Behandelter Abschnitt Joh 3,5-6
Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen. Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist (3,5.6).
Das sind Worte von unschätzbarem Wert für den Menschen, von tiefem Segen, wo die Gnade ihm ein Ohr zum Hören und ein Herz zum Aufnehmen und Bewahren gibt. Und doch kenne ich kaum eine Schriftstelle, die mehr verdreht worden ist als diese zur Taufe, noch eine, wo die Tradition gefährlicher falsch ist, obwohl quod semper, quod ubique, quod ab omnibus (was immer, was überall, was von allen [geglaubt] wird) so wahr ist wie jede Auslegung der Schrift, die genannt werden könnte. Ein doppeltes Ergebnis würde daraus folgen, dass niemand in das Reich Gottes eingehen kann, außer denen, die getauft sind; und zweitens, wie der Zusammenhang beweist, dass, da die neue Natur mit dem ewigen Leben identifiziert wird, keiner der Getauften verlorengehen kann – eine Aussage, von der alle außer den grob unwissendsten oder voreingenommensten zugeben müssen, dass sie in beiden Teilen im Widerspruch zu anderen und klaren Schriftstellen und zu offenkundigen Tatsachen steht.
Die christliche Taufe (und das ist es, was traditionell darunter verstanden wird, nicht die des Johannes oder der Jünger) war noch nicht eingeführt, noch gab es die Tatsachen, die sie symbolisierten, bis der Herr gestorben und auferstanden war. Wie also konnte Nikodemus sie auch nur im Entferntesten erahnen oder verstehen, was der Herr als Klärung seiner Schwierigkeit nennt, von neuem geboren zu werden? Und doch wirft der Herr ihm als „Lehrer Israels“ sein langsames Begreifen der Erkenntnis vor. Das heißt, er hätte (selbst als lehrender Jude) diese Dinge wissen müssen, was er unmöglich wissen konnte, wenn der Herr auf eine noch nicht gelehrte christliche Einrichtung anspielte.
Die Argumentation von Hooker10 (Works, ii. 262, usw., Keble’s ed. 5), wie auch von anderen vor und nach ihm, ist neben der Spur und beweist einfach Unaufmerksamkeit gegenüber der Schrift und oberflächliche Bekanntschaft mit der Wahrheit. Es ist nicht wahr, dass „aus Wasser und Geist geboren“, wenn es wörtlich ausgelegt wird, die Taufe bedeutet. Niemals wird diese Taufe als Leben, sondern als Tod dargestellt: „Oder wisst ihr nicht, dass wir, so viele auf Christus Jesus getauft worden sind, auf seinen Tod getauft worden sind?“ (Röm 6,3; vgl. Kol 2 und 1Pet 3). Die Taufe ist niemals das Zeichen der Vermittlung von Leben, sondern vielmehr der Identifizierung derjenigen, die neues Leben bekommen haben, mit dem Tod Christi, damit sie durch Ihn den Platz von Menschen einnehmen, die der Sünde tot, aber Gott lebendig sind, und sich so der Gnade zurechnen, denn unter dieser sind wir, nicht unter dem Gesetz. Das ist die apostolische Lehre.
Was sollen die Worte unseres Herrn bedeuten, wenn Johannes 3,5 auf die Taufe angewandt wird? Nimm das Wasser hier als ein Bild für das Wort, das der Geist benutzt, um jemand neues Leben zu geben, und alles ist klar, konsequent und wahr. Würde es in der Schrift heißen, dass wir durch Wasser aus dem Geist geboren werden, hätten wir eine gewisse Annäherung an die Schlussfolgerung der Väter […]. Ihr Umgang damit scheint wirklich zügellos, irreführend und gefährlich zu sein, im Widerspruch zu dem, was unser Herr selbst in Vers 5 sagt, noch mehr zu seiner Auslassung von „Wasser“ in Vers 6, vor allem aber, wenn es möglich ist, zu dem Platz, den die Taufe überall sonst in der Schrift einnimmt. Die Taufe mag der formale Ausdruck für das Abwaschen der Sünden sein, niemals bedeutet sie die Vermittlung von Leben, was eindeutig eine falsche Lehre ist.
So ist es in Kapitel 13 und 15, ganz zu schweigen von Kapitel 4 und 7 (vgl. zu dem Bild Eph 5,26, für die darunter liegende Wahrheit 1Kor 4,15, Jak 1,18, 1Pet 1,23). Sie ist kein Ritual, das eine offizielle Klasse ehrt, sondern ein Bild des Wortes Gottes, das durch seinen Geist angewandt wird und der Natur den Tod bringt, damit wir Gott in Christus leben können.
Denn Christus kam durch Wasser und Blut; Er reinigt und sühnt (1Joh 5,6). Er ist die Wahrheit, die das Wort Gottes in der Kraft des Geistes anwendet, indem es die alte Natur richtet und die neue einführt. „Und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Jemand bleibt derselbe Mensch, aber er bekommt ein Leben, das er vorher nicht hatte; nicht von Adam, sondern von Christus, dem zweiten Menschen. Er ist von Gott gezeugt, der göttlichen Natur teilhaftig geworden durch die größten und kostbarsten Verheißungen, nachdem er dem Verderben entronnen ist, das durch die Begierde in der Welt ist. Aus Wasser und Geist geboren zu sein ist eine unvergleichlich tiefgründigere Sache als jede Form der Wahrheit, wie sehr sie auch an ihrem Platz und für den Zweck geschätzt werden mag, den der Herr, der sie eingesetzt hat, beabsichtigt hat.
