Behandelter Abschnitt Lk 11,14-26
In diesem Evangelium wird große Sorgfalt darauf verwendet, die Verbindung des Satans mit den Menschen zu zeigen, so wie wir das Vorrecht des Gläubigen im Besitz des Heiligen Geistes gesehen haben. Der Geist Gottes ist die Kraft der Gemeinschaft für den neuen Menschen, für die, die aus Gott geboren sind. So gefällt es Satan, in bestimmten Fällen, in denen Gott es zulässt, die alte Natur des Menschen mit der Kraft des Dämons zu erfüllen. Und der Herr zeigt die Verbindung zwischen dem Dämon und der Krankheit, Schwäche oder einem anderen Leiden des Körpers oder des Geistes, wie wir es hier im Fall des stummen Mannes finden: „Und er trieb einen Dämon aus, und dieser war stumm. Es geschah aber, als der Dämon ausgefahren war, dass der Stumme redete; und die Volksmengen verwunderten sich“ (V. 14). Daraus ist ersichtlich, dass das, was die Sprachlosigkeit verursachte, nicht ein körperliches Gebrechen war, sondern der Dämon, der in dem Mann wohnte. Sogleich verließ der Dämon den Stummen und er redete. Womit der Herr hier auf der Erde beschäftigt war, war, ein Beispiel für das zu geben, was die zukünftige Welt charakterisieren wird. Die Kräfte, die Er ausübte, wie auch andere später kraft seines Namens, waren „die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“, wie sie in Hebräer 6,5 genannt werden. Das Tausendjährige Reich wird also eine vollständige Darstellung der Niederlage Satans zur Ehre Gottes sein, und zwar im und durch den Menschen. Die Heilung körperlicher Krankheiten und die Austreibung von Dämonen durch den Herrn war eine teilweise Darstellung dessen, was an jenem Tag öffentlich und allgemein geschehen wird. „Und die Volksmengen verwunderten sich“ (V. 14) bei dieser Gelegenheit; aber der Geist des Unglaubens ist stärker als die Kraft der Beweise. „Einige aber von ihnen sagten: Durch Beelzebul, den Fürsten der Dämonen, treibt er die Dämonen aus“ (V. 15). Wir müssen zwischen den Werkzeugen der Macht des Satans und dem Teufel selbst unterscheiden. Es muss hier Dämonen heißen.
Andere gingen nicht ganz so weit; aber dennoch begehrten sie von ihm ein Zeichen aus dem Himmel, um ihn zu versuchen (V. 16). Satan führt nicht alle auf dieselbe Weise, sondern er passt sein Handeln dem Fleisch jedes Menschen an. Einige Menschen sind in ihrem Unglauben gewalttätig, während andere eher religiös sind. Einige wollten, dass Er ein Zeichen aus dem Himmel gebe. Sie waren nicht zufrieden mit dem, was Gott gegeben hatte, obwohl es keinen überzeugenderen äußeren Beweis geben konnte als die Austreibung der Macht Satans. Daher war dies am Anfang des Dienstes des Herrn in diesem Evangelium wie auch im Markusevangelium stark ausgeprägt. So war es überall. Der Herr antwortet auf ihre ungläubigen Vorstellungen mit den Worten: „Jedes Reich, das mit sich selbst entzweit ist, wird verwüstet, und Haus mit Haus entzweit, fällt“ (V. 17). Es wäre selbstmörderisch für Satan, seinen eigenen Einfluss zu untergraben. „Wenn aber auch der Satan mit sich selbst entzweit ist, wie wird sein Reich bestehen? – weil ihr sagt, dass ich durch Beelzebul die Dämonen austreibe“ (V. 18).
