Behandelter Abschnitt Lk 7,1-10
Wir hatten bereits den Aussätzigen in Lukas 5, den Matthäus an anderer Stelle erwähnt, um ihn neben den Knecht des Hauptmanns zu stellen, mit dem unser Kapitel beginnt; der eine wird benutzt, um das Handeln des Herrn Jesus und den Charakter seines Dienstes unter den Juden zu zeigen, und der andere, um Zeugnis von der großen Veränderung abzulegen, die im Begriff war, durch das Ausströmen der Barmherzigkeit zu den Heiden nach der Verwerfung Israels stattzufinden. Lukas wurde, wie wir gesehen haben, vom Geist Gottes inspiriert, es für einen ganz anderen Zweck zu verwenden. Der Aussätzige wurde neben den Gelähmten gesetzt, nicht zu dem Hauptmann, um die unterschiedlichen moralischen Auswirkungen der Sünde hervorzuheben, nicht den Wechsel der Haushaltungen. Hier finden wir also, dass der Herr den gottesfürchtigen Überrest seiner Jünger vollständig abgesondert hat und die Eigenschaften des Reiches Gottes, wie sie verwirklicht sind, und den eigenen Charakter Christi, wie er in ihnen gesucht wird, gezeigt hat: Das würde sich auch auf die Heiden erstrecken, wenn sie berufen werden.
Jetzt gibt Er uns im Fall des Knechtes des Hauptmanns eine Offenbarung seiner Macht und Güte, die die Wahrheit noch weiter darlegt. Es gibt hier einige beachtenswerte Unterschiede im Vergleich zu Matthäus, die wir auf den ersten Blick nicht erwarten würden. Die Art und Weise, wie Lukas es berichtet, stellt zwei Dinge vor, eines durch Einfügung und das andere durch Auslassung, die sich beide sehr von Matthäus unterscheiden. Erstens wird die Botschaft der Ältesten hier erwähnt, nicht bei Matthäus: „Der Knecht eines gewissen Hauptmanns aber, der ihm wert war, war krank und lag im Sterben. Als er aber von Jesus hörte, sandte er Älteste der Juden zu ihm und bat ihn, dass er komme und seinen Knecht gesund mache“ (V. 2.3). Dies führt uns nicht nur die Zuneigung des Offiziers zu seinem Diener vor Augen, sondern auch seine Beziehung mit den Ältesten der Juden. „Als diese aber zu Jesus hinkamen, baten sie ihn inständig und sprachen: Er ist würdig, dass du ihm dies gewährst; denn er liebt unsere Nation, und er selbst hat uns die Synagoge erbaut. Jesus aber ging mit ihnen“ (V. 4–6a).
Und dann haben wir eine zweite Gesandtschaft: „Als er aber nicht mehr weit von dem Haus entfernt war, sandte der Hauptmann Freunde zu ihm und ließ ihm sagen: Herr, bemühe dich nicht, denn ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach trittst“ (V. 6b). Die zweiten Gedanken sind unter den Menschen nicht immer die besten. Sie trüben ständig die Einfachheit des ersten Eindrucks, der meist direkt aus dem Herzen oder dem Gewissen kommt. Aber der Verstand, der die Konsequenzen sieht, wirkt ständig darauf ein, diese frühen Eindrucke zu korrigieren, und nicht selten zum Schlechteren. Die Einfachheit der Absicht wird durch sekundäre und umsichtige Erwägungen verdorben. Aber es ist nicht so mit dem wahren Glauben, der uns wachsen lässt, wie wir lesen: „Wachst aber in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Heilands Jesus Christus“ (2Pet 3,18).
