Behandelter Abschnitt Lk 19,28-40
Als Nächstes folgt, wie Jesus sich Jerusalem nähert. Der Messias präsentiert in der Tat, aber als der Sohn des Menschen, gemäß den Prophezeiungen, die vorausgegangen sind, auch wenn sie nicht förmlich zitiert werden, mit der vollsten bildlichen Belehrung, die gerade gegeben wurde, dass der Widerstand gegen Ihn vorsätzlich und konsequent war, denn es war nicht nur so, dass seine Bürger (die Juden) Ihn verachteten, da Er in Erniedrigung für die tiefsten Zwecke der göttlichen Liebe kam, sondern sie hassten Ihn und schickten eine Botschaft hinter Ihm her, indem sie sagten: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche“ (V. 14.27). Es war schrecklich, von seinen Lippen zu hören, dass es vor allem seine Feinde waren, die nicht wollten, dass Er über sie herrsche. Seine himmlische Herrlichkeit war ihnen mindestens ebenso zuwider wie seine irdische Erniedrigung. Sie schätzten weder die Gnade, die Ihn herabführte, noch die Herrlichkeit, zu der Er als Mensch erhöht wurde. Was konnte Er dann anderes sagen als: „bringt sie her und erschlagt sie vor mir“? Wie immer werden in unserem Evangelium die moralischen Quellen offengelegt und, wenn sie böse sind, verurteilt. „Und als er dies gesagt hatte, zog er voran und ging nach Jerusalem hinauf. Und es geschah, als er sich Bethphage und Bethanien näherte, gegen den Berg hin, der Ölberg genannt wird, dass er zwei der Jünger sandte und sprach: Geht hin in das Dorf gegenüber, und wenn ihr hineinkommt, werdet ihr ein Fohlen darin angebunden finden, auf dem kein Mensch je gesessen hat; und bindet es los und führt es her. Und wenn jemand euch fragt: Warum bindet ihr es los?, so sagt dies: Der Herr benötigt es. Die Abgesandten aber gingen hin und fanden es, wie er ihnen gesagt hatte. Als sie aber das Fohlen losbanden, sprachen dessen Herren zu ihnen: Warum bindet ihr das Fohlen los? Sie aber sprachen: Der Herr benötigt es. Und sie führten es zu Jesus; und sie warfen ihre Kleider auf das Fohlen und ließen Jesus darauf sitzen. Während er aber hinzog, breiteten sie ihre Kleider auf dem Weg aus“ (V. 28–36).
Das Bemühen der Alten und der Modernen, in dieser bemerkenswerten Begebenheit ein Bild der dem Evangelium gehorsamen Heiden zu finden, wie der Herr das Fohlen empfing und darauf ritt, scheint mir alles andere als einsichtig. Vielmehr war es ganz einfach der Beweis seiner göttlichen Kenntnis und die Behauptung seines Anspruchs als Jahwe-Messias unter den Juden, bestätigt durch Tatsachen und durch die erwiesene Unterwerfung menschlicher Herzen, wo es Gott gefiel, sie zur Ehre seines Sohnes zu bewirken. Daher die Genauigkeit, mit der die gesprochenen Worte und die Ausführung all dessen, was Er sagte, vom Geist festgehalten werden.
Zweifellos trat Er hier, wie in allen Evangelien, in Sanftmut und Niedrigkeit auf; dennoch geschah es als König nach dem offenbarten Willen Gottes. Es war noch nicht der Tag der Drangsal, an dem der Herr seinen Christus mit der rettenden Kraft seiner rechten Hand erhören wird. Noch war die Zeit nicht gekommen, dass der Jude sich des Namens des Herrn rühmen konnte. Er war leider, wie auch die Heiden, die Gott nicht kannten, dem Christus Gottes gegenüber feindselig eingestellt. Aber einer war da, der für sie und uns in all der Erniedrigung und Selbstsucht und Schuld der gefallenen Rasse bereit war, die äußerste Verwerfung des Menschen zu ertragen, die Verlassenheit von Gott sogar als Krönung, damit wir zu Gott gebracht werden, indem wir unsere Sündhaftigkeit bekennen und auf der Gnade ruhen, die durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben regiert durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Aber die Macht Gottes, die in diesem Augenblick in den durch die Gnade vorbereiteten Herzen als ein geeignetes Zeugnis für Jesus wirkte, wurde in dem, was Lukas als Nächstes berichtet, noch deutlicher hervorgehoben, und nur Lukas, weil es charakteristisch für den Plan des Heiligen Geistes in seinem Bericht ist. „Als er sich aber schon dem Abhang des Ölbergs näherte, fing die ganze Menge der Jünger an, mit lauter Stimme freudig Gott zu loben wegen aller Wunderwerke, die sie gesehen hatten, indem sie sagten: Gepriesen sei der König, der da kommt im Namen des Herrn! Friede im Himmel und Herrlichkeit in der Höhe! Und einige der Pharisäer aus der Volksmenge sprachen zu ihm: Lehrer, weise deine Jünger zurecht. Und er antwortete und sprach: Ich sage euch, wenn diese schweigen, so werden die Steine schreien“ (V. 37–40).