Aber es gibt noch mehr zu beachten. Gott hatte zuvor gelegentlich den Juden die Macht gegeben, Dämonen auszutreiben. Gott ehrt den Glauben immer; und am dunkelsten Tag versäumte es der Herr nicht, gleichsam das heilige Feuer aufrechtzuerhalten, damit sein Licht auf der Erde nicht völlig erlosch. „Wenn ich aber durch Beelzebul die Dämonen austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein“ (V. 19). Kein Unglaube ihrerseits hat den Herrn je irritiert. Im Gegenteil, Er konnte ruhig anerkennen, was von Gott unter ihnen war, was sie aber in keiner Weise daran hinderte, Gott selbst, der unter den Menschen anwesend war, zu leugnen. „Wenn ich aber durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, so ist also das Reich Gottes zu euch gekommen“ (V. 20). Dies ist ein Ausdruck von nicht geringer Bedeutung: das Reich Gottes ist zu euch gekommen. In einem anderen Sinn könnte man sagen, dass das Reich Gottes nahe ist. Hier wird gesagt, dass es gekommen ist, weil Christus da war. Christus brachte sozusagen das Reich Gottes in seiner eigenen Person. Alle anderen bedürfen des Kommens des Reiches Gottes, um im Reich zu sein; aber Christus, der eine göttliche Person ist, brachte das Reich in sich selbst und zeigte es durch seine eigene Kraft, die sich durch den Sturz des Satans und die Austreibung der Dämonen offenbarte. Und doch war der Mensch blind, und zwar schuldiger als der arme Mensch vor uns, der durch seine Stummheit das Lob Gottes nicht aussprechen konnte. Denn hier, als Gott seine Macht bewiesen hatte, waren sie so blind wie eh und je, sie konnten Gott darin nicht sehen, oder vielmehr in Jesus.
Wenn vom Reich der Himmel die Rede ist, wird nie gesagt, es sei gekommen. Es kann nicht entsprechend gesagt werden: „Das Reich der Himmel ist zu euch gekommen.“ So sind das Reich der Himmel und das Reich Gottes nicht ganz identisch. Sie stimmen so weit überein, dass das, was in dem einen Evangelium das Reiches der Himmel genannt wird, in einem anderen Evangelium das Reich Gottes genannt wird. Matthäus allein spricht vom Reich der Himmel, wie Markus, Lukas und Johannes vom Reich Gottes. Was aber bei Matthäus Reich der Himmel heißt, wird in den anderen Evangelien Reich Gottes genannt, wovon letzteres Matthäus selbst an einigen Stellen spricht. Der Unterschied besteht darin, dass das Reich der Himmel immer eine Veränderung der Haushaltung voraussetzt, die sich daraus ergibt, dass der Heiland seinen Platz droben eingenommen hat. Er kann nach und nach seine Macht hier unten entfalten, aber Er muss vom Himmel gekommen sein, um das Reich der Himmel zu errichten. Daher wird es in Zukunft in Macht und Herrlichkeit aufgerichtet. Der Sohn des Menschen, der mit den Wolken des Himmels kommt, empfängt dieses Reich und breitet es über die ganze Erde aus.
Das Reich der Himmel bedeutet niemals den Himmel selbst, sondern vielmehr die Herrschaft des Himmels über die Erde. Wenn von dem eigentlichen Weggehen des Herrn Jesus in die Höhe die Rede ist, heißt es immer, in den Himmel und nicht in das Reich der Himmel. Als der Herr also hier auf der Erde war und seine Macht über den Satan offenbarte, war es das Reich Gottes: Es konnte so genannt werden, weil der König – die Macht Gottes – dort war. Hier an diesem Ort hat Er also durch die Macht Gottes, die Dämonen auszutreiben, bewiesen, dass das Reich Gottes gekommen ist. Welchen besseren Beweis könnte man verlangen?
Der Mensch war für ein solches Werk überhaupt nicht bereit; für andere hätte es eine besondere Antwort auf Gebete sein können. Gott ist dem Teufel immer überlegen, und es war wichtig, dass Er dies von Zeit zu Zeit durch das Austreiben von Dämonen durch die Söhne Israels bewies, die den Platz der Beziehung zu Gott besaßen, den kein anderes Volk hatte. Aber beim Herrn war es nicht gelegentlich, ausnahmsweise oder teilweise, sondern einheitlich und allgemein: Sogar dort, wo die Jünger, indem sie seinen Namen benutzten, versagten, sie auszutreiben, tat Er es immer mit einem Wort. Das Reich Gottes war also als ein Zeugnis seiner Macht gekommen, noch nicht als ein Zustand und eine Sphäre der Offenbarung. Sowohl moralisch als auch in der Macht war das Reich Gottes in dem gekommen, der den Starken band und ihm seine Güter raubte.