In diesem Fall haben wir das, was für unseren Evangelisten sowohl in der ersten als auch in der zweiten Botschaft wunderbar charakteristisch ist. Das erste ist seine Ehrfurcht vor Gottes Umgang mit den Juden, die sich darin zeigt, dass er die Ältesten, die Führer Israels, beauftragt, zu Jesus zu senden. Aber als nächstes sehen wir auch seine Beschäftigung mit Freunden, die mehr aus seinem eigenen Herzen sprachen. Matthäus erwähnt den Fall, aber viel prägnanter. Vom ersten Evangelisten erfahren wir nicht einmal, dass er selbst kam: Es „kam ein Hauptmann zu ihm, der ihn bat“ (Mt 8,5). Wobei klar ist, dass es das Eingreifen von Ältesten und Freunden gab. Der Hinweis darauf ist jene alte Maxime des Rechts oder der Gerechtigkeit, dass man das, was man durch einen anderen tut, selbst tun kann. Die zweite Gelegenheit brachte die Rückbesinnung auf die Herrlichkeit Jesu in ihm noch deutlicher zum Vorschein. Es war natürlich, dass er bei der Aussendung der Juden um seine Anwesenheit bat. Denn nicht nur ein Jude, sondern ein Glaube, der sich an Israel anlehnte, der gleichsam das Gewand eines Juden festhielt, war immer mit der persönlichen Anwesenheit des Messias verbunden; aber als er sein eigenes Empfinden aussprach und als daher Freunde das Mittel seiner zweiten Sendung waren, sagt er: „Herr, bemühe dich nicht, denn ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach trittst“ (V. 6c).
Dies bringt zwei Dinge zum Ausdruck – das tiefe Empfinden für die Herrlichkeit des Herrn und ein entsprechendes Empfinden für seine eigene Nichtigkeit. „Darum habe ich mich selbst auch nicht für würdig erachtet, zu dir zu kommen“ (V. 7a). Das wird bei Matthäus ganz weggelassen; denn Matthäus spricht, indem er alles zusammenfasst, einfach von dem Hauptmann. Hätten wir das allein, dann hätten wir denken können, dass der Hauptmann tatsächlich gekommen ist, und dass es nur eine Botschaft an Jesus gab. Aber es war nicht so. Hier, wo wir die Botschaften erwähnt haben, wird durch den Geist Gottes hinzugefügt: „Darum habe ich mich selbst auch nicht für würdig erachtet, zu dir zu kommen.“
Und das war nur sein Zustand. Es sah wie der traurigste Fall aus. Er war nicht würdig, dass der Herr kommen sollte; und er hielt sich auch nicht für würdig, dass er zum Herrn ging. Wie sollte da Barmherzigkeit fließen? Der Glaube findet in jeder Notlage den Weg zur Gnade, die Gottes würdig ist, und zur Ehre von jemandem wie Jesus. „Sondern sprich ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden“ (V. 7b). So hat das Wort, wie wir es bei Lukas gewohnt sind, seinen überragenden Platz. Der Wendepunkt ist nicht einmal die leibliche Anwesenheit des Messias, sondern das Wort. Jesus war Mensch, aber Er war das Gefäß der göttlichen Macht; deshalb brauchte Er nur ein Wort zu sagen, und der Knecht würde geheilt werden. Es war in keiner Wiese notwendig, dass Er an den Ort des Geschehens kam, sein Wort war genug. „Denn auch ich bin ein Mensch, der unter Befehlsgewalt gestellt ist, und habe Soldaten unter mir; und ich sage zu diesem: Geh!, und er geht; und zu einem anderen: Komm!, und er kommt; und zu meinem Knecht: Tu dies!, und er tut es“ (V. 8). Das heißt, sein Glaube wusste, dass Jesus genau dieselbe Macht hatte, und sogar noch mehr; denn er war nur ein Mensch unter Autorität: Jesus, der vollkommen abhängige und gehorsame Mensch, konnte alles befehlen, und zwar immer zur Ehre Gottes, des Vaters. Sogar er, unter Autorität, wie er war, hatte dennoch selbst ebenfalls Autorität, diesem und jenem zu befehlen, besonders seinem eigenen Diener. Alle Dinge waren für Jesus nur Diener – alles diente durch Ihn der Herrlichkeit Gottes. Er brauchte nur ein Wort zu sprechen: Sogar die Krankheit musste gehorchen. „Sprich ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden.“ – „Als aber Jesus dies hörte, verwunderte er sich über ihn; und er wandte sich zu der Volksmenge, die ihm folgte, und sprach: Ich sage euch, selbst nicht in Israel habe ich so großen Glauben gefunden“ (V. 9).
