Behandelter Abschnitt Lk 12,51-53
Daher dürfen wir uns auch nicht wundern, wenn die Gegenwart Christi, so wie der Mensch ist, Konflikte und Widersprüche hervorruft, wenn die Menschen zu Eifersucht und Neid, Hass und Feindschaft aufgewühlt werden. Alle diese Dinge traten bei denen zutage, bei denen man sie vorher nicht gesehen hatte. Die Menschen hätten ruhig weitergehen können; aber Jesus stellt das Herz immer auf die Probe; und wenn kein Glaube da ist, weiß kein Mensch, was er nicht tun darf, wenn die Wahrheit (wie sie in Jesus ist) ihn auf die Probe stellt. „Meint ihr, dass ich gekommen sei, Frieden auf der Erde zu geben?“ (V. 51a). Zweifellos wird das die Auswirkung seiner Herrschaft sein, aber es ist noch lange nicht der Fall jetzt, wo das Gute sich seinen Weg bahnen und sich inmitten des Bösen, das an der Macht ist, zeigen muss. Wir müssen uns immer daran erinnern, dass dies ein wesentliches Merkmal der Zeit ist, als Jesus auf der Erde war; und es ist immer noch so. Was die Welt betrifft, so ist das Böse an der Macht: Das Gute muss sich daher durch den Glauben im Konflikt mit ihm und der Überlegenheit über es behaupten. Es ist nicht so, dass das Gute den Konflikt liebt, sondern dass das Böse sich dem Guten widersetzen wird, und folglich muss es Leiden geben. „Nein, sage ich euch, sondern vielmehr Entzweiung. Denn es werden von nun an fünf in einem Haus entzweit sein; drei werden mit zweien und zwei mit dreien entzweit sein“ (V. 51b.52).
Dieser Zustand des moralischen Bruchs ist einfach das Ergebnis des Kommens Christi in die Welt, da der Mensch in einem Zustand der Entfremdung und Opposition ist, insbesondere der Mensch mit religiösen Vorrechten, der es nicht ertragen kann, dass all sein eingebildetes Gut zum Tod verurteilt wird. Deshalb waren die Juden immer feindseliger als die Heiden. Letztere konnten nicht anders, als ihre Eitelkeiten durch das beurteilt zu sehen, was seine eigenen Beweise des Lichts und der Liebe mit sich trug; aber die Juden hatten das, was wirklich von Gott war, jedoch nur vorbereitend und auf den hinweisend, der jetzt gekommen war, und den sie nicht haben wollten, sondern völlig verwarfen.
In dieser Verwerfung wurde die Taufe, von der hier die Rede ist, vollzogen, und die Sünde wurde gerichtet, und Gott kann nun gerecht sein, indem Er den, der glaubt, rechtfertigt, und zwar allein aufgrund der Sühnung für die bewiesene, verurteilte Sünde. Das war leider das Letzte, was ein Jude zuzugeben bereit war. Er wollte nicht zugeben, dass er genauso die Erlösung brauchte wie ein Heide, und dass ein Jude nicht weniger als ein Heide durch die neue Geburt in das Königreich eingehen muss. Daher die Spaltung in den Familien, keineswegs weil die Gnade Christi an sich Zwietracht fördert, sondern weil das Böse des Menschen gegen die Wahrheit kämpft, die es ins Licht stellt, und der Hass des Menschen die Liebe ablehnt, die er nicht nötig zu haben meint.
Daher kommen wir zu noch ausführlicheren Angaben: „der Vater mit dem Sohn und der Sohn mit dem Vater, die Mutter mit der Tochter und die Tochter mit der Mutter, die Schwiegermutter mit ihrer Schwiegertochter und die Schwiegertochter mit der Schwiegermutter“ (V. 53). Die nächsten Verwandtschaftsverhältnisse, Geschlecht, Alter oder Jugend, machten keinen Unterschied. Wie die Gnade frei nach dem souveränen Willen Gottes wirkt, so ist der Hass des Menschen wahllos und an den unwahrscheinlichsten Stellen. Der Herr spielt auf die Prophezeiung von Micha an, der mit ähnlichen Worten das schlimmste Böse der letzten Tage beschreibt: „Denn der Sohn verachtet den Vater, die Tochter lehnt sich auf gegen ihre Mutter, die Schwiegertochter gegen ihre Schwiegermutter; des Mannes Feinde sind seine Hausgenossen“ (Mich 7,6). Es ist daher ernst, festzustellen, dass, bevor die Tage, von denen der Prophet spricht, eintreffen, das Böse selbst schon gekommen ist, und dass die Gegenwart der göttlichen Liebe in der Person Jesu es hervorruft. Das könnte nicht sein, wenn die Menschen nicht durch und durch böse wären; aber Jesus ist die Wahrheit und stellt deshalb alle Dinge auf den Kopf.