Das führt mich zu einer weiteren Bemerkung. Der Apostel Paulus spricht häufig vom Reich Gottes, nicht als einer Haushaltung, sondern als einer moralischen Darstellung. Er sagt: „das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist“ (Röm 14,17). Er sagt auch: „denn das Reich Gottes besteht nicht im Wort, sondern in Kraft“ (1Kor 4,20). Man kann in diesen Fällen nicht das Reich der Himmel sagen. So sehen wir den Grund, warum Lukas besonders vom Reich Gottes spricht, denn er ist der Evangelist, der mehr als jeder andere die moralische Seite behandelt. Daher gibt es auch eine stärkere Verbindung zwischen seiner Sprache und der des Paulus als zwischen allen anderen beiden Schriftstellern des Neuen Testaments.
Dann gebraucht der Herr ein bemerkenswertes Bild: „Wenn der Starke bewaffnet seinen Hof bewacht, ist seine Habe in Frieden; wenn aber ein Stärkerer als er über ihn kommt und ihn besiegt, nimmt er seine ganze Waffenrüstung weg, auf die er vertraute, und seine Beute teilt er aus“ (V. 21.22). Dies war damals der Fall. Wenn Satan im Bild der Starke war, dann war Jesus jetzt dabei, ihm seine Waffenrüstung abzunehmen und seine Beute auszuteilen. Der ganze Dienst Jesu war der Beweis für eine dem Satan überlegene Macht in der Welt. Es ist wahr, dass dies keine endgültige Befreiung war, weil es nicht um das Gericht Gottes ging. Es war eine gegenwärtige, keine ewige Befreiung. Es war der Sturz des Satans, nicht die Befriedigung Gottes. Die Sünde konnte noch nicht beseitigt werden, und das Gericht musste weiter ausstehen. Keine Gnade, keine Macht, kein Amt kann die Sünde wegnehmen, nichts als das Opfer Jesu selbst. Diese unendlich tiefere Frage lag dahinter und wurde nicht im Leben Jesu, sondern in seinem Sühnungstod am Kreuz gelöst. Hier spricht Er lediglich von der Macht, die damals durch einen lebendigen Christus vorhanden war, die die Menschen von der Unterdrückung Satans befreite, soweit es das Leben in der Welt betraf; aber nicht für die Ewigkeit, nicht vor Gott.
Diese Seite der Wahrheit, die siegreiche Macht Christi über Satan in diesem Leben, für die Erde, ist in der Christenheit völlig vergessen worden; und das umso mehr, als sie die lebendige Macht Christi anführen, um seinen Tod für Gerechtigkeit und Sühnung zu ergänzen. Sie sehen sowohl das Leben als auch den Tod als notwendig an, um die Frage eines schuldigen Menschen für die Ewigkeit zu regeln. Folglich haben sie in der Praxis wenig mehr als das gesehen; sie haben die Macht Satans auf der einen Seite und die Macht des Geistes auf der anderen Seite vergessen, außer in einer abergläubischen Weise, die die Wahrheit nur in Verruf bringt.
Diese gegensätzlichen Realitäten wurden aus den Augen verloren; und das großartige Zeugnis wird übersehen, das der Herr von einer zukünftigen Befreiung des Menschen von der Macht Satans gab, wenn sein Reich nicht nur in der Kraft des Geistes, sondern in völliger Offenbarung errichtet wird. All dies ist in der Christenheit fast untergegangen. Die Juden waren schwach in Bezug auf die ewige Erlösung, aber sie hielten an der Hoffnung auf das Königreich fest, auf die Segnung der Erde und der Welt durch den Messias, wenn die Macht der Schlange offensichtlich zerstört sein würde.
