Behandelter Abschnitt Lk 4,38-44
Aber dann gibt es auch Mitleid – tiefes und wirksames Mitleid mit den Menschen. So geht unser Herr, als Er die Synagoge verlässt, in das Haus Simons. „Er machte sich aber auf von der Synagoge und kam in das Haus Simons. Die Schwiegermutter des Simon aber war von einem starken Fieber befallen; und sie baten ihn für sie. Und über ihr stehend, gebot er dem Fieber, und es verließ sie; sie aber stand sogleich auf und diente ihnen“ (V. 38.39). Es gab nicht nur die Macht, die Krankheit mit einem Wort zu vertreiben, sondern es wurde ihr, entgegen aller Natur, Kraft vermittelt. Ein starkes Fieber lässt einen Menschen, selbst wenn es verschwunden ist, äußerst schwach zurück, und es muss eine beträchtliche Zeit vergehen, bevor die übliche Kraft zurückkehrt. Aber in diesem Fall, da die Heilung die Frucht der göttlichen Kraft war, stand die Mutter der Frau des Petrus nicht nur auf, sondern diente ihnen auch sofort.
Am selben Abend, als „aber die Sonne unterging, brachten alle, die Kranke mit mancherlei Leiden hatten, diese zu ihm“. Es machte keinen Unterschied; Er konnte nicht nur das Fieber heilen, sondern er konnte alles heilen: „er aber legte jedem von ihnen die Hände auf und heilte sie“ (V. 40). Weiterhin ist die Art und Weise der Zärtlichkeit des Mitempfindens zu beachten: Er legte ihnen die Hände auf. Das war in keiner Weise notwendig; ein Wort hätte genügt, und der Herr gebrauchte oft nicht mehr als ein Wort. Aber hier zeigt Er sein menschliches Mitgefühl – Er legte ihnen die Hände auf und heilte sie. Dämonen fuhren auch von vielen aus, doch wir finden Ihn hier, wie Er den Menschen ein Zeugnis von der Macht gibt, die Satan in der Welt hatte. Es gibt wenige Dinge, die den Menschen mehr schaden als die Macht Satans zu vergessen.
In der heutigen Zeit gibt es einen übergroßen Unglauben zu diesem Thema. Es wird als eine der überholten Wahnvorstellungen der Vergangenheit betrachtet. Aber wir finden ganz klar Dämonen, die von vielen ausfuhren, nicht in irgendeinem besonderen Fall, „sie schrien und sprachen: Du bist der Sohn Gottes“ (V. 41). Diese erkennen den Herrn nicht als den Heiligen von Psalm 89 an, sondern als den Gesalbten von Psalm 2, den Sohn Gottes. In beiden Fällen war Er der König Israels. Aber der Herr akzeptierte in keinem der Fälle ihr Zeugnis. Er war wirklich der Heilige und der Sohn Gottes, aber Er nahm seinen Titel von Gott, und die Anerkennung durch die Dämonen lehnte Er ab. Weil „sie wussten, dass Er der Christus war“ (V. 41).
Welch eine ernste Sache, festzustellen, dass der Mensch noch verstockter ist als Satan! Denn die Dämonen waren eher bereit, Jesus anzuerkennen als die Menschen, die hier von den Dämonen befreit und von all ihren Krankheiten geheilt wurden. Menschen, für die Jesus kam! Welch ein Beweis für den unheilbaren Unglauben des Menschen und das sichere Verderben derer, die den Sohn Gottes ablehnen! „Auch die Dämonen glauben und zittern“ (Jak 2,19). Der Mensch, auch wenn er mit seinem natürlichen Herzen glaubt, zittert nicht. Er mag glauben, aber er ist unempfindlich in seinem Glauben. Kann ein solcher Glaube ihn retten? Der einzige Glaube, der zu irgendetwas taugt, ist der, der den Sünder in seiner Not und seinem Verderben zu Gott bringt, und der sieht, dass Gott in unendlicher Barmherzigkeit seinen Sohn gab, um für ihn zu sterben. Alles andere endet im Verderben; und soweit der natürliche Glaube den Menschen nicht verbessert, bringt er nur sein Böses zum Vorschein und führt ihn umso schneller ins Verderben. Es ist eine Art Kompliment für den Sohn Gottes, statt ein bescheidenes und wahres Anerkennen des eigenen Zustandes des Menschen und der Gnade Gottes.
