Behandelter Abschnitt Lk 9,46-50
Das war bei den Jüngern nicht der Fall: „Sie aber verstanden dieses Wort nicht“ (V. 45). Sie hatten kein volles Vertrauen in seine Liebe. Das Vertrauen in Ihn hat viel mit dem Verstehen seines Wortes zu tun; und selbst wenn wir es nicht verstehen, führt uns das Vertrauen in Ihn dazu, nicht zu murren oder etwas zu überstürzen, sondern zu warten und auf Ihn zu rechnen, dass Er sicher aufklären wird, was wir nicht verstehen. Er wird uns sogar dies offenbaren. Die Jünger ließen die Angelegenheit einfach fallen. „Und sie fürchteten sich, ihn über dieses Wort zu fragen“ (V. 45).
Der wahre Zustand ihrer Herzen wird uns im nächsten Bericht vor Augen geführt: „Es entstand aber unter ihnen eine Überlegung, wer wohl der Größte unter ihnen sei. Als Jesus aber die Überlegung ihres Herzens sah, nahm er ein Kind und stellte es neben sich und sprach zu ihnen: Wer irgend dieses Kind aufnimmt in meinem Namen, nimmt mich auf; und wer irgend mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat; denn wer der Kleinste ist unter euch allen, der ist groß“ (V. 46–48). Das war es, was sie sollten – wie kleine Kinder werden. Es wird hier nicht wie bei Matthäus dargestellt, um in das Reich Gottes zu gelangen, sondern in Bezug auf Christus und Gott selbst. Jeder von ihnen wollte der Größte sein; deshalb gab es eine Diskussion, wer von ihnen den höheren Platz haben sollte. Ein kleines Kind denkt nicht darüber nach, sondern begnügt sich mit der Liebe seiner Eltern zu ihm und mit dem, was ihm vorgestellt wird. Es ist nicht mit Gedanken an sich selbst beschäftigt und sollte es auch nicht sein. In der Tat ist es genau das, was durch die Bekehrung im Herzen bewirkt wird; und besonders durch die nachfolgende Kraft des innewohnenden Geistes Gottes, der uns die Größe und Güte eines anderen sehen lässt, in deren Genuss wir uns selbst vergessen. „Wer irgend dieses Kind aufnimmt in meinem Namen, nimmt mich auf; und wer irgend mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat“ (V. 48). Die Aufnahme Jesu ist die Aufnahme Gottes selbst und damit die Wurzel wahrer Größe. Aber praktisch, daraus folgend, der Geringste zu sein, ist nun die wahre Größe des Gläubigen. So war Christus selbst. Er war bereit, den Platz des Verachtetsten von allen einzunehmen, und tat es auch. „Johannes aber antwortete und sprach: Meister, wir sahen jemand Dämonen austreiben in deinem Namen, und wir wehrten ihm, weil er dir nicht mit uns nachfolgt. Jesus aber sprach zu ihm: Wehrt nicht; denn wer nicht gegen euch ist, ist für euch“ (V. 49.50). Hier kommt eine wesentlich scharfsinnigere Form des eigenen Ichs zum Vorschein. Die gröbste Form bestand in der Frage, wer von ihnen der Größte wäre. Doch jetzt folgt eine gewisse Verkleidung des Ichs, die in scheinbarem Eifer für die Ehre des Meisters besteht. „Meister, wir sahen jemand Dämonen austreiben in deinem Namen, und wir wehrten ihm, weil er dir nicht mit uns nachfolgt“ (V. 49). Welch ein Grund! Es war gut, es war eine unermessliche Ehre, Jesus nachzufolgen; aber Johannes verriet sich selbst durch seine Sprache „weil er dir nicht mit uns nachfolgt.“ Hätte er Jesus vor Augen gehabt, hätte er sich nie so geäußert. Er hätte gesehen, dass es Jesu Sache war, sie zu berufen, da sie von Ihm in reiner Gnade zu dieser Ehre erwählt worden waren. Es war offensichtlich, dass Johannes dies als eine Einmischung in die Aufgabe der Apostel und als ein Versagen in der Anerkennung ihrer Wichtigkeit ansah. Aber Jesus, der über alles Fleischliche erhaben ist, antwortet: „Wehrt nicht; denn wer nicht gegen euch ist, ist für euch“ (V. 50).
Jesus, im Sinn seiner Erniedrigung und in der Erwartung, dass Er sie sogar bis zum Tod durchsteht, besitzt alles, was von Gott ist. Es war nicht Satan, der den Satan austrieb. Es war die Macht Gottes, die die Dämonen austrieb. Nein, mehr als das. Die Dämonen wurden im Namen Jesu ausgetrieben; warum sollte Johannes dann eine so enge und unwürdige Eifersucht haben? Warum sollte er nicht die Macht besitzen, die dem Namen seines Meisters entsprach. War es wirklich sein Meister und nicht er selbst, an den er dachte? „Denn wer nicht gegen euch ist, ist für euch.“ Wo es um den Unglauben des Volkes ging, wo Jesus völlig verachtet wurde, da hieß es: „Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich“ (Lk 11,23). Das umgekehrte Prinzip ist wahr, kein Zweifel; aber wo ein einfältiger Mann war, der Gott nach dem Maß seines Glaubens diente, da rechtfertigt der Herr sein Handeln in seinem Namen. Nach dem eigenen Bericht von Johannes war die Kraft da, die dem Namen Jesu entsprach. Da war jemand, der den Dämonen widerstand, indem er den Namen Jesu gegen sie gebrauchte. Und es war Macht da; denn er trieb sie aus, und das durch den Namen Jesu. Hätte man sich also wirklich um die Herrlichkeit des Herrn Jesus gekümmert, hätte Johannes sich eher gefreut, als seinen Vorurteil zu suchen. „Wehr nicht“, sagt der Herr, „denn wer nicht gegen euch ist, ist für euch.“