Dann finden wir im nächsten Vers einen höchst ernsten Grundsatz. „Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, zerstreut“ (V. 23). Die Gegenwart Christi brachte dies zum Vorschein, und zwar besonders dann, als Er verworfen wurde. Als man Christus annehmen konnte, gab es keinen moralischen Test; als aber die öffentliche Meinung allgemein gegen Ihn war und es offensichtlich war, dass Christus nachzufolgen bedeutete, von den Großen und Weisen gering geachtet zu werden, erwies sich dies als das stärkste Kriterium. So sagt der Herr jetzt: „Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich.“ Wenn ich nicht mit Ihm bin, bin ich gegen Ihn. Je mehr Er abgelehnt wird, desto mehr muss ich mein Los mit Ihm teilen. Und das ist eine Prüfung, nicht nur für die eigene Person, sondern auch für das eigene Werk, wie hier hinzugefügt wird: „wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“ Das erste gilt besonders für den unbekehrten Menschen, das zweite für den bekehrten, der weltlich arbeitet. Ein Mensch mag Christus sogar wirklich angehören, aber dennoch baut er in seiner Arbeit das auf oder stützt es, was von dieser Welt ist. Eine solche Person mag, ungeachtet der scheinbaren Auswirkungen, der beliebteste Prediger werden und weit verbreitete philanthropische und religiöse Wirkungen hervorbringen; aber „wer nicht mit mir sammelt, zerstreut“, sagt der Herr. Es gibt keine so wirkliche Zerstreuung in den Augen Gottes wie die Versammlung von Christen auf falschen Prinzipien. Es ist schlimmer, als wenn sie sich überhaupt nicht versammelten. Es gibt ein tieferes Hindernis für die Wahrheit, weil es einen Geist der Partei und Konfession gibt, der Christus notwendigerweise feindlich gesinnt ist. Ein falscher Versammlungspunkt ersetzt ein anderes Zentrum anstelle von Christus und stiftet folglich größere Verwirrung. „Wer nicht mit mir sammelt, zerstreut.“
Dann finden wir das Bild des unreinen Geistes – das heißt, des Geistes des Götzendienstes. Er hatte einst von der jüdischen Nation Besitz ergriffen; aber hier wird er nicht nur auf eine Nation, sondern auf ein Individuum angewendet. Es nimmt eine moralischere Form an als im Matthäusevangelium, wo es dispensational ist. „Wenn der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist, durchzieht er dürre Gegenden und sucht Ruhe; und da er sie nicht findet, spricht er: Ich will in mein Haus zurückkehren, von wo ich ausgegangen bin“ (V. 24). Ein Mensch mag durch Beweise und Überzeugungen der einen oder anderen Art bekennen, Christus nachzufolgen und äußerlich auf seiner Seite zu stehen, doch die bloße Abwesenheit von äußerem Übel wird einen Menschen niemals zu Gott bringen. Gott selbst muss erkannt werden, und Jesus selbst muss angenommen werden, nicht nur muss der unreine Geist ausgetrieben werden. Ein Mensch mag grobes Böses ablegen, er mag die falsche Religion aufgeben, oder, wie in diesem Fall, den Götzendienst; aber all das heiligt einen Menschen nicht. Es ist die Gegenwart Gottes in einem Menschen – es ist der Besitz einer neuen Natur, und nicht nur die Abwesenheit von diesem oder jenem Bösen –, die den Ausschlag gibt. Der unreine Geist kann in das Haus zurückkehren, wenn es nicht bereits von der Kraft des Geistes Gottes besetzt ist, die allein den Satan wirksam ausschließt. „Und wenn er kommt, findet er es gekehrt und geschmückt vor“ (V. 25). Kein Zweifel, im Vergleich zum Heidentum fehlt vieles, was abscheulich und anstößig ist. Die christliche Wahrheit wird anerkannt; und der unreine Geist findet daher das Haus, wenn er zurückkehrt, gekehrt und geschmückt. Dies wird für die Christenheit gelten, wie es auch für einen einzelnen Menschen gelten kann. Nachdem ein Mensch durch den äußeren Einfluss Christi das Böse abgelegt hat, sammelt die Macht Satans neuen Brennstoff; und der Mensch fällt in ein schlimmeres Übel, als wenn er sich überhaupt nie zu seinem Namen bekannt hätte. Es ist nicht eine einfache Rückkehr zu dem, was er war, nicht nur, dass das alte Böse seine Kraft wieder geltend macht, sondern es gibt einen frischen und vollständigen Strom des Bösen, eine neue und schlimmere Macht des Feindes, die von dem Menschen Besitz ergreift; und „das Letzte jenes Menschen wird schlimmer als das Erste“ (V. 26). Ein Abtrünniger ist der hoffnungsloseste von allen bösen Menschen. So wird es mit dem Juden sein und auch mit der Christenheit; es ist dasselbe mit jedem Menschen zu jeder Zeit unter diesen Umständen. Für jeden gibt es nichts anderes als das Festhalten am Namen des Herrn. Es geht auch nicht nur um die Verherrlichung des Herrn, sondern um eine positive Notwendigkeit für ihn selbst.