Es gibt aber hier eine Auslassung – und das war der zweite Punkt des Unterschieds, den ich hervorheben wollte – eine Auslassung dessen, was Matthäus hinzufügt: „Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tisch liegen werden in dem Reich der Himmel, aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußerste Finsternis: Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein“ (Mt 8,11.12). Auf den ersten Blick hätte man das vielleicht erwartet, besonders bei Lukas; aber eine genauere Betrachtung wird zeigen, dass es hier nicht hingehört. Der Herr bringt es an anderer Stelle bei Lukas ein, nämlich in Kapitel 13, als die Zeit gekommen war, die Möglichkeit deutlich anzukündigen; und dies aus moralischen und nicht nur aus dispensationalen Erwägungen. Matthäus hingegen, der auf den bevorstehenden Wandel für Israel und die Heiden bedacht ist, wird vom Geist geleitet, es an diesem Ort und zu dieser Zeit einzuführen, wo es zweifellos ausgesprochen wurde. Aber mit gleicher Weisheit behält Lukas es für einen anderen Zusammenhang. Ich bezweifle nicht, dass der moralische Grund für diesen Vorbehalt der war, dass der Herr zwar, wenn ich so sagen darf, die Einfachheit des Glaubens der Heiden anerkannte – und Einfachheit im Glauben ist Kraft –, dass Er aber jenen Glauben außerordentlich schätzte, der viel mehr als den Messias in Ihm sah, der Gott in Ihm sah (obwohl Er wirklich ein Mensch war) und der seine Macht über die Krankheit hinaus sah, wenn auch in einer Entfernung von ihr, die ein so wirksames Hindernis für alle menschlichen Mittel ist, die aber nur den verdrängte, der Mensch war, aber weit mehr als ein Mensch. Das würde der Glaube der Heiden zu gegebener Zeit sein, wenn Jesus tatsächlich von dieser Welt abwesend wäre, aber wenn die ganze Tugend Jesu in einigen wichtigen Punkten ebenso oder sogar noch mehr auffallen würde.
Das ist das Christentum; und der heidnische Hauptmann war ein besonderes Bild für den Charakter dieses Glaubens. Da das Christentum jedoch besonders unter den Heiden verbreitet ist, wie uns Römer 11 zeigt, besteht für den Heiden die beständige Gefahr, dass er meint, der Jude sei abgeschnitten worden, damit er eingepfropft werden würde. Daher zeigt es die Weisheit Gottes, dieses ernste Urteil über Israel nicht anzukündigen, ebenso wie der starke Ausdruck des Ersatzes des Heiden für ihn an dieser Stelle. Das geschah offensichtlich, um die heidnische Einbildung zu korrigieren. Es ist wahr, dass die Juden gerichtet werden sollten – tatsächlich standen sie bereits unter Gericht; aber dieses Urteil sollte noch strenger vollzogen werden, wenn die Heiden versammelt werden sollten. Aber der Herr wartet eine passendere Zeit ab, um es anzukündigen. So wird der Heide durch diese Begebenheit gelehrt, wie er sich gegenüber einem Juden zu verhalten hat. Der Glaube wird sie nicht verachten. Er darf über das jüdische Eingreifen hinausgehen, aber er sollte die Juden an ihrem Platz ehren. Gleichzeitig wird seine eigene Gefahr der Anmaßung, als ob er das ausschließliche Ziel der Absicht Gottes wäre, durch das Weglassen eines solchen Satzes hier bewahrt.
Es ist überflüssig zu sagen, dass die Gesandten, als sie in das Haus zurückkehrten, den erkrankten Knecht, gesund vorfanden.