Aber es gibt noch etwas anderes, das uns dieses Kapitel vor Augen führt – nämlich, dass unser Herr wegging, als es Tag war, und Er „begab sich an einen öden Ort; und die Volksmengen suchten ihn auf und kamen bis zu ihm, und sie wollten ihn aufhalten, dass er nicht von ihnen ginge. Er aber sprach zu ihnen: Ich muss auch den anderen Städten das Reich Gottes verkündigen, denn dazu bin ich gesandt. Und er predigte in den Synagogen von Galiläa“ (V. 42–44). Das große Ziel des Kommens Christi war es, das Reich Gottes zu verkünden. Er stellte Gott und die Macht Gottes den Menschen vor – die Macht Gottes, die den Menschen in Barmherzigkeit besucht. Keine Heilung von Krankheiten oder die Austreibung von Dämonen konnte den Herrn zufriedenstellen. Und wenn Er durch seine Wunder an irgendeinem Ort Aufmerksamkeit erregt hatte, war das ein Grund mehr, dass Er einen anderen Ort aufsuchte. Er suchte nicht seine eigene Ehre; ein anderer würde in seinem Namen kommen, der würde sie für sich suchen (Joh 5,43). Aber für unseren Herrn Jesus war die Ehre von Menschen ein Grund, wegzugehen und nicht zu bleiben.
Lk 5,1
Behandelter Abschnitt Lk 5,1-11
Es fällt auf, dass der Bericht über die Berufung Simons und seiner übrigen Gefährten am See Genezareth bei Lukas nicht nur ausführlicher als bei jedem anderen Evangelisten wiedergegeben wird, sondern auch in einem völlig anderen Zusammenhang. Bei Matthäus und Markus finden wir die Erwähnung unmittelbar danach, dass unser Herr zu predigen begann, als berichtet wurde, dass Johannes ins Gefängnis geworfen war. Danach wird als erstes genannt: „Als er aber am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder: Simon, genannt Petrus, und Andreas, seinen Bruder, die ein Netz in den See warfen, denn sie waren Fischer. Und er spricht zu ihnen: Kommt, folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen“ (Mt 4,18.19). Sowohl in Matthäus 4 als auch in Markus 1 wird der Bericht in allgemeiner Form wiedergegeben. Bei Lukas haben wir viel mehr Einzelheiten. Ist das ein Zufall? Ganz im Gegenteil, es ist die Frucht eines gnädigen Plans Gottes. Lukas hatte mehr als jeder andere die Aufgabe, die Gnade Gottes gegenüber dem Menschen und im Menschen herauszustellen. Daneben zeigte er auch das Wirken des Gewissens und des Herzens des Menschen auf, besonders unter dem Wirken des Geistes Gottes.
Der Herr zeigt uns also die Berufung Simons, nicht zu dem Zeitpunkt, als sie tatsächlich geschah, sondern im Zusammenhang mit der Entwicklung dieses großen Vorhabens – der Berufung von Menschen, mit Ihm verbunden zu sein. Daher ist die Erwähnung ihrer Berufung, die einige Zeit zuvor stattgefunden hatte (Joh 1,40ff.), zurückgestellt, bis die Eröffnung und der Charakter seines eigenen Dienstes vollständig vor uns dargelegt worden sind; sein Vorlesen in Nazareth mit Gnade und nichts als Gnade für die Menschen – noch nicht das Gericht, denn davor hielt er inne; seine anschließende Bemerkung, als sie begannen, ihren Unglauben zu zeigen, sogar nach ihrem Bekenntnis zu den gnädigen Worten, die aus seinem Mund hervorgegangen waren; sein Beweis aus dem Gesetz, dass der Unglaube Israels den Strom der Gnade zu den Heiden lenkt, die Andeutung dessen, was Gott jetzt tun würde, und ihr darauf folgender tödlicher Zorn und ihre Empörung; dann sein Weggehen in der Kraft des Heiligen Geistes; vor allem aber sein Wort mit Kraft, doch nicht ohne mächtige Werke, wie im Umgang mit der Herrschaft Satans über den Menschen und allen entsprechenden körperlichen Folgen, der Heilung aller Krankheiten und dem Austreiben von Dämonen. Vor allem aber hat Er das Reich Gottes gepredigt, und das weit und breit, wobei die Ehrerbietung der Menschen nur ein zusätzlicher Grund war, anderswohin zu gehen.