Die Taufe war die formale Aufnahme; sie war das Bekenntnis zu Christus aufgrund seines Todes und seiner Auferstehung, nicht der Vermittlung von Leben, die für alle Heiligen vor Christus galt, als es noch keine christliche Taufe gab. Wenn die Taufe wirklich das Zeichen und die Vermittlung von Leben wäre, würde die Konsequenz den alttestamentlichen Gläubigen das Leben verweigern, oder sie hätten so getauft werden müssen, was sie aber nicht waren. Aber das ist eindeutig ein falscher Grundsatz. Es gibt keinen Grund, daraus zu schließen, dass die Zwölf mit der christlichen Taufe getauft wurden. Sie tauften andere, aber, wie es scheint, waren sie selbst nicht getauft. Waren sie also nicht von neuem geboren? Auch die Beschneidung bedeutete nicht das Leben, und so wissen wir, dass die Gläubigen von neuem geboren wurden, noch bevor sie dem bereits durch den Glauben gerechtfertigten Abraham auferlegt wurde.
Daher ist es auch wichtig zu beachten, dass derjenige, der so von neuem geboren wird, in Vers 6 als aus dem Geist geboren bezeichnet wird, wobei das Wasser weggelassen wird: „Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch; und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist.“ Das Wort (oder im Bild das Wasser) kann nichts zur Belebung beitragen ohne den Geist, der das wirksame Mittel ist, um das Leben Christi zu vermitteln. Wasser reinigt, aber von sich aus ist es nicht fähig, Leben zu wirken; es bewirkt den Tod des Fleisches. Vorher war ein Mensch nur Fleisch; jetzt, wenn er an Christus glaubt, ist er aus Gott geboren (1Joh 5,1.4.18); und jede Natur behält ihre spezifische Eigenart. Wie das Fleisch niemals zu Geist wird, so verkommt der Geist niemals zu Fleisch. Die Naturen bleiben getrennt, und die praktische Aufgabe des Gläubigen besteht darin, sich für die eine tot zu halten, damit er in der anderen durch den Glauben an den Sohn Gottes lebt, der ihn geliebt und sich für ihn hingegeben hat.
10 Cartwright sagte, dass die irreguläre Taufe aus einer falschen Auslegung von Johannes 3,5 erwachsen sei, „wo einige das Wort Wasser für das materielle und elementare Wasser auslegen, während unser Heiland Christus das Wasser dort durch eine entlehnte Rede für den Geist nimmt.“ Der Leser wird sehen, dass dies unvollkommen ist; denn das Wasser ist hier das Bild des Wortes, das das Todesurteil über das Fleisch bringt; und so wird der sündige Mensch von Ihm gereinigt, aus dessen Seite Blut und Wasser floss, wie Johannes bezeugt. Zum allgemeinen Punkt sagt Hooker: „Ich halte es für eine höchst unfehlbare Wahrheit bei der Auslegung der Heiligen Schrift, dass dort, wo eine wörtliche Konstruktion Bestand haben wird, die am weitesten vom Buchstaben entfernte gewöhnlich die schlechteste ist. Es gibt nichts Gefährlicheres als diese zügellose und täuschende Kunst, die die Bedeutung der Worte verändert, wie die Alchymie die Substanz der Metalle verändert oder verändern würde, indem sie aus allem das macht, was sie auflistet, und am Ende alle Wahrheit ins Nichts bringt ... Um den allgemeinen Verlauf des Altertums zu verbergen, der mit der wörtlichen Auslegung übereinstimmt, um den allgemeinen Verlauf der Antike zu verbergen, der mit der wörtlichen Auslegung übereinstimmt, behaupten sie listig, dass einige diese Worte so verstanden haben, als ob sie materielles Wasser meinten, während sie wissen, dass von allen Alten nicht einer zu nennen ist, der jemals die Stelle anders erklärt oder behauptet hat, als dass sie die äußere Taufe impliziert“ (E. P., V. lix. 2, 3). Die Antike war vielleicht ebenso einmütig darin, Johannes 6 auf das Abendmahl anzuwenden, mit ebenso wenig vertrauendwürdiger Begründung. In beiden Fällen handelt es sich nicht um eine wörtliche Auslegung, sondern um das bloße Erfassen einer oberflächlichen Ähnlichkeit; und in beiden Fällen ist die Folge eine seelengefährdende flasche Lehre, die zum Verderben der Christenheit wie auch verblendeter Individuen enorm beigetragen hat. Zu leugnen, dass der Herr an anderer Stelle das Wasser oft bildlich gebraucht hat, ist unmöglich; zu behaupten, er habe es hier wörtlich gemeint, würde den Sinn ungeheuer herabsetzen und die schlimmsten Folgen nach sich ziehen, wie bei einer Verordnung, die ex opere operato gerettet wird. Es ist bemerkenswert, möchte ich hinzufügen, dass das Johannesevangelium sogar die Einsetzung der Taufe und des Abendmahls übergeht und sich vor allem anderen auf das Leben und den Geist konzentriert.↩︎