Es ist nicht nur die Menge oder die, die vorausgingen und nachfolgten, wie bei Matthäus und Markus; es ist auch nicht das Geschrei der Kinder im Tempel, die „Hosanna dem Sohn Davids“ rufen, wie es im ersten Evangelium am treffendsten ist. Hier ist von der ganzen Schar der Jünger die Rede, und daher von Worten, die nur ihren Lippen angemessen sind, obwohl sie sicherlich von Gott mit einer Weisheit ausgestattet wurden, die weit über ihr Maß hinausgeht, wie es bei den Zeugen Christi nicht selten der Fall ist. „Friede im Himmel und Herrlichkeit in der Höhe“ weist auf höhere und unmittelbarere Dinge hin als die vorhergehenden Worte, die aus Psalm 118 zitiert werden und alle vier Evangelisten anführen.
Es ist eine auffallende Abwechslung sogar von der Ankündigung einer anderen Schar am Anfang dieses Evangeliums, die plötzlich mit dem Engel-Boten der Geburt des Erlösers erschien und Gott lobte, indem sie sagte: „Herrlichkeit Gott in der Höhe und Friede auf der Erde, an den Menschen ein Wohlgefallen!“ (Lk 2,14). Das war die angemessene Feier des fleischgewordenen Sohnes, jener wunderbaren und mächtigen Tatsache, die Gott selbst in die innigsten Beziehungen zur Menschheit einführte und die Grundlage für die Offenbarung des Vaters in der Person Christi sowie für die Vollendung des unendlichen Erlösungswerkes legte, an dem die gerechte Rechtfertigung Gottes und die gnädige Befreiung der Auserwählten und die Versöhnung aller Dinge im Himmel und auf der Erde zu seiner eigenen ewigen Herrlichkeit hängt. Und die himmlischen Heerscharen sprechen von dem großartigen Ergebnis, das damals unsichtbar in dem soeben Geborenen verankert war, einem Kind in Windeln gewickelt, das in Bethlehem in einer Krippe lag. Gott gefiel es, sein Wohlgefallen an den Menschen, nicht an den Engeln, zu offenbaren und so die höchsten Plätze mit Herrlichkeit für sich selbst und die Erde mit Frieden zu füllen.
Aber in Wirklichkeit war Jesus, wie es die Propheten voll und ganz vorausgesagt hatten, von den Menschen verachtet und verworfen. Dies verzögerte in göttlicher Weisheit den Plan Gottes, obwohl es ihn nicht vereiteln konnte. Vielmehr machte es Platz für eine neue und höhere Darstellung dessen, was in Gott von Zeitaltern und Generationen „verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat; damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung kundgetan werde die mannigfaltige Weisheit Gottes“ (Eph 3,9.10). Wie dem auch sei, die Jünger erwarten in ihrem Ausbruch des Lobes (nachdem der Herr verworfen wurde und mit Ihm inzwischen der Friede für die Erde dahin ist und Spaltung und Schwert die Folge des Kampfes zwischen Licht und Finsternis) dennoch Frieden im Himmel und Herrlichkeit in der Höhe.
Wenn die ersteren den allgemeinen Plan Gottes verkündeten, so offenbarten die letzteren seine Wege, selbst wenn der Feind kurz vor dem Triumph zu stehen schien. Wenn die Erde den Erlöser verleugnet und verstößt, wenn die Juden den Messias ablehnen, weil Er unvergleichlich mehr ist als der Sohn Davids und gekommen ist, um unvergleichlich tiefere und größere Zwecke zu verwirklichen, so ist das nur für eine Zeit lang eine Verlegung des Sitzes des Segens in den Himmel zur hellsten und vollsten Erfüllung des Willens und der Gedanken Gottes.
Das Königreich selbst wurde dadurch offenkundig himmlisch, und die Erhöhung des verworfenen Herrn ist es, sich inzwischen zur Rechten der Majestät in der Höhe zu setzen, wobei Satan in der Person des Nachkommens der Frau auf dem Thron des Höchsten durch den Menschen völlig besiegt wird; und das Königreich über die Erde wird in dem Moment folgen, in dem es dem Vater gefällt, der in der Zwischenzeit ein mit Christus, seinem Sohn, vereinigtes Volk, seinen Leib, seine Braut, bildet, um bei Ihm zu sein, wo Er bei seinem Kommen ist. Der Friede ist im Himmel, weil Er siegreich dorthin gegangen ist, nachdem Er durch das Blut des Kreuzes Frieden gemacht hat, Er selbst ist jetzt unser Friede, ob wir nun Juden oder Griechen gewesen sind.
Wenn die Pharisäer, unempfänglich für seine Herrlichkeit, sich über die Lobeserhebungen der Jünger beklagten, konnte der Herr nicht anders, als ihnen zu sagen, dass sie verstockter waren als die Steine unter und um sie herum.