So ist es der Mensch, der durch die Kraft des Heiligen Geistes völlig über dem satanischen Wirken und der menschlichen Schwäche steht, die Menschheit befreit und das Wort Gottes als einziges Mittel der geistigen Kraft und der Verbindung mit Gott verkündet, da der Geist die Quelle alles Guten und Großen entsprechend Gott ist. Aber selbst das genügt seiner Gnade nicht; Er möchte die Menschen mit sich selbst im Guten verbinden. Deshalb zeigt uns der Heilige Geist in der nächsten Begebenheit, wie der Herr andere beruft. Er freut sich an dem bewohnbaren Teil seiner Erde, und seine Wonne ist bei den Menschenkindern (Spr 8,31); Er hat sie mit sich selbst verbunden. Er kam nicht nur zur Vergebung der Menschen, sondern zur die Erlösung und für alle entsprechenden Früchte. Simon Petrus wird als der prominentere der jetzt Berufenen in den Vordergrund gestellt. Wenn er anderen helfen soll, muss ihm zuerst selbst geholfen werden; und dem Menschen kann nicht wirklich geholfen werden, ohne dass die Frage der Sünde gelöst und im Herzen geregelt wird, was durch Christus außerhalb von uns geschieht.
Der Herr bewirkt dies nun. Er steht am See und sieht dort zwei Schiffe und die Fischer mit dem Waschen ihrer Netze beschäftigt, als „die Volksmenge auf ihn andrängte und das Wort Gottes hörte“ (V. 1). Da stieg Er „in eins der Schiffe, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land hinauszufahren; als er sich aber gesetzt hatte, lehrte er die Volksmengen vom Schiff aus. Als er aber aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre hinaus auf die Tiefe und lasst eure Netze zum Fang hinab“ (V. 3.4).
Die Arbeit muss nach innen getragen werden. Sogar das Wort kann scheinbar versagen, aber es kann durch irgendeine Handlung oder einen Weg von Seiten Gottes nachgeholt werden, damit das Wort das Herz erreicht. Deshalb sagt Er Simon, er solle das Netz auswerfen und zum Fischfang herunterlassen. Ein Fischer ist geneigt zu denken, dass er seine eigene Sache am besten versteht; und Simon antwortete und sagte: „Meister, wir haben uns die ganze Nacht hindurch bemüht und nichts gefangen, aber auf dein Wort hin will ich die Netze hinablassen“ (V. 5). So schwach sein Glaube zu diesem Zeitpunkt auch gewesen sein mag, er war echt. Er beugt sich vor jemandem, von dem man natürlich nicht annehmen konnte, dass Er irgendetwas von der Arbeit eines Fischers verstand, aber Petrus hat das Vertrauen, dass Er der Messias ist, und erfährt, dass Er dies ist und, viel mehr noch, dass Er den Geist und die Gnade Gottes hatte. Es würde sich nun zeigen, ob Er alle Befehlsgewalt hatte.
