Behandelter Abschnitt Joh 3,9-10
Es wurde bereits erwähnt, dass es bei alledem kein besonderes Privileg gab, das einem einsichtigen Juden nicht hätte bekannt sein müssen.
Nikodemus antwortete und sprach zu ihm: Wie kann dies geschehen? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du bist der Lehrer Israels und weißt das nicht? (3,9.10).
Hatte er nie die Verheißung an Israel bei einem Propheten gelesen? – „Denn ich werde Wasser gießen auf das Durstige und Bäche auf das Trockene; ich werde meinen Geist ausgießen auf deine Nachkommen“ (Jes 44,3). Hatte er die Worte eines anderen Propheten vergessen? – „Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von allen euren Unreinheiten und von allen euren Götzen werde ich euch reinigen. Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde bewirken, dass ihr in meinen Satzungen wandelt und meine Rechte bewahrt und tut. Und ihr werdet in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gegeben habe; und ihr werdet mein Volk, und ich werde euer Gott sein“ (Hes 36,25-28).
Es kann kein Irrtum darüber bestehen, dass Israel die neue Geburt benötigt, um sogar die irdischen Segnungen des Reiches Gottes zu empfangen und zu genießen. Gott wird sie ihnen zu diesem Zweck aus seiner Gnade schenken. Nikodemus braucht sich also nicht über die universelle Notwendigkeit der neuen Geburt zu wundern, sogar für den Juden, die der Herr verkündet; aber da der Segen nicht aus Fleisch, sondern aus Geist ist, wird die Gnade ihn nicht aus Gründen zurückhalten, die für den Menschen von Bedeutung sind. Der Heide wird von dieser reichen, für das Reich Gottes unentbehrlichen Gnade, die aus Gnade, nicht aus dem Gesetz oder dem Fleisch ist, nicht ausgeschlossen werden, wie der Jude anzunehmen geneigt war. „He, ihr Durstigen alle, kommt zu den Wassern! Und die ihr kein Geld habt, kommt, kauft ein und esst! Ja, kommt, kauft ohne Geld und ohne Kaufpreis Wein und Milch!“ (Jes 55,1). Ist diese Gnade nicht so ausgedrückt, dass sie jedem der Völker die Tür öffnet, dem Gefühl der Not, der Not ohne Hilfsquellen, wo immer man sie findet? Doch wer hat es getan, wer konnte es den Propheten entlocken und dem Prinzip seine absolute Form geben, wie hier dem Nikodemus, außer dem, der gesprochen hat? Andere, die vom Geist inspiriert waren, sollten bald folgen; und von ihnen allen keiner deutlicher als der Apostel Paulus.
Bis hierher also hätte Nikodemus als Jude, als Lehrer Israels, sowohl das Wesen als auch die Notwendigkeit der neuen Geburt kennen müssen. Die alten Propheten haben über ihre Anwendung auf Israel nicht geschwiegen, auch nicht für die Tage, in denen der Segen von Gott nach seiner Verheißung reichlich über sie ausgegossen werden wird. Nicht nur die Heiden, sondern auch sein Volk (was auch immer seine gegenwärtige Selbstgefälligkeit und der Stolz sein mag, der sich in Unwissenheit hüllt), wird als unrein beschrieben, bis Er reines Wasser über sie sprengt und seinen Geist in sie gibt. Zweifellos stellt der Herr, wie es seiner persönlichen Herrlichkeit entsprach, die Wahrheit mit unvergleichlich größerer Klarheit und Tiefe sowie mit einer allumfassenden Bedeutung dar; aber das, was dargestellt wurde, hätte Nikodemus wissen können und nicht fremd sein dürfen. Das Neue folgt dem Kreuz, sei es in der Aussage oder in der Tatsache, wie wir es in Kapitel 4 angedeutet sehen.