubt mir, dass ich in dem Vater bin und der Vater in mir ist; wenn aber nicht, so glaubt [mir] um der Werke selbst willen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird größere als diese tun, weil ich zum Vater gehe (14,9–12).
So ließ der Herr eine Flut von Licht auf die Ratlosigkeit der Jünger herabkommen. Der Messias selbst war kein bloßer Mensch, wie auch immer begabt und von Gott geehrt. Er war ein wahrer Mensch, und der niedrigste aller Menschen; aber wer war Er wirklich, der sich freute, von der Jungfrau geboren zu werden? Er war der Sohn – Er war Gott, nicht weniger als der Vater, und in Ihm zeigte sich der Vater als Vater. Es war Gott in der Gnade, der seine Kinder formte und bildete durch die Offenbarung seiner Zuneigung und Gedanken und Wege in Christus, dem Sohn, einem Menschen auf der Erde. Das hatten sie gewusst und doch nicht erkannt. Sie waren mit Ihm und den Tatsachen seiner täglichen Werke und Worte vertraut, ahnten aber noch nicht, dass es sich um Worte und Werke des Schöpfers für die Ewigkeit handelte, der sich auf unvergleichlich tiefere Weise zeigte als in den Wundern seiner Schöpfung oder seiner Regierung in Israel. „Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht“ (1,18). Dazu ist Er gekommen, nicht nur um die Sünde durch das Opfer seiner selbst aufzuheben, sondern um das ewige Leben, das beim Vater war, zu offenbaren, und zwar als der Sohn, der den Vater offenbart. Wie neu war die Ordnung des Seins, wie fremd der Bereich des Denkens für die Jünger! Doch dies hatte Jesus schon immer hier auf der Erde getan, beschäftigt mit den Dingen seines Vaters, lange vor dem Beginn seines Dienstes. „Glaubst du nicht, dass ich in dem Vater bin und der Vater in mir ist?“ (V. 10). Alles drehte sich um die Herrlichkeit seiner Person; und gerade die Einheit in der Gottheit, diese fundamentale Wahrheit, die Israel zu bezeugen hatte, machte dem denkenden Verstand des Menschen, der sich nicht über seine eigene Erfahrung erheben konnte, eine Schwierigkeit. Nicht nur hatten das Gesetz und die Propheten den Weg und das Zeugnis Johannes des Täufers vorbereitet, sondern die Worte, die Jesus sagte, waren nicht so, wie irgendein anderer Mensch sie sprach. Sie waren nicht rein menschlich und auch nicht unabhängig von seinem Vater. Er war Fleisch geworden, hörte aber nie auf, das Wort, der Sohn zu sein; und die Werke, die Er tat, trugen den unverwechselbaren Abdruck desselben gütigen Vaters. Er war es, der die Werke (oder seine Werke) tat. Die Jünger sollten also glauben, dass Er im Vater war und der Vater in Ihm; ein Zustand des Seins, der nur in der göttlichen Natur möglich ist, wofür die Werke selbst ein Zeugnis gaben, das die Ungläubigen ohne Entschuldigung zurückließ.
Und darauf folgt der Herr mit seiner besonders feierlichen Formel in Vers 12, in der Er das Zeugnis andeutet, das der Herrlichkeit seiner Person gegeben werden würde, wenn und weil Er zum Vater geht; die Kraft, die den Gläubigen ausstatten und ihn befähigen sollte, nicht nur das zu tun, was sie Jesus hatten tun sehen, sondern noch größere Dinge zu Ehren seines Namens. Und das wurde buchstäblich erfüllt. Denn niemals hören wir von dem Schatten des Herrn, der die Kranken heilte, noch wurden Tücher von seinem Leib genommen (außer in lügenhaften Legenden), um Krankheiten zu heilen oder Dämonen auszutreiben, ganz zu schweigen von den Scharen, die durch die apostolische Predigt weit und breit herbeigeführt wurden. Welch größerer Beweis göttlicher Macht, als so zu wirken, wie Er selbst es tat, und noch mehr durch seine Diener, nachdem Er in die Höhe ging, als wenn Er sie von seiner Gegenwart auf der Erde aussandte! Aber wenn die gezeigte Macht – wenn die Werke größer sein sollten, wer könnte sich mit dem Herrn in selbstverleugnender Liebe, Abhängigkeit und Gehorsam vergleichen? Sicherlich keiner, der an Ihn glaubte, keiner, der durch Ihn so mächtig wirkte.
So hatte der Herr die ernste und zugleich aufmunternde Verheißung gegeben, dass sein Hingehen zum Vater den mächtigen Strom der gnädigen Kraft, in dem Er hier auf der Erde gewirkt hatte, in keiner Weise eindämmen und versiegen lassen würde. Wer an Ihn glaubte, sollte tun, was Er tat, und noch größere Dinge. Das schließt Er nun an und erklärt es durch den Platz, der der Ausübung des Glaubens gegeben wird, die in das Gebet mündet, das fortan seinen vollsten Charakter in seinem Namen haben sollte, der den Vater bis zum Äußersten verherrlicht hatte.