Simon hatte Grund zu wissen, dass Er göttliche Kraft hatte, was die Menschen auf der Erde betraf; aber jetzt gab es etwas Neues, jemanden, der die Herrschaft über die Fische des Meeres hatte. Die Sünde hatte die Ausübung und sogar den Beweis der großen Herrschaft, die ihnen ursprünglich gewährt worden war, stark behindert. Aber hier war der, der alle Brüche heilen konnte; im Schiff des Petrus war der zweite Mensch, der Herr vom Himmel. „Und als sie dies getan hatten, umschlossen sie eine große Menge Fische“ (V. 6). Das Versagen der menschlichen Kräfte, die den Segen nutzen sollen, wird hier deutlich: „und ihre Netze begannen zu reißen. Und sie winkten ihren Genossen in dem anderen Schiff, zu kommen und ihnen zu helfen; und sie kamen, und sie füllten beide Schiffe, so dass sie zu sinken drohten“ (V. 6.7). Die Hilfe von Menschen ist so vergeblich wie der Mensch selbst hilflos ist, selbst zum Empfang des Segen Gottes. Es kam der Tag, an dem das Netz nicht mehr reißen würde, egal wie groß die Fische und wie groß die Vielfalt wäre. Aber das ist einem anderen Zeitalter vorbehalten, wenn der zweite Mensch in Gerechtigkeit und Macht herrschen wird. Hier sehen wir die Schwäche dieses Zeitalters. „Als aber Simon Petrus es sah, fiel er zu den Knien Jesu nieder und sprach: Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr. Denn Entsetzen hatte ihn erfasst und alle, die bei ihm waren, über den Fang der Fische, den sie gemacht hatten“ (V. 8.9). Jetzt kommt die tiefe moralische Konsequenz für das Herz des Petrus. Die Größe der Gnade des Herrn wie auch seine Macht brachten ihm seine Sündhaftigkeit mehr denn je zum Bewusstsein.
Es folgt eine seltsame moralische Inkonsequenz. Er fiel dem Herrn zu Füßen und sagt: „Geh von mir hinaus!“ Aber er weicht nicht von Jesus. Vielmehr kommt er so nahe auf Jesus zu, wie er nur kann; und doch sagt er: „Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr!“ Er bekennt seine Untauglichkeit für die Gegenwart des Herrn, möchte Ihn aber um alles in der Welt nicht verlieren. Er geht zu Ihm hin, fühlt und gesteht aber, dass Er mit Recht von einem solchen Sünder weggehen müsste. So tat der Herr, der das Herz kannte, das, was genau beabsichtigt war, auf Simon zu wirken. Simon kannte die Ohnmacht des Menschen, das zu tun, was der Herr getan hatte. Sie hatten alle gezeigt, wie unfähig sie waren; sie hatten sich „die ganze Nacht hindurch bemüht und nichts gefangen“ (V. 5). Aber der Herr wusste nicht nur alles, sondern konnte auch alles bewirken; und das bringt die Sünde auf Simons Gewissen.
Die Antwort des Herrn darauf war: „Fürchte dich nicht; von nun an wirst du Menschen fangen“ (V. 10). Er vertreibt die Furcht, die so natürlich für das Herz ist, wo Sünde ist, und die durch das Wirken des Geistes Gottes anfangs sogar noch verstärkt wird. Der Heilige Geist beseitigt die Furcht nur durch die Offenbarung Christi, sein Werk und sein Wort. Sein Wirken besteht darin, dass wir erkennen, was die Furcht bewirkt, und uns zu Ihm zu führen, der sie allein durch seine Gnade vertreiben kann.
Die Wirkung des Zustands des ersten Menschen ist, wenn er richtig betrachtet wird, dass er mit intensiver Furcht und Schrecken erfüllt wird: Was ihn selbst betrifft, konnte er nicht anders als sich zu fürchten; von Christus hört er: „Fürchte dich nicht“ (V. 10). Und wer ist berechtigt, dass Er gehört wird? „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir“ (Joh 10,27.) Es ist gesegnet, von Gott zu lernen, dass unsere Sündhaftigkeit, während sie nicht nur natürlicherweise, sondern sogar geistlich gesehen Qualen hervorrufen müsste, durch die vollkommene Liebe Gottes in Christus erfüllt und die Furcht vertrieben wird. Unser Herr hatte aufgrund dieser großen Erlösung, die Er durch sein Blut herbeiführen wollte, das Recht zu sagen: „Fürchte dich nicht“. Das war die göttliche Art, einen Menschen zu formen, der später ein Menschenfischer werden sollte. Er musste selbst in der Erfahrung des Segens der Gnade sein, bevor er geeignet war, anderen ein Zeuge davon zu sein. „Und als sie die Schiffe ans Land gebracht hatten, verließen sie alles und folgten ihm nach“ (V. 11).“ Das war die Macht der Gnade; sie machte alles klein im Vergleich zu Christus und zu dem, was Christus für den Menschen wird, der an Ihn glaubt.