Behandelter Abschnitt Lk 20,1-8
Der Herr wird nun in Kontakt mit den verschiedenen Klassen von Beamten und religiösen und politischen Körperschaften unter den Juden gesehen, die sich nacheinander in der Hoffnung präsentieren, Ihn zu verwirren und zu verführen, aber in Wirklichkeit zu ihrer eigenen Verwirrung. Indem sie versuchen, Ihn zu verurteilen, entlarven sie sich selbst und werden durch die Wahrheit aus seinem Mund aufgrund ihrer eigenen Beweise einer nach dem anderen verurteilt. „Und es geschah an einem der Tage, als er das Volk im Tempel lehrte und das Evangelium verkündigte, dass die Hohenpriester und die Schriftgelehrten mit den Ältesten herzutraten und zu ihm sprachen und sagten: Sage uns, in welchem Recht tust du diese Dinge, oder wer ist es, der dir dieses Recht gegeben hat?“ (V. 1.2).
So wird es immer sein an einem bösen Tag. Weltliche Religion nimmt die Billigung Gottes für das Bestehende, ihre Beständigkeit und ihren zukünftigen Triumph an. So war es in Israel; und so ist es in der Christenheit. Propheten hielten damals den religiösen Führern das Schicksal von Silo vor Augen, die aus den Verheißungen der garantierten Ewigkeit für den Tempel, seine Verordnungen, seine Amtsträger, seine Anhänger und sein System im Allgemeinen schlossen; und die, die wie Jeremia warnten, fanden bittere Ergebnisse in den Verspottungen und Verfolgungen derer, die das Ohr der Welt hatten. Sie verleugneten den Anspruch Gottes, ihnen die Wahrheit zu sagen. Und nun war ein Größerer als Jeremia hier; und die, die auf ihrem Nachfolgeamt standen, und die, die eine besondere Kenntnis der Heiligen Schrift beanspruchten, und die von führendem Einfluss in den Beratungen und im Verhalten des Volkes, forderten sein Recht heraus, so zu handeln, wie Er es tat, und seine Quelle. Kein Wunder, dass sie das ernste Zeugnis des nahenden Verderbens all dessen empfanden, worin sie ihre Bedeutung hatten; aber es gab keinen Glauben, kein Gewissen gegenüber Gott. Deshalb wandten sie sich von der Betrachtung ihrer eigenen Wege und Verantwortung ab und der Frage nach seiner Berechtigung zu. Der Herr begegnet ihnen, indem Er eine andere Frage stellt. „Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Auch ich will euch ein Wort fragen, und zwar sagt mir: Die Taufe des Johannes, war sie vom Himmel oder von Menschen? Sie aber überlegten miteinander und sprachen: Wenn wir sagen: Vom Himmel, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm nicht geglaubt? Wenn wir aber sagen: Von Menschen, so wird das ganze Volk uns steinigen, denn es ist überzeugt, dass Johannes ein Prophet war. Und sie antworteten, sie wüssten nicht, woher“ (V. 3‒7).
Die Weisheit des Vorgehens des Herrn ist aller Beachtung wert. Er, der sich allein auf die persönliche Würde und die engste Beziehung und die höchste Sendung hätte berufen können, beruft sich auf nichts von alledem. Er erforscht ihr Gewissen; und in ihrem Wunsch, den Folgen einer wahrheitsgemäßen Antwort zu entgehen, sind sie gezwungen, ihre Unfähigkeit zu bekennen, sowohl andere zu leiten als auch in einer Angelegenheit von tiefster und allgemeinster Bedeutung für ganz Israel an jenem Tag selbst richtig zu handeln. „Denn die Lippen des Priesters sollen Erkenntnis bewahren, und das Gesetz sucht man aus seinem Mund, denn er ist ein Bote des Herrn der Heerscharen. Ihr aber seid abgewichen vom Weg, habt viele straucheln gemacht im Gesetz, ihr habt den Bund Levis zerstört, spricht der Herr der Heerscharen.“ So sagte es Maleachi (Mal 2,7.8) und so beweist es jetzt der Herr. „So habe auch ich euch beim ganzen Volk verächtlich und niedrig gemacht, in dem Maß, wie ihr meine Wege nicht bewahrt und die Person anseht beim Gesetz“ (Mal 2,9). Sie konnten die moralische Kraft des Johannes, der Jesus als Messias und Israels Notwendigkeit der Umkehr bezeugte, nicht leugnen, weigerten sich aber, davon zu profitieren. Daher war die Anerkennung der Taufe des Johannes, einer neuen Einrichtung wie vom Himmel, ohne den geringsten Anschein traditioneller Heiligkeit oder Anspruch auf Altertum oder Verbindung mit dem Priestertum oder dem Tempel, für Männer, die ihre ganze Konsequenz aus dem regulären Ablauf des Gesetzes und seiner Verordnungen ableiteten, von größter Bedeutung.
Außerdem entschied es sofort die Frage nach dem Messias, denn Johannes erklärte auf die deutlichste und ernsteste Weise, dass Jesus der Christus sei. Johannes und seine Taufe zu leugnen, wäre fatal für ihre Glaubwürdigkeit gewesen, denn das ganze Volk war überzeugt, dass Johannes ein Prophet war. Es war für sie eine reine Frage der Politik, und deshalb drückten sie sich unter dem Deckmantel einer Lüge vor einer Antwort. Sie konnten es sich nicht leisten, ehrlich zu sein; sie sagten, sie wüssten nicht, woher die Taufe des Johannes stamme.
Sie waren so ungläubig wie die Heiden. Er, der ihre dunklen Herzen las, schloss mit der Antwort: „So sage auch ich euch nicht, in welchem Recht ich diese Dinge tue“ (V. 8). Es war nutzlos, den Unglauben zu informieren. Lange zuvor hatte der Herr seinen Jüngern verboten, irgendjemandem zu sagen, dass Er der Christus sei; denn Er würde am Kreuz leiden. „Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Sohn des Menschen erhöht habt, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin und dass ich nichts von mir selbst aus tue, sondern wie der Vater mich gelehrt hat, das rede ich“ (Joh 8,28).
Hier haben wir keine besondere Anwendung auf die Juden, um sie wissen zu lassen, dass die verachtetsten Männer und verdorbensten Frauen vor den vom Volk geehrten Häuptern in das Reich Gottes hineingehen. Das hat seinen angemessenen Platz im Matthäusevangelium. Aber wir haben das Gleichnis vom Weinberg, der den Knechten überlassen wird, in allen drei synoptischen Berichten, jeder mit seinen eigenen besonderen Schattierungen der